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Das Brennen des Desinfektionsmittels auf seiner Haut beruhigte ihn, wenn auch der Schock noch tief in seinen Knochen nistete, ihn lahmlegte, sodass er nicht funktionierte. Er starrte vor sich hin, ging die Sekunde vor der Explosion immer und immer wieder durch. Es glich einem Film, dessen Band einen Sprung hatte, denn sobald es zu der Stelle kommen sollte, wo es weiter ging, sprang er zurück. Die Stimme, die durch seinen Anrufbeantworter ertönte, war unverkennbar. Einzigartig. Er kannte sie, könnte sie nie vergessen und das Gefühl, was ihn durchzog, ließ ihn die Galle in seinen Rachenraum aufsteigen.
"-min? Jimin? Hallo?"
Der Pinkhaarige kehrte in die Realität zurück und betrachtete Yoongis Haupt im Spiegelbild des Bades. Provisorisch verarztete der Ältere ihn gerade, wärhrend Jungkook vor der Tür wartete.
"Hat man euch entdeckt?", fragte er, bevor der Minthaarige seine Fragen stellen konnte.
"Wissen wir noch nicht. Hoseok und Namjoon checken gerade die Verkehrskameras und ob wir gehackt wurden."
Er sah in den Spiegel. Sein Brustkorb hatte schönerer Tage hinter sich, jetzt zierten rote Abschürfungen seinen Oberkörper. Kleine geplatzte Äderchen, dessen Farbmuster und Sprenklern einem Regenbogen Konkurrenz machen konnten. Er fühlte sich elend und müde. Das Bett schien ihm gerade der perfekte Freund zu sein. Doch dafür war später noch Zeit. Er hatte andere Sorgen. Mittlerweile war die Feuerwehr drüben am Werk. Sie suchten bestimmt nach ihm. Ein Helikopter kreiste seit einer Stunde am Himmel, wahrscheinlich die Medien, um eine aktuelle Story bringen zu können, was keineswegs gut war. Medienpräsens brauchten sie gerade überhaupt nicht, denn das hieß, jedwede Nachrichten, Bilder oder ähnliches, die von ihnen, vor allem Jungkook, geschossen wurden, konnte eine Schlinge um ihren Hals legen, die immer fester wurde. Um Himmelswillen! Er musste Baekhyun anrufen und verdammt, sein ganzer Unikram und seine Bilder, seine Werke steckten in dem verbrannten Gebäude. Er spürte den Kloß in seinem Hals, das Gefühl nicht atmen zu können, schickte ein Signal an sein Gehirn, welches unmittelbar Gegenmaßnahmen einleitete. Es begann mit Schnappatmung. Sein Oberkörper hob und senkte sich wie ein Dudelsack, während er dachte nichts mehr hören zu können. Sein Herz schlug im Takt eines rennenden Gepards, dass er glaubte, gleich würde es in tausend Teile zerfetzt.
Eine Hand an seiner Schulter ließ ihn aufschrecken. Der Schrei aus seiner Kehle war spitz und laut. Jungkooks beruhigende Ausstrahlung trat vor sein Sichtfeld. Yoongis Hand auf seiner Schulter gaben ihm Halt. Hinter dem Schwarzhaarigen erschien Jin, in der Hand einige Pflaster und Binden.
"Hey, Kleiner. Es ist alles gut. Du bist hier sicher."
Die Tränen bahnten sich unmittelbar ihren Weg nach unten. Es gab kein Halt mehr, die Dämme waren gebrochen und Jimin ließ es einfach zu. Manchmal konnte man es nicht zurückhalten. Sein Beben und Schluchzen hallte durch das große Badezimmer, während er sich auf den Schwarzhaarigen stützte.
Es verebbte nach mehreren Minuten, die sich für ihn wie Stunden anfühlten. Jungkook hatte ihn an seine Brust gedrückt, wovon sich Jimin jetzt löste und er kam nicht umhin darüber nachzudenken, dass er den Geruch des Schwarzhaarigen vermisste.
"Ich habe das Gefühl, dieser Ausbruch gerade...da steckt mehr dahinter, als nur die Explosion vorhin", stellte Jin fest. Seine Stimme war vorsichtig, beinahe behutsam. Der Braunhaarige blickte Jimin mit diesen ehrlichen Augen an, dass er nicht anders konnte. Er wollte ihm alles erzählen. Er schlang das Handtuch näher um sich. Die Kälte bahnte sich einen Weg durch seinen Körper, kroch in seine Knochen und höhlte ihn von innen aus.
"Wie wäre es, wenn Jungkook dir ein paar Klamotten leiht und ich in der Zwischenzeit ein bisschen Tee koche, um deinen Geist zu beruhigen. Und wenn du möchtest, kannst du uns unten alles erzählen, okay?"
Jimin nickte und ließ sich von Jungkook auf die Beine ziehen. Der Schwarzhaarige schlang seinen Arm um ihn und gemeinsam traten sie aus dem Bad. Der Pinkhaarige war wirklich froh, dass Größere ihm Halt gab, ihn stützte, denn er fühlte sich, als würde er jeden Moment unter dem Gewicht der Erinnerungen und des Geschehenen zusammenbrechen. Sie führten ihren Weg stillschweigend fort, während Jimin versuchte das Ausmaß dessen, was er verloren hatte zu realisieren. Seine Werke, die Klamotten, sein Handy, all jene Erinnerungen, welche er auf Bildern festgehalten hatte. Er seufzte und merkte, wie eine neue Welle von Tränen aufsteigen wollte. Jungkook schenkte ihm unterschwellig Wärme und Geborgenheit, was er mit offenen Armen empfing, denn diese war irgendwie beständig. Sie verschwand nicht einfach so. Sie blieb.
Nachdem der Schwarzhaarige ihn neu eingekleidet hatte mit einem übergroßen, bequemen Pullover und einer Jogginghose, wo der Pinkhaarige aufpassen musste, nicht über die langen Hosenbeine zu stolpern. Ihr Weg ins Wohnzimmer bereitete ihm Unbehagen und mit jedem Schritt näher zu den anderen klopfte sein Herz lauter und lauter. Er würde ihnen etwas persönliches anvertrauen, was nicht einmal Baekhyun wusste. Jimin schluckte. Er schloss kurz die Augen und atmete tief ein und aus. Jungkooks Finger umschlossen seine und auf irgendeine Weise fand er diese kleine Geste bestärkend.
Bereit?, fragten seine Augen.
Jimin schüttelte den Kopf.

Der Pinkhaarige kuschelte sich in die Decke, welche Jin ihm überreicht hatte. Doch bevor er anfangen konnte, wurde eine Tür lautstark geschlossen.
"Nicht zu fassen. Diese Paparazzis sind schlimmer als eine Mückenplage. Sie wollen Stellung von uns und wissen, ob wir irgendwas gesehen haben."
Jimin nickte. Die Polizei wollte bestimmt auch mit ihm sprechen, wenn sie nicht dachten, er sei tot, aber dafür besaß er gerade keinen Nerv.
Er räusperte sich, ehe er in erwartungsvolle Gesichter der sechs Männer der größten Mafiagruppe Seouls blickte.
"Vor der Explosion habe ich die Stimme meines Vaters über den Anrufbeantworter gehört", fing er an. Seine Nackenhaare stellten sich bei dem bloßen Gedanken auf und er begann zu zittern.
"Ihr müsst wissen, mein Vater ist seit mehreren Monaten tot."
Jungkooks überraschter Blick entging Jimin keineswegs. Er wusste, was das bedeutete. Irgendwer erlaubte sich einen hinterhältigen Plan, um ihn aus der Reserve zu locken. Aber warum? Was besaß der Student, dass man sein ganzes Haus in die Luft sprengte?
"Er war ein zynischer Mann, dessen Macht und Geld ihm wichtiger war als seine Familie."
Jin, der ihm, neben Jungkook, am nächsten saß, drückte einmal seinen Arm. Sein Lächeln erfüllte den Pinkhaarigen mit Mut und er war froh, dass die anderen bei ihm waren und sich sorgten. Das hatte er selten in den letzten Jahren erlebt.
Jimin schluckte, als die Vergangenheit über ihn herein prasselte, wie ein Orkan. Er erinnerte sich an jede Trainingseinheit, an jeden Schlag mit dem Rohstock, an jede noch so kleine Lektion in Sachen Haltung und Manieren. Er atmete nervös aus.
"Er wollte, dass ich zu einem Ebenbild von ihm werde, der es würdig ist, sein Haupt zu übernehmen. Er wollte mich Formen, um einen perfekten Sohn aus mir zu machen, eine perfekte Maschine, die auf alles vorbereitet war, was die Zukunft bereithielt."
Jimin starrte auf seinen Tee, dessen Geruch ihn an eine Blumenwiese erinnerte. Ein krasser Kontrast fiel ihm auf: Sein Vater hatte ihn zu einem Monster gemacht.
"Irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten und bin abgehauen und dann-"
Er schluckte und begann mit dem enormen Saum von Jungkooks Pullover zu spielen.
"Und dann ist er gestorben."
Der Pinkhaarige konnte sich noch genau an die Sekunde erinnern, als sein Verstand bemerkte, dass sein Peiniger gestorben war. In dieser Sekunde war er taub und leblos und auf einer Seite irgendwie erleichtert, weil er verstand, dass er ihn nie wieder verletzen konnte. Er war frei. Er war frei. Aber zu welchem Preis hatte er sich gefragt.
"Wir alle sind Mörder. Wir töten Teile von uns selbst, um zu überleben.
Wir alle tragen Blut an unseren Händen.
Irgendwas, irgendwo musste sterben, damit wir am Leben bleiben."
Das hatte Jimin gelernt. Das war eine Lektion, die er nie wieder vergessen würde.
Für einige Momente herrschte Stille, bis sich Hoseok erhob und ihn überraschend in eine Umarmung zog.
"Gruppenumarmung!!!", schrie Tae und stürmte zu ihnen. Binnen einer Sekunde befand sich der Pinkhaarige in einer wärmenden Umarmung seiner Familie wieder und er konnte nicht anders als unsicher auszuatmen. Das hier war echt. Sein Vater konnte ihm nichts mehr anhaben. Er war hier sicher, so sicher er bei einem Mann wie Jeon Jungkook eben sein konnte. Aber das spielte keine Rolle. Er war gerade unbeschreiblich glücklich.
"Es gibt noch eine Sache, die wir besprechen müssen", sagte Jungkook und lehnte sich zurück.

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Guten Abend, meine lieben Leser und Leserinnen! Endlich ein kleiner Einblick in Jimins Vergangenheit, was haltet ihr davon? Denkt ihr, das war alles?

Feel free to comment!

Erin🌸

Canary [JiKook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt