💮35💮

973 81 47
                                    

Jungkook suchte lange.
Suchte Tag und Nacht, gönnte sich keine Pause, durchforstete die Finanzen Jimins, alle Aufenthaltsorte, die irgendwie nachverfolgbar waren und trotzdem fand er nichts. Es war so, als hätte Park Jimin nie existiert, nie gelebt. Und das akzeptierte Jungkooks Herz nicht. Er würde ihn finden. Komme, was da wolle.
"Jungkook? Leg dich hin. Es bringt nichts, wenn du dich so verausgabst, dadurch wirst du ihn nicht eher finden", hörte er Jin an seiner Tür murmeln. Der Schwarzhaarige lehnte sich zurück und rieb sich die Augen.
Er ballte unbewusst die Hände. Die Dunkelheit in seinem Büro umwarb ihn und verhinderte, dass Jin seinen kleinen Wutausbruch sehen konnte. Er ertrug es nicht mehr. Jede Sekunde die verstrich in der er wusste, dass er Jimin bisher keinen Schritt näher gekommen war, nagte an ihm, zerfraß ihn von innen und schmerzte. Innerlich gab er sich die Schuld für all das. Hätte er den Pinkhaarigen nicht zu dieser Party geschleppt, dann hätte dies vielleicht nicht passieren müssen. Doch tief in seinem Inneren war er sich im Klaren, dass diese Konfrontation unvermeidlich auf sie zugeschritten kam, sie grub sich mit jedem Augenblick näher und näher. Und hätte Jungkook Jimin die Einladung zur Party verwehrt, so wäre der Tod nicht in der Frühe über den Drachen des Südens gefegt. Insgeheim hatte Jimin sie alle gerettet, doch das war dem Studenten nicht bewusst. Nicht in diesem Moment, wo Angst, Schmerz und alte Erinnerungen seinen Verstand trübten. Und deswegen war er geflohen. Um all diesen qualvollen Erinnerungen zu entschwinden. Jungkook nahm es ihm keineswegs Übel. Denn das Leiden eines Menschen war manchmal größer, als das man es dämpfen könnte.
"Lass mich noch ein bisschen arbeiten. Ich komme zum Essen."
Jin blickte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
"Versprochen!", setzte Jungkook hinten dran und wandte sich seinem Computer zu. Er hörte, wie der Ältere die Tür schloss und seufzte laut. Die Fragen aller Fragen war:
Wo versteckte sich jemand wie Park Jimin? Jungkook ging davon aus, dass er das Land nicht verlassen würde. Das passte nicht zu ihm. Jemand wie das Phantom hatte stets mehrere Asse im Ärmel. Der Schwarzhaarige versuchte sich in den Pinkhaarigen hineinzuversetzen. Er schloss die Augen und tauchte in die Finsternis seines eigenen Verstandes ein. Vor ihm erhob sich Jimins lächelnde Augen, sein engelsgleiches Gesicht, seine Aura versprühte dieses wundervolles Aroma von Lavendel und Zimt und das, was Jungkook zu Beginn ihres ersten Treffens nie zu fassen kam. Der Geruch von Meer und Sand. Genau diese Mischung aus Wellen und verfestigten Sedimemt hatte seine Lippen gestreift. Mit einen Mal saß Jungkook kerzengerade in seinem Stuhl.
Die Erkenntnis brach wie ein Meteor über ihn herein. Er wusste, wo Jimin sich befand.
Auf Jeju.

Kurzum entschloss sich Jungkook, waghalsig wie er war, seine Sache zu packen und zu seinem Porsche Carrera zu sprinten. Als er aus der Garage fuhr, galten all seine Gedanken dem Studenten, dabei war er sich nicht sicher, ob der Pinkhaarige ihn überhaupt sehen wollte! Aber darüber würde er sich Gedanken machen, wenn er da war. Zwar wusste er nicht, wo genau Jimin sich befand, aber Jeju war nicht so dicht besiedelt. Irgendwer wusste bestimmt, wo er sich befand. Jungkook umklammerte das Lenkrad fester, während er das Gas durchtrat. Vorfreude bahnte, schlängelte und durchzog ihn. Und ihm kam ein Gedanke: Das musste Liebe sein.
Jeon Jungkook hatte sich tatsächlich in jemanden verliebt. Und er bemerkte, dass es schon lange vorher gewesen war. Bevor er wusste, dass Jimin das Phantom sei. Und selbst nach dieser Erkenntnis änderte sich nichts an seiner Zuneigung, die er dem Pinkhaarigen über empfand. Natürlich herrschte zu Beginn der Schock über seine Gefühlswelt, doch er verstand, dass Jimin dies nur getan hatte, um ihn und sich selbst, genau wie den Rest seiner Familie vor dem grauenvollen Dämonen zu wahren, die ihn verfolgten.
Auf der Autobahn besann er sich darauf, was er gerade tat. Er stürzte Hals über Kopf los, um die Liebe, zu der er sich nun bekannte, aufzusuchen, ohne seinem Bodyguards und engsten Vertrauten Bescheid zu geben. Er war gerade ein überaus leichtes Ziel.
"Scheiße..."
Jungkook kramte sein Handy aus der Tasche und wählte Namjoons Nummer. Sie mussten mitbekommen haben, dass er gegangen war.
"Wo zum Teufel steckst du?", kreischte Jin in seine Ohren, weswegen der Schwarzhaarige sein Handy entfernte. Kurz und knapp erzählte er den anderen, Jin stellte ihn derweil auf Laut, welche Erkenntnis ihn traf und dass er auf dem Weg zu Jimin war.
"Sag mal, hackts bei dir? Dir könnte jemand gefolgt sein und an der nächst besten Ecke mit einer Panzerfaust den Arsch von den Eiern trennen!", brüllte Taehyung und Jungkook konnte sich bildlich vorstellen, wie der Blonde wild mit seinen Armen gestikulierte. Der Schwarzhaarige seufzte. Gerade besaß er keinen Nerv mit seinem besten Freund zu diskutieren. Vielleicht irrte er sich auch und Jimin verweilte nicht auf Jeju. Da wollte er nicht, dass die fünf ihn auch noch eskortierten. Es war Yoongis Stimme, die ihn überraschte.
"Sei vorsichtig und bring unseren kleinen Kanarienvogel unversehrt zurück!"
Jungkook nickte, auch wenn die anderen es nicht sehen konnte.
"Wenn was ist, wir warten auf deinen Anruf."

Canary [JiKook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt