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Jungkook versuchte den Geist Jimins zu verstehen.
Doch er stieg nicht dahinter, wie es möglich war, solch ein fantastisches Wesen zu sein. Seine Art herrschte über alles, was er war und das gefiel dem Schwarzhaarigen. Er überlegte schon eine Weile, wie man den Kleineren am besten beschreiben konnte, ohne auch nur einen Funken dessen, was vorhanden war, zu schmälern. Er wollte keineswegs, dass der Lilahaarige sich bedroht oder geängstigt fühlte. Und er fragte sich, was sich seit ihrer ersten Begegnung in seinem Inneren zusammenbraute. Jimins Lächeln glich dem eines Kometen dessen Schweif so hell und glänzend und rein wirkte, dass sich Jungkook im Klaren war, er würde sich dagegen stemmen, um nur ein klitzekleinen Hauch seiner Selbst zu ergattern. Natürlich wusste er, dass, wenn er dies tat, Jimin an Leuchtkraft verlor und dies förderte die Erkenntnis, welche sich immer mehr in seinem Hinterkopf manifestierte.
Jungkook war eine Gefahr für ihn. Wie in jedem Film würde Jimin nicht verschont bleiben. Darüber hatte er in der letzten Nacht, als sie dieses Lagerhaus gestürmt hatten, nachgedacht. Auch wenn sie ihre Beziehung beschützen könnten, welche sie bisher noch nicht einmal hatten, irgendwann würde dieser Tag kommen, wo Jimin verletzt sei. Und das bereitete ihm Sorgen. Jeon Jungkook hatte sich in seinem bisherigen Leben nie um etwas sorgen müssen. Seine Noten waren stets ausgezeichnet gewesen, sein Studium hatte er mir Bravour bestanden. Und nachdem sein Vater verstorben war, übernahm er sein Geschäft, dessen Unternehmen mittlerweile florierte. Der Schwarzhaarige war nie verliebt gewesen, hatte sich es nie erträumt. Er glaubte auch zu wissen, dass er den Lilahaarigen nicht liebte, zumindest noch nicht, aber er konnte sich vorstellen ihn irgendwann zu lieben.
"Jungkook! Schau mal! Sie haben sogar Bilder von Pierre Auguste Renoir", strahlte ihn Jimin an, sodass der Kleinere die Augen zusammenkniff und ihm ein Eye-smile schenkte, bei dem Jungkook bemerkte, dass der Kleinere gar nichts sehen konnte. Er schmunzelte über seine Art. Tatsächlich hatte Jungkook selbst ein wenig Ahnung, was nicht zuletzt an Taehyungs Crashkurs in Sachen Kunst lag, welchen er heute früh bekam. Zum Glück mochte der Blauhaarige künstlerisches Geschick ebenfalls. So konnte Jungkook ein bisschen mit literarischen Know-How glänzen, um Jimin zu imponieren. Dass es den Kleineren so freute ein Museum zu besuchen, hätte Jungkook nicht ihm geringsten vermutet. Gut, dass Jin ihm diese Idee vorstellte, ansonsten wären sie Essen gegangen oder ins Kino. Doch das hier war tausend Mal besser. Seine Reaktion würde der Schwarzhaarige nie vergessen. Dieses Funkeln in den Augen, dieses breite Lächeln, welches seine weißen Zähne präsentierten. Es war ein Echo von Jimins Seele, die ihm entgegenschlug und Jungkook war sich in dem Moment nicht sicher, wie er hätte reagieren sollen. Tatsache war, trotz der Widrigkeiten, die kommen würden, Jungkook wollte mehr von Jimin sehen. Jede einzelne Facette, jedes Merkmal, das ihn ausmachte. Er wollte wissen, warum er so war, wie er war.
"Du hast mich vorhin gefragt, wer ich bin. Also darf ich dich auch was fragen", sagte Jimin und wirbelte zu ihm herum.
Jungkook schmunzelte und sah ihn an.
"Kannst du dich daran erinnern, wer du warst, bevor die Welt dir sagte, wer du sein sollst?"
Das Schwarzhaarige blieb wie angewurzelt stehen, während Jimin stillschweigend ein weiteres Gemälde ansah. Tausend Gedanken wirbelten ihm durch den Kopf. Auf eine solche Frage war Jungkook nicht gefasst. Nicht einmal ansatzweise. Einerseits wirkte es, als habe der Kleinere hinter seine Mauer geblickt, als habe er das gesehen, was er nur seiner Familie zeigte. Sein Mund fühlte sich staubtrocken an. Park Jimin hatte es geschafft ihm die Sprache zu verschlagen, wohingegen er sonst immer so sprachgewandt erschien.
"Du kannst es nicht beantworten, stimmt's?"
Jungkook nickte nur. Er war nicht fähig irgendetwas zu sagen, denn ein kleiner Teil in seinem Inneren drehte gerade durch, verlor die Kontrolle, über seine sonst so geregelten Gedanken.
"Das ist nicht schlimm, sag es mir, wenn du es irgendwann weißt", zwinkerte der Student und spazierte weiter. Der Größere folgte ihm langsam, auch wenn sein Kopf versuchte die Frage zu beantworten. Sie setzten sich nach einigen Meter auf eine der vorhandenen Bänke. Gemeinsam horchten sie in die Stille hinein, in die Ruhe, welche sie umwarb.

Canary [JiKook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt