Kapitel 87 – My Oath to Live
--- Weniger als 1 Tag vor Beginn des Krieges. ---
Ein Anflug verschiedenster Emotionen brach über mich herein und einen Augenblick konnte ich mich nicht bewegen. Ich wusste nicht, ob oder was mein Gesicht preisgab. Jace brach unser Schweigen als erster und überbrückte in aller Ruhe den Abstand zwischen uns. Er schaute zu mir herunter, ohne Kälte aber auch ohne Wärme. „Du blutest."
Verwundert hob ich die Hand, nur um sie auf halber Strecke innehalten zu lassen. Ich starrte an mir herunter, fand jedoch kein Blut, keine Wunde, nur meine obsidianschwarze Montur.
„Hier", flüsterte Jace in den schwachen Wind und seine Finger glitten zu meinem Hals. Der Atem stockte mir in der Kehle. Millimeter über der Mitte meiner Kehle kamen sie schwebend zum Stillstand. Wie den Geist einer Berührung konnte ich das Jucken meiner Nerven spüren, die vergeblich auf seinen Kontakt warteten.
Mein Hals blutete tatsächlich, aber kaum merklich. Als ich unter dem Messer hindurchgetaucht war, hatte mich die Klinge gestreift, ohne wirklichen Schaden anzurichten. Ich spürte es nicht einmal. Ich wollte schon abwinken, als Jace' linke Hand sich auf meine Schulter legte und meinen Nacken umfasste. Ich sog überrascht die Luft ein und schaute zu wie seine Stele zu der gleichen Stelle fuhr, an der er auf dem Dach eine Iratze aufgetragen hatte. Kurz darauf rauschte ein heißes Prickeln durch meine Venen hindurch und ich wusste, dass die Blutung versiegt war.
„Danke", hauchte ich heiser, die Stimme rau vor Emotionen. Ich blickte hoch zu Jace, wo seine topasgoldenen Augen bereits auf mich warteten.
„Wieso steht immer irgendwer zwischen uns?", fragte Jace so leise, dass es schien, als würde er mit sich selbst sprechen anstatt mit mir. „Natürlich genau dann, wenn ich einfach nur zu dir gelangen will."
„Wovon redest du?"
Jace blinzelte und schaute zurück zu mir herunter. Seine Augen klarten sich und diese rohe Intensität, die mir Herzrasen bereitete, kehrte in seinen Ausdruck zurück. Anstelle einer Antwort schlangen sich seine Hände fest um meine Hüfte und zogen mich mit solcher Kraft zu ihn heran, dass unsere Lippen aufeinander krachten wie zerberstende Sterne.
Von Jace ging ein Sog aus. Ein so starker Zug, dass ich einen Wimpernschlag lang befürchtete, vornüberzukippen; in ihn hineinzufallen, als bestünde er aus nichts außer dem Licht einer Supernova, der Wärme einer Sonne und der Endlosigkeit eines Universums. Meine Augenlider schlossen sich flatternd und sobald sich das rasende Klopfen unserer Herzen synchronisierte wusste ich mit der Sicherheit eines unveränderlichen Kompasses, dass es genau so sein sollte: Er war der Mittelpunkt meines Seins und ich war der seines. Dieser Sog war nichts anderes als das unzerstörbare Band, welches uns zusammengebracht hatte und uns zusammenhielt. Weil wir zueinander gehörten wie Yin und Yang, Sonne und Mond, Himmel und Erde.
Ein Kuss, welcher dieser Welt nichts bedeutete, mit jedoch die Welt. Ein Kuss, welcher irrelevant für die Gravitation der Erde war, meine jedoch wiederherstellte. Ein Kuss, welcher meine Befürchtungen verpuffen ließ und mich zurück in meine Umlaufbahn stieß; wo ich hingehörte.
„Ich habe mich geirrt", keuchte Jace an meinem Ohr und mein vernebeltes Gehirn musste sich anstrengen, um Sinn aus seinen seltsam aneinandergereihten Silben zu schöpfen. Es fühlte sich an, als hätten wir jede Realität hinter uns gelassen – aneinandergebunden wie binäre Galaxien; die eine unverzichtbar für die andere. „Ich habe meine Stärke überschätzt."
Wie Magnete fanden unsere Lippen sich abermals und plötzlich spürte ich die kühle Backsteinwand des Hauses in meinem Rücken; Jace' Finger in einem unlöslichen Griff in meiner Taille verankert. „Ich dachte, dass ich dich zu meinem eigenen Schutz gehen lassen könnte. Um dem Schmerz zu entgehen, falls ..." Seine Stimme brach und er riss sich von mir los, als ein Schauder seinen Körper entzweiriss. Die Furcht in seinen geweiteten Pupillen pumpte wie von selbst Adrenalin durch meine Adern – in dem Bedürfnis, ihn vor seinen Ängsten zu beschützen. Doch einen Moment später drückte er sich wieder so gewaltsam an mich, dass meiner Lunge jeglicher Sauerstoff entzogen wurde. „Es hat nicht mal einen ganzen Tag deiner Abwesenheit gebraucht, um mich zu brechen."
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The Rise Of The Morningstar (Clace)
FanfictionWas wenn Clary anstatt Jace von Valentin aufgezogen wurde? Jocelyn hat Valentin nach dem Aufstand nicht verlassen. Um einem tödlichen Urteil des Rats zu entgehen, ziehen sie sich auf ein verstecktes Landgut zurück. Achtzehn Jahre später haben Jonath...