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Jimins Aufmerksamkeit galt dem Fernseher, als er den Bericht in den Nachrichten verfolgte. Er hatte erst vor zwei Minuten eingeschalten, damit er, während des Frühstücks, auf den neusten Stand gebracht wurde. Doch das, was ihm gezeigt wurde, ließ ihn die Appetit vergehen.
"In einem Lagerhaus nördlich des Han River wurde am heutigen Morgen neun Leichen entdeckt. Todeszeitpunkt war der gestrige Samstagabend. Die Polizei sucht Zeugen, die Schüsse oder ähnliches in dieser Gegend gehört haben. Ein Polizeichef geht davon aus, dass es sich wieder einmal um ein Mafiadelikt handelt, da eine Botschaft Vorort gefunden wurde. Diese lautet: Wir haben gesündigt. Ob es im Zusammenhang mit dem gefundenen Methlabor steht oder doch eine vollkommen andere Bedeutung hat, ermitteln die Beamten gerade."
Der Lilahaarige lehnte sich zurück. Sein Müsli schmeckte fad und latschig. Ihn beschlich dieses komische Gefühl, dass Jungkook etwas damit zu tun haben könnte, aber das war völliger Blödsinn. Jimin schüttelte den Kopf.
Was dachte er sich dabei?
Seufzend erhob er sich und brachte anschließend sein Frühstück zur Spüle. Ihm fiel auf, dass es wieder einmal bereit wäre, Staub zu saugen und zu wischen. Sein Blick ging zur Uhr oberhalb der Heizung in seiner Küche. Es war halb elf, wenn er jetzt aufräumte, hätte er noch genügend Zeit bis Jungkook ihn abholen würde. Wusste er überhaupt wann? Hatte der Schwarzhaarige sich dazu geäußert? Er zuckte die Achseln.
Jetzt hieß es erstmal putzen. Jimin hielt gerne Ordnung, man könnte fast meinen, er habe einen kleinen Putzfimmel, denn wann immer schmutziges Geschirr, Dreck auf dem Boden oder Staub überall herumschwirrte, griff er zu Eimer und Lappen. Insgeheim wusste der Lilahaarige, dass es von einen anderen viel gravierenderen Ausgangspunkt stammte, doch darüber wollte er jetzt nicht nachdenken. Er war dabei alles zu vergessen. Neu anzufangen und dass, was ihn zu Boden drückte, hinter sich zu lassen. Jimin fischte sein Handy aus der Hosentasche und schaltete etwas Musik an. Ganz praktisch war dazu, das Geschenk von Kyungsoo und Baekhyun, denn binnen zweier Sekunden dröhnte ein Lied aus der Box, zu dem er schwingend mit den Hüften zu wackeln begann. Neben dem Singen, tanzte er auch sehr gern. Es war ein weiteres Ventil neben dem Singen und seiner Hauptätigkeit dem Zeichnen, die er für nichts auf der Welt hergeben würden. Dieses Eintauchen in den Song, in die Melodie und sich davon treiben und davon aus der Realität ziehen zu lassen, empfand er jedes Mal wie ein kleines Feuerwerk auf seinem Körper. Das er gerade nur wie ein Teenie durch die Gegend hopste, war ihm egal. Die Euphorie, welche er dabei spürte, durchzog jede Zelle seines Körpers, sodass er lachend durch sein Lagerhaus tänzelte und den Staub abwischte. Doch mitten in seinem Hochgefühl, ertönte die Klingel und er zuckte unweigerlich zusammen. Für einen Moment blickte er auf die Tür und er fragte sich, ob er irgendetwas bestellt hatte. Natürlich könnte es auch ein Überraschungsbesuch von seiner Oma oder Baekhyun sein. Jimin stellte mit Bedauern fest, dass es vielleicht angebracht wäre, sich einen Türspion zuzulegen. Diesen Gedanken verwarf er jedoch sofort wieder, als ihm die Szene aus einer Serie vor Augen geführt wurde, in dem der Bewohner durch den Türspion direkt ins Augen geschossen wurde. Er schüttelte sich. Nein, lieber doch keine solche Anschaffung. Er hing an seinen Augen und seinem Gehirn. Da die Tür zur linken Seite aufgeschoben wurde, sah er die Person erst gar nicht, denn ein Farn versperrte ihm die Sicht. Er realisierte sofort, dass es sein eigener war. Der Lilahaarige wollte sich bei dem Boten oder wer auch immer es war, bedanken, aber er erblickte niemanden vor der Pflanze. Dabei hätte Jimin schwören können, dass dort jemand stand. Achselzuckend begutachtete er den Farn und bemerkte, dass ihm kaum etwas fehlte. Vielleicht ein bisschen Wasser. Noch einmal die Umgebung absuchend, zog er anschließend das Gewächs mit in sein Heim. Da fiel ihm ein kleiner Zettel auf der Unterseite des Blattwerkes auf.

Lass den Farn lieber drinnen stehen.

JK

Jimin schmunzelte und war auf irgendeine Weise geschmeichelt von Jungkooks Mühen ihm seinen Farn wiederzubeschaffen. Er würde sich revanchieren. Nur das 'Wie' müsste ihm noch einfallen. Sein Blick wandte sich von dem Zettel zur Uhr und er stellte mit erschreckender Erkenntnis fest, dass ihm nicht Mal mehr eine Stunde blieb, um sich fertig zu machen. Seine ganze Pläne zum Säubern, über Bord werfend, sprintete er ins Bad und ließ seine guseiserne Wanne mit Wasser volllaufen. Er liebte sie. Vor einer ganzen Weile hatte er das Möbelstück in einem Secondhand-Laden gefunden und sofort mitgenommen. Gut okay, es waren Sehun, Chanyeol und Lay und einiges an Überzeugungskraft nötig, dass nicht irgendjemand seine Nerven verlor, um das Ding in seine Lagerhaus zu transportieren. Im Eiltempo schrubbte sich Jimin von oben bis unten ab, wusch sich die Haare und überschminkte sich im Anschluss die dunklen Augenringe. Danach begann das Grauen: die Klamottenwahl. Normalerweise war Jimin nicht so wählerisch, da sein Schrank oft geordnet war und er nur irgendwas greifen musste. Doch heute war es etwas anderes. Er ging auf ein Date und er hatte keine Ahnung, wo Jungkook ihn hinführen würde. Demzufolge brauchte er etwas légères, was keinen Protz vermittelt, aber auch nicht zu locker war. Jimin seufzte. Er würde kläglich scheitern. Dann schüttelte er den Kopf und biss die Zähne zusammen. Nein, er würde nicht aufgeben.
Zehn Minuten später klingelte es auch schon an der Tür. Der Lilahaarige fuhr herum und richtete ein letztes Mal seine Haare im Spiegel neben der Kommode. Der schwarze Rollkragenpullover stimmte sich farblich mit seiner roten Strickjacke ab, sodass es ein harmonisches Bild von sich gab.
Nachdem er tief durchgeatmet hatte, öffnete er die Tür. Jungkooks Schlichtheit ließ ihn den Atem anhalten und er wusste nicht ganz, wie er den Schwarzhaarigen begrüßen sollte. Er war sich nicht einmal sicher, ob er überhaupt sprechen konnte. Er hatte das Gefühl seine Worte würden ihm im Hals stecken bleiben.
"Hey", grinste Jungkook und schien zu merken, dass der Lilahaarige kein Ton herausbrachte. Jimin errötete und schluckte sein Unbehagen hinunter.
"Selber Hey."
Es war erst das zweite Mal, dass er den Schwarzhaarigen in bequemen Sachen sah und selbst das war atemberaubend. Er wirkte wie komplett ausgewechselt, als hätte er zwei Persönlichkeiten. Die zerrissene Jeans und das karrierte, offene Hemd, dazu noch eine Lederjacke schirmten sein Bild ab. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, würde er denken, Jungkook wäre schon vergeben.
"Komm, mein Fahrer wartet schon."
Der Größere hielt ihm seine Hand hin, die der Lilahaarige zögerlich ergriff. War das überhaupt in Ordnung, dass sie jetzt schon Händchen hielten? Innerlich verpasste sich Jimin eine Ohrfeige. Wieso führte er sich auf, wie ein Teenager, der zum ersten Mal verliebt war?
Weil du es vielleicht bist?, säuselte die Stimme in seinem Kopf hämisch. Der Lilahaarige verdrehte die Augen. Ja, er fand Jungkook attraktiv, dass hieß noch lange nicht, dass er verliebt war.
"Wo führst du mich hin?", fragte Jimin, als sie den Wagen nicht unweit der Straße entdeckten.
Jungkooks verräterisches Augenzwinkern, verriet ihm, dass er sich überraschen lassen sollte.
Kurze Zeit später hielt ihm der Schwarzhaarige, wie ein Gentleman die hintere Tür des Autos auf, sodass er sich hineinsetzten konnte.
Der ältere Mann am Steuer begrüßte die beiden und Jimin schenkte ihm ein Lächeln. Der Fahrer war ihm sofort sympathisch. Sein Auftreten war freundlich und die Lachfalten an seinen Augen zeugten davon, dass er ein gutes Leben führte.
Jungkook nannte ihm einen Straßennamen, der ihm unbekannt erschien und dann ging es los. Während Jungkook ihn über alles mögliche ausfragte und sie über einige lustige Geschichten lachen musste, kam dem Lilahaarigen die Umgebung immer bekannter vor. Seine Augen begannen zu leuchten, als er sich lächelnd zu dem Schwarzhaarigen wandte.
"Wir fahren in ein Museum, oder?", wollte er wissen und trommelte aufgeregt mit seinen Händen auf dem Schoß.
Sein Sitznachbar lächelte. Jetzt konnte es der Kleinere kaum abwarten. Meistens waren die Museen sonntags offen, wo man freien Eintritt hatte. So war es zumindest in Busan gewesen. Jimin lebte quasi schon in den Museen, da er, wann immer es die Zeit hergab, dorthin ging.
"Du weißt gar nicht, wie glücklich mich das macht", sagte er ganz offen zu Jungkook. Dieses milde Lächeln, dass so wirkte, als schenke er es kaum einer Person, ließ sein Herz höher schlagen.

Draußen angekommen, hielten sie sich nicht lange mit Warten auf. Jungkook sprach noch kurz mit dem Fahrer, danach betraten sie die geheiligten Hallen des Museums. Das Schöne daran, so fand Jimin, war, dass sie es fast für sich hatten. Sie konnten ohne Drängeln und lange Anstehen hinein und die verschiedensten Kunstwerke betrachten. Jimin konnte nie so beschreiben, was er alles fühlte, sobald er ein Museum betrat. Dadurch, dass es auch ein historisches Museum war, befanden sich auch viele alte Artefakte aus Korea hier und nicht nur Kunstwerke von Van Gogh oder Monet oder Dali oder Munch.
"Welche Kunstrichtung gefällt dir am meisten?", fragte ihn Jungkook ehrlich. Der Lilahaarige hatte mitbekommen, dass der Schwarzhaarige mehr Augen für ihn als die Gemälde hatte. Ob es an seiner Ausstrahlung lag oder, weil er sich wie ein Kind freute, wusste er nicht. Doch das störte ihn keineswegs, viel mehr fühlte er sich dadurch wohl, behütet. Vielleicht auch ein kleines bisschen begehrt, so egoistisch es auch klingen mochte.
"Impressionismus", sagte er sofort und begann zu Lächeln. Seine Mum hatte seinen Geschmack höchstwahrscheinlich mit geprägt. Sie hielten vor einem Bild von John Singer Sargent. Der Titel trug den Namen: Nelke, Lilie, Lilie, Rose.
"Es sind diese flüchtigen Momentaufnahmen einer Szenerie, die mich begeistern. Ich kann es ansehen und fühle beinahe, wie ich dabei bin und die Farben mir entgegen leuchten."
Jungkook nickte und Jimin hatte das Gefühl, er könne ihn verstehen. Wenn er mit Baekhyun hier her ging, langweilte ihn das immer zu Tode und er machte keine Hehl daraus es zu zeigen.
Jungkook stattdessen wirkte ehrlich interessiert. Der Größere griff nach seiner Hand und gemeinsam gingen sie weiter. Jimin versuchte sich auf die Gemälde zu konzentrieren und nicht auf des Schwarzhaarigen weichen Hände, in die Seine perfekt hineinpasste, als wären sie füreinander bestimmt.
"Wer bist du wirklich, Park Jimin?", fragte ihn Jungkook aus dem Nichts und überrumpelte ihn völlig. Sie traten gerade in einen Raum, dessen Bildwerk dem von Van Gogh gewidmet waren. Der Lilahaarige dachte über die Frage das Größeren nach, ehe er sich seufzend auf eine Bank setzte und Jungkook mit sich zog.
"Ganz ehrlich, ich weiß nicht, wer ich bin. Manchmal habe ich das Gefühl so verloren zu sein, dass ich keine Ahnung habe, ob ich jemals irgendjemand war oder bin. Versteh mich nicht falsch, ich weiß, dass ich Park Jimin heiße, ein Kunststudent bin, der warmen Kakao und Filmnächte mag, der gern früh aufsteht, um der Welt beim Aufwachen zuzusehen, der es hasst unpünktlich zu sein, und Blumen jeglicher Art sammelt."
Er machte eine Pause und starrte auf das Van Gogh Bild, dessen Farbgebung ihn beruhigte. Mandelbaum in Blüte hieß es.
"Aber manchmal habe ich das Gefühl dennoch nicht Ich zu sein, unvollständig oder verloren."
Jimin blickte dem Schwarzhaarigen ins Gesicht, um irgendetwas in seinen Augen zu lesen, dass ihn beruhigte, dass Ihm zeigte, dass es okay war, verloren zu sein.
Jungkooks Stimme hallte durch das fast leere Abteil des Museums und ließ ihn erschaudern.
"In uns befindet sich ein Wort, dass wir nicht aussprechen können, und das ist, wer wir sind."

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Guten Abend, meine lieben Leser und Leserinnen!
Habt ihr einem Lieblingskünstler? Wenn ja, aus welcher Richtung stammt er oder sie?

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Erin🌸

Canary [JiKook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt