29. Vergebene Mühen und neue Chancen

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Endlich wieder pünktlich, meine Lieben :)

Übrigens wurde mehrfach an mich herangetragen, dass euch die Kapitel zu kurz sind. In diesem Fall kann ich das sogar verstehen, zukünftig werde ich also versuchen, ein bisschen mehr Stoff zu liefern.

Heute allerdings bleibt es noch bei der gewohnten Länge. Ich hoffe, ihr lest es trotzdem ;)

<3

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"I'm lost without you - How am I ever gonna get rid of these blues? - Baby, I'm so lonely all the time - Everywhere I go, I get so confused - You're the only thing that's on my mind"

Delta Goodrem - Lost without you


Niklas blieb noch einen Moment still.

„Du weißt, dass du kaum Chancen hast?", fragte er dann mit einer harten Stimme. Ich drehte mich wieder zu dem Fenster und sah hinaus. „Das ist hart, weißt du. In den Torwart meiner eigenen Mannschaft." Meine Hände umklammerten das Fensterbrett. „Und für dich tut es mir leid. Ich meine, ich dachte, ich wäre der einzige hier mit Liebeskummer. Aber für dich ist es bestimmt nochmal so blöd. Schließlich hat er nach seiner letzten Beziehung – "

„Ich weiß, okay? Du musst mir nicht sagen, dass ich keine Chance bei ihm habe, das weiß ich selber!", fauchte ich ihn an.

Niklas schwieg. Mir standen die Tränen in den Augen. Dabei war der Tag doch so super gewesen. Aber ständig erinnerte mich jemand daran, dass der große Manuel Neuer sich nie für die kleine Laura interessieren würde. Wahrscheinlich fand er irgendwann in den nächsten Monaten ein wunderschönes und intelligentes Model und kam mit ihr zusammen, welcher Fußballer blieb schon lange allein?

„Du solltest es ihm sagen."

„Ach, wo doch alle erzählen, dass er definitiv die Nase voll hat von Beziehungen?", fragte ich bitter „Bestimmt nicht!"

Niklas lehnte sich neben mich an das Fensterbrett. Er legte mir kurz den Arm um die Schultern, dann griff er nach seiner Jacke und ging. Klar, gerade mit ihm sollte ich vielleicht nicht über eine unerwiderte Liebe sprechen.

Als Niklas gegangen war, zog ich mich um fürs Bett. Ich wollte mir die Decke über den Kopf ziehen und alleine sein. Mit Manuels Trikot natürlich, hoffnungslose Liebe oder nicht. Außerdem war es überraschend gemütlich. Dann räumte ich die letzten Reste der Renovierungsaktion weg und zog die blauen Müllsäcke in den Flur. Gerade hatte ich die Hände in die Hüften gestemmt und betrachtete zufrieden meine wieder saubere Wohnung, als es klingelte. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Kurz nach neun. Wer störte denn noch um diese Uhrzeit? Ich löste meinen Zopf und öffnete die Tür.

„Hey. Ich hoffe ich stör dich nicht, aber ich hab mein Portemonnaie bei dir liegen lassen."

Manuel lehnte im Türrahmen und lächelte auf mich herab.

„Komm rein", sagte ich und trat zur Seite. Auf seiner Jeans waren frische Farbflecken, unter der rechten Hosentasche war ein Loch – scheinbar war er nach der Malaktion noch nicht zuhause gewesen. Manuel ging ins Wohnzimmer und nahm seinen Geldbeutel vom Couchtisch. Irgendjemand hatte einen Malerhut aus Zeitungspapier daraufgelegt.

„Willst du noch was trinken?", fragte ich, weil ich nicht wollte, dass er sofort wieder ging. Schließlich war ich selten genug mit ihm allein.

„Wenns dir keine Umstände macht?" Ich schob ihn in die frisch gestrichene Küche und reichte ihm Apfelschorle aus dem Kühlschrank. „Schickes Trikot übrigens.", sagte Manuel lachend. Beschämt drehte ich mich um – verdammt!

„Naja, ich wollte gerade ins Bett.", antwortete ich verlegen.

Das machte es wahrscheinlich nicht besser, dass ich in seinem Trikot schlief, aber jetzt war es sowieso zu spät. Ich schenkte mir ebenfalls eine Schorle ein. Von der Straße waren Stimmen und Autos zu hören, die Innenstadt kam auch in München nie zur Ruhe.

„Ich fands übrigens gut, dass du mit in die Türkei gekommen bist. Manchmal ist es ein bisschen deprimierend, wenn alle Jungs ihre Frauen dabei haben. Robert, Joshua, Thomas, Leon...Ist irgendwie komisch, nach einem gewonnenen Spiel in ein leeres Hotelzimmer zu kommen."

Er nahm einen Schluck aus seinem Glas.

„Naja, in deinem Hotelzimmer habe ich ja nicht direkt auf dich gewartet.", sagte ich lächelnd. Ich ließ mich auf den Stuhl ihm gegenüber sinken, zog die Knie an und das weite Trikot darüber, weil ich kalte Beine bekam.

„Natürlich nicht, aber sich mit jemandem zu unterhalten, der nicht direkt an dem Spiel beteiligt war, tut gut...Die Leute denken immer, man kommt vom Spielfeld, freut sich ein bisschen, und dann geht's weiter. Und natürlich läuft es auch häufig so, aber eben nur, wenn man mental bereit ist, direkt einen Haken dran zu setzen – Erfolg oder Nichterfolg. Funktioniert mal besser und mal schlechter – als ich damals zu den Bayern gewechselt bin, war ich auch froh, abends nicht allein zu sein."

Ich blickte auf.

„Wieso? Wechseln die Spieler nicht öfter die Vereine?"

Manuel grinste freudlos.

„Doch, natürlich. Aber Schalke ist mein Verein, mit ihm bin ich großgeworden. Für Schalke-Fans habe ich aus Geldgier die Seiten gewechselt, war lange das schwarze Schaf der Familie. Und ein nicht kleiner Teil der Bayern-Fans hat mich ebenfalls dahin zurück gewünscht, wo ich hergekommen war."

Ich nippte an meinem Glas.

„Wieso?"

Manuel zuckte die Schultern. Die kleine Falte zwischen seinen Augenbrauen war wieder da.

„Ich galt für alle als Verräter, außerdem wollten die Fans ihren vorigen Torwart nicht aufgeben."

„Warum hast du deinen Verein denn gewechselt? Wirklich wegen dem Geld?", fragte ich dann.

„Das war nur ein kleiner Aspekt. Aber ich wollte mich weiter entwickeln, und das konnte ich am besten bei Deutschlands erfolgreichstem Verein. Auf Schalke hatte ich das Gefühl, auf der Stelle zu treten. Als dann das Angebot kam, habe ich angenommen. Ich habe meine Mannschaft verlassen, meine Heimatstadt, meine Familie, meine Freundin – nicht, dass ich es bereue, aber manchmal war es schwer. Das ist natürlich Jahre her jetzt, mittlerweile bin ich voll akzeptiert, aber in solchen Situationen merkt man einfach, wie schnelllebig das alles ist. Genau deshalb ist es so wichtig, sich mit Menschen zu umgeben, die von dem ganzen Zirkus keine Ahnung haben. Oder weißt du, auf welchem Tabellenplatz wir stehen?"

Er grinste lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Wusste ich natürlich nicht.

„Wolltest du mir das in der Türkei sagen?", fragte ich „Auf der Terrasse nach dem Spiel?"

Manuel sah auf und lächelte.

„Das hast du dir gemerkt? Ja, ich wollte mich bei dir bedanken. Ich weiß nicht, wie lange es her ist, dass direkt nach dem Spiel jemand da war, der mir gratuliert hat und der nicht vom Team oder der Presse war. Ich hatte vergessen, wie wichtig auch das ist. Ein Leben neben dem Fußball, Freunde außerhalb der Mannschaft. Die Karriere ist nicht alles. Sie ist irgendwann vorbei, und ich möchte niemand sein, der danach mit nichts als Geld und verblassendem Ruhm dasteht."

Er konnte nicht wissen, dass er mir damit die schönste Nachricht seit Wochen überbrachte. Kopfschüttelnd lächelte ich ihn an.

„Ich glaube nicht, dass es so enden wird.", sagte ich leise. Dann saßen wir schweigend in meiner Küche, genossen den friedlich-stillen Moment.

Stuck on you (Manuel Neuer)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt