Kapitel 21 – The Rune of Horror
Der Engel starrte mich an, mit riesigen goldenen Augen, und ich hatte das Gefühl, als würden sich all meine Emotionen in ihnen widerspiegeln. Es war als könnte ich in die tiefsten Winkel meiner Seele blicken.
Erst ein Zischen, welches mir die Nackenhaare aufstellte, lenkte meine Aufmerksamkeit zurück auf die Gegenwart. Der Engel stand immer noch gefangen in dem Runenkreis. Aus einem mir nicht erklärlichen Grund, konnte er sich nicht befreien. Sollte ein Engel nicht dazu in der Lage sein?
Der blonde Schattenjäger hatte sich in voller Größe vor dem Engel aufgerichtet und ein gehässiges Lachen entsprang seiner Kehle. Sein Lachen war das einzige Geräusch, das die Höhle erfüllte. Selbst die hinter Gitter gefangenen Wesen schwiegen so eisern, dass man jedes leise Atemgeräusch wahrnehmen konnte. Ihr Schweigen schrie förmlich nach der Härte dieses Verbrechens. Wenn selbst ein Engel nicht vor diesem Mann sicher war, war dann überhaupt jemand sicher?
Mein Blick war auf den Engel fixiert. Er erwiderte meinen Blick mit seinen goldenen undurchdringlichen Augen. Ich konnte keine Emotionen daraus erkennen. Wie wenn es ihn nicht kümmern würde, dass man ihn hier eingesperrt hatte. Sein Auftreten erfüllte mich immer noch mit einer solchen Ehrfurcht, dass ich einen vorwurfsvollen Blick kaum zustande brachte. Der Engel hatte sich, genauso wie der Schattenjäger, gebieterisch aufgestellt und neben ihm wirkte der blonde Mann winzig klein. Doch im Gegensatz zu dem Schattenjäger, hatte der Engel sein Schwert nicht gezogen. Es ruhte in der goldenen Scheide an seinem Waffengürtel. Bis zum heutigen Tag hatte ich mich immer gefragt, weshalb Engel überhaupt Waffen trugen. Ich hatte sie für unbesiegbare Wesen gehalten.
„Ithuriel", sprach der Schattenjäger und hob den Kopf, um dem Engel ins Gesicht zu schauen. Kein Hauch von Größenwahnsinn lag in seinem Blick, als wenn er all das hier tatsächlich ernst meinen würde. „Wahrscheinlich hast du diese Wendung der Ereignisse nicht vorhergesehen. Doch ich benötige himmlische Hilfe."
Der Engel, dessen Name anscheinend Ithuriel war, schaute auf den Schattenjäger herab, ohne ihm wirklich Beachtung zu schenken. Sein Auftreten strotzte voll Arroganz. Für einen Augenblick sahen sich Ithuriel und der Schattenjäger so ähnlich, dass es mir die Sprache verschlug. Nichts an Ithuriels Erscheinung machte den Eindruck, als würde er in Kürze auf den Schattenjäger eingehen.
„Ich werde dein Blut brauchen", fuhr der Schattenjäger fort und schaute dann auf die Seraphklinge in seiner Hand, an dessen Spitze noch Blut des Engels klebte. „Du musst dir keine Sorgen machen, es ist bei mir in den besten Händen. Es wird mir und meinem Volk von großem Nutzen sein." Diese Art zu Sprechen kam mir so bekannt vor, dass ich mir die Arme in einer fröstelnden Geste um den Körper schlang. Es war wie eine weit entfernte Vorahnung, von der man nicht genau wusste, weshalb man sie besaß.
Der Engel riss den Kopf zur Seite und starrte mir wieder direkt in die Augen. Diesmal wagte ich den Schritt auf ihn zu und ich schaffte es, mich für einen kurzen Augenblick von den unsichtbaren Fesseln zu lösen, die meine Beine zurückgehalten hatten. Doch dann hörte ich seine Stimme in meinem Kopf und blieb wie angewurzelt stehen.
Clarissa. Ich habe mich bereits vor kurzem in deinem Verstand bemerkbar gemacht. Ich rufe dich, weil ich deine Hilfe brauche.
Ein Keuchen durchfuhr meinen Körper und beinahe wäre ich nach vorne gesackt. Ich riss den Kopf hoch und schnappte nach Luft. Meiner Kehle wollte kein Laut entspringen, sie war wie zugeschnürt. Mir blieb nichts anderes übrig als zu nicken. Das Bild von einem verlassenen Gang tauchte vor meinem geistigen Auge auf und ich wusste, dass Ithuriel mir dieses schickte. Ich brauchte einige Momente, um zu erkennen, dass es sich um das New Yorker Institut handelte. Dann wurde mir die Szenerie vertrauter. Das einzige Bild des Engels an der Wand. Die Bildunterschrift, die in geschwungenen Buchstaben daruntergeschrieben worden war: Ithuriel. Der Engel hatte mich bereits einmal gerufen und nun brauchte er meine Hilfe.
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The Rise Of The Morningstar (Clace)
FanfictionWas wenn Clary anstatt Jace von Valentin aufgezogen wurde? Jocelyn hat Valentin nach dem Aufstand nicht verlassen. Um einem tödlichen Urteil des Rats zu entgehen, ziehen sie sich auf ein verstecktes Landgut zurück. Achtzehn Jahre später haben Jonath...