Kapitel 60.1. - Anger and Sorrow

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Kapitel 60 – Anger and Sorrow

Blakes Blut war überall. Es triefte durch den weißen, kalten Schnee; der Temperaturunterschied ein Zischen in der Luft, welches mir in den Ohren klingelte. Es glitt über die Innenseiten meiner Hände; wurde vom Stoff meiner Ärmel aufgesaugt, als ich sie auf Augenlevel hob. Es vermischte sich mit meinem eigenen Blut, welches meine Kleidung bereits getrocknet und verkrustet bedeckte.

Mit schwankenden Beinen erhob ich mich von Blakes regungslosem Körper und neigte träge den Kopf in die Höhe. Die Seraphklinge zitterte zwischen meinen Fingern, als ich auf die sechs Gestalten starrte, die nun brüllend den Abhang hinunterjagten. Direkt auf mich zu.

Ich verspürte kein Mitleid. Keinen einzigen Funken davon. Reue andrerseits schon. Nicht, weil Blake tot war oder mir sein Leben irgendetwas bedeutete. Wegen Jace und Isabelle und vielleicht sogar wegen Alec und Adam. Weil sie nun klar und deutlich sehen konnten, wer ich tatsächlich war. Was mein Vater aus mir gemacht hatte; wozu ich mich freiwillig hatte formen lassen.

Meine Augen fuhren zu Blakes Freunden – Anhängern – die den verschneiten Hügel hinabsausten, Zorn in ihren Gesichtern und Racheversprechen auf ihren Lippen. Die Sekunde, in der ich einfach nur dastand, benommen von meiner Tat, reichte, um mich daran zu erinnern, warum genau Blake nun tot war. Und warum diese Männer den Tod genauso verdienten. Das Pochen in meiner Schulter war intensiv genug, die nassen Haare in meinem Nacken eisig genug, um die verblassten Schmerzen und Narben nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, die Blake mir noch vor einer Stunde zugefügt hatte. Während sie Wache gehalten oder zugeschaut hatten.

Das dunkle Anwesen der Ashdowns setzte sich vom schneeweißen Hintergrund ab; überragte mich wie ein riesiger Schatten aus der Ferne. Ich blinzelte. Einmal. Sie hatten mich schon fast erreicht. Zweimal. Der Schmerz, die Scham, die Frustration, die Wut peitschten durch meine Adern. Dreimal. Ich bin bereits wie Blake. Wahrscheinlich bin ich sogar noch schlimmer. Irgendwo in meinem Herzen gab es eine gute Seite, dessen war ich mir bewusst. Doch mein Leben hatte für zu lange Zeit aus Kampf und Tod bestanden, um jetzt anders handeln zu können; um mich auf andere Ideale berufen zu können. Und ich wollte auch gar nicht. Ich wollte, dass sie litten; ich wollte, dass sie für meinen Schmerz bezahlten.

War ich deshalb ein schlechter Mensch? Wenn das reichte, um wie Blake zu sein, dann würde ich es hinnehmen. Auch wenn mich der Gedanke, ihm in irgendeiner Weise zu ähneln, abstieß.

Ich bin bereits wie Blake. Wahrscheinlich bin ich sogar noch schlimmer. Schlimmer war gut. Schlimmer war besser. Irgendeine Synapse in meinem Körper musste durchgedreht sein. Ich musste durchgedreht sein. Anders konnte ich mir nicht erklären, wie ich mich den sechs Schattenjägern entgegenlehnte, von denen mich nur noch wenige Meter trennten; wie ich meinen Schwertarm heben konnte, um direkt den nächsten Kampf anzugehen. Schlimmer, schlimmer, schlimmer.

Ein Schrei, laut und zornig, entkam meiner Kehle und glitt wie ein Donnerschlag durch die Ebene. Dann stürzte ich nach vorne und entkam gerade so Jace' Fingern, die nach meinem Arm schnappen wollten. Von der Seite konnte ich Alec, Isabelle und zwei weitere Schemen ausmachen, die ebenfalls losgerannt waren. Wahrscheinlich, um das hier zu beenden, bevor es begonnen hatte. Das mussten sie, wenn sie ein Blutbad verhindern wollten. Sie brüllten zu uns herüber; verlangten, dass wir aufhörten und die Waffen niederlegten.

Weder Blakes Freunde noch ich reagierten. Wir erreichten uns auf halber Strecke und ich war bereits wegen er Steigung des Abhangs im Nachteil. Sechs gegen eine. Es war mir egal. Sie teilten sich auf, um mich einzukreisen. Angetrieben von der Wildheit der Emotionen in meiner Brust hatte ich den ersten von ihnen innerhalb eines Atemzugs niedergestreckt. Blut spritzte durch die Luft, auf mein Gesicht, auf die anderen Schattenjäger, in den Schnee. Ich drehte mich um die eigene Achse, duckte mich instinktiv zwischen den Schwertern hindurch, parierte alles, dem ich nicht ausweichen konnte. Zwar waren sie nun nur noch fünf, aber ich war ausgelaugt von dem Tag in Gefangenschaft und den Konfrontationen, die ich heute bereits geführt hatte.

The Rise Of The Morningstar (Clace)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt