Kapitel 68 – Honor
--- 4 Tage vor Beginn des Krieges. ---
„Nicht so, wie du dir die Party vorgestellt hast?", neckte Jace und bekam sich vor selbstzufriedenem Lachen kaum ein.
Isabelles Gesichtsausdruck war mörderisch. Als könnte einer ihrer Blicke genügen, um jemanden kaltzumachen. „Ich will sie umbringen", knurrte sie unter zusammengebissenen Zähnen hindurch. Sie beschleunigte ihre Schritte und ihre Stiefel echoten durch die hohen Gänge der Garnison.
Mit sie war natürlich niemand geringeres als die Inquisitorin persönlich gemeint, die es für notwendig gehalten hatte, uns hierher zu beordern noch bevor wir uns auf den Weg zu der Party hatten machen können. Jace hätte wohl erleichtert gewirkt, wenn seine Großmutter nicht ausdrücklich darum gebeten hätte, bewaffnet herzukommen. So bedeutete ihre Nachricht nichts anderes, als dass die Angelegenheit Mellartach betraf.
„Und ich will mich umziehen", murmelte ich gepresst, aber niemand beachtete mich. Ich fühlte mich albern in dem schwarz-goldenen, trägerlosen Kleid, das gerade so über meinen Knien endete. Isabelle war gerade dabei gewesen, mein Makeup zu machen, als wir die Flammenbotschaft der Inquisitorin erhalten hatten. Da sie umgehend um unsere Anwesenheit gebeten hatte, hatten wir gerade genug Zeit gehabt, uns unsere Waffengurte umzuschnüren und Wintermäntel überzuwerfen.
Einen Tag nach der alles verändernden Ratsversammlung strahlten die Flure der Garnison eine erfrischende Ruhe aus. Doch der Alarmzustand, in dem die Nephilimgemeinschaft sich seit gestern befand, seit mein Vater uns den Krieg erklärt hatte, war dem uralten Gebäude anzumerken. Es lag eine Anspannung in der Luft, egal wohin man sah. Die wenigen Schattenjäger, denen wir auf unserem Weg begegneten, standen etwas straffer, die Hände vorsichtshalber am Anschlag ihrer Waffen befindend. Überall in der Stadt wurden Vorbereitungen für den bevorstehenden Kampf getroffen. Obwohl wir das Schwert der Engel nun zurückerobern konnten, wappnete sich der Rat auf eine gewaltsame Auseinandersetzung. Denn sie waren sich genauso sicher wie ich, dass Valentin alles daran setzen würde, das Schwert wieder in seinen Besitz zu bekommen. Und so wurden in ganz Alicante die Sicherheitsmaßnahmen hochgefahren, Grenzen Tag und Nacht bewacht, Checkpoints aufgestellt.
An den Toren zur Garnison hatte man uns überprüft. Doch die Inquisitorin hatte sie über unsere Ankunft informiert, sodass wir schnell durchgekommen waren. Die schiefen Blicke waren Isabelle und mir dank unseres recht untraditionellen Aufzuges jedoch nicht ausgeblieben. Wenn man zum Staatsoberhaupt geladen wurde, tanzte man für Gewöhnlich nicht in knappen Kleidern und glitzernden Gesichtern an. Und während ich versucht hatte, meine Gestalt so gut wie möglich unter meinem Mantel zu verstecken, war Isabelle zu ihrer Höchstform aufgelaufen und hatte mit den relativ jungen Wachen geflirtet wie das Zeug ging. Jetzt, wo wir diese hinter uns gelassen hatten, hatte sich ihre Miene wieder etwas verdüstert.
So marschierten wir nun die konservativ dekorierten Flure. Zwischen sich majestätisch in die Höhe hebenden Fenstern, die Ausblick auf Alicante mit ihren ockerfarbenen Dächern und verzweigten Gassen boten. Hinter den emporragenden, funkelnden Dämonentürmen, die die Abendsonne wie glühende Seraphklingen zu zerschneiden schienen, begann das blendende Weiß der grenzenlosen Weiten von Idris langsam zu schmelzen. Der Frühling war nahe. So nahe, dass ich mich fragte, ob mein Vater diesen Jahreszeitenwechsel mit Absicht für seine Pläne gewählt hatte. Hoffte er, dass er mit dem aufkeimenden Frühling auch den von ihm anvisierten Neubeginn dieser Zivilisation einläuten würde?
Das Büro der Inquisitorin befand sich im nordwestlichen Flügel der Garnison, abseits von jedem möglichen Trubel und etwas abgeschotteter als das Büro des Konsuls, welches nun durch Malachis Verrat und Tod leer stand. Ich war seit meiner Ankunft in Alicante so oft gezwungen worden, herzukommen, dass dieser Weg einer der wenigen in dieser riesigen Institution war, den ich auswendig kannte.
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The Rise Of The Morningstar (Clace)
Hayran KurguWas wenn Clary anstatt Jace von Valentin aufgezogen wurde? Jocelyn hat Valentin nach dem Aufstand nicht verlassen. Um einem tödlichen Urteil des Rats zu entgehen, ziehen sie sich auf ein verstecktes Landgut zurück. Achtzehn Jahre später haben Jonath...