Brunnen

1.5K 100 1
                                    

Sherlock pov

"John? Geht es dir gut?" ruft Lestrade in den Brunnenschacht. "Mir ist kalt!" ruft er hoch. "Geht es dir sonst gut? Bist du verletzt? Blutest du?" "Nein! Aber mir ist wirklich sehr kalt!" "Wir holen dich gleich hoch!"

"Ihr habt nicht die Möglichkeiten, um ihn da raus zu holen!" zische ich. "Ja, aber er darf die Hoffnung nicht verlieren! Er muss weiter kämpfen!" "Er wird erfrieren!" "Nein, wird er nicht! Wir kriegen ihn da schon rechtzeitig raus! Hör auf Panik zu machen!"

Ich schnaube, drehe mich um und gehe zu einem der Polizeifahrzeuge. Es dauert nicht lange, bis ich ein langes, starkes Seil gefunden habe. Ich befestige es an einem anderen Wagen, der nah am Brunnen steht und beginne mich dann auszuziehen. Mein Jackett und mein Mantel landen auf der Motorhaube des Autos, Schuhe und Socken lasse ich einfach ins nasse Gras fallen. Dann gehe ich mit dem Seil zum Brunnen und lasse das Ende, welches nicht an dem Wagen befestigt ist, in den dunklen Schacht fallen.

"Sherlock, was tust du da? Das ist Irrsinn! Lass den Scheiß!" schreit Lestrade mich an und will mich festhalten, aber ich lasse mich nicht aufhalten. Ich klettere an dem Seil in den kalten Schacht hinein.

Erschrocken halte ich inne, als ich die Kälte des Wassers an meinen nackten Füßen spüre. "Sherlock, was machst du denn?" höre ich Johns zittrige Stimme hinter mir. Ich antworte ihm nicht, lasse mich einfach in das kalte Wasser fallen. Meine Zehen berühren den Boden. Ich schlinge meine Arme um John und ziehe ihn nah an mich. Sofort drückt er sich mir entgegen.

"Mir ist kalt." flüstert er zitternd und ich streiche ihm beruhigend über den Kopf, hoffend, dass ich nicht so schnell auskühle, um ihn wärmen zu können.

"Sie wissen nicht, wie sie uns hier rausholen, oder?" flüstert John und hält sich an mir fest. "Nein, tun sie nicht." murmle ich. "Sherlock, kletter wieder nach oben. Du wirst erfrieren hier unten." "Ich lasse dich nicht allein." sage ich bestimmt. John rutscht beinahe von mir ab, also greife ich unter seinen Armen hindurch und versuche ihn über dem Wasser zu halten.

"Gemessen an der Zeit, der Temperatur und den Signalen meines Körpers, werde ich innerhalb der nächsten zwei Minuten sehr wahrscheinlich das Bewusstsein verlieren." nuschelt John. "Nein, nein, nein! Du musst wach bleiben! Komm schon, bleib bei mir." sage ich und klopfe ihm leicht auf den Rücken, um ihn bei Bewusstsein zu halten.

"Pass auf Rosie auf..." murmelt er, dann sackt er noch mehr in sich zusammen. "Nein! Nein, nein, nein! Komm schon, bleib bei mir!" sage ich panisch und versuche ihn irgendwie zu wecken. Ich greife nach der Steinwand und versuche ihn hochzuhalten. "Hilfe! Er braucht Hilfe!" schreie ich verzweifelt und drücke John nah an mich, halte ihn fest.

Ich versuche ihn weiter nah an meinem Körper zu halten, um ihn zu wärmen und gleichzeitig muss ich ihn über Wasser halten. "Komm schon." flüstere ich ihm zu und küsse ihn vorsichtig auf die Haare, "Das kannst du mir nicht antun. Das kannst du Rosie nicht antun. Bleib bei mir. Bitte." 

"Sherlock! Wir lassen dir einen Bolzenschneider runter, dann kannst du ihn losschneiden." "Nein, das geht nicht. Ich muss ihn festhalten! Er ertrinkt sonst, er ist bewusstlos!" schreie ich. "Wie sollen wir ihn denn da sonst rausbekommen?" ruft Greg nach unten. "Schwingen Sie Ihren Arsch hier runter und halten Sie ihn fest, damit ich ihn losschneiden kann!" "Ist gut, ich komme ja."

~*~*~

John liegt eingehüllt in eine warme Decke und zugedeckt mit einer weiteren Decke auf der Couch. Ich habe ihm warme, trockne Sachen angezogen, ihn auf die Couch gelegt und ihm Tee gekocht. Jetzt kümmere ich mich um Rosie und sehe immer wieder nach John. Er ist kurz aufgewacht, aber danach eingeschlafen. 

Ich gebe Rosie ihr Fläschchen und streichle dabei sanft ihr Bäuchlein. "Sherlock?" Ich hebe den Kopf und sehe John überrascht an. "Du bist wieder wach?" Er nickt und setzt sich auf. "Geht es dir gut?" frage ich und setze mich zu ihm auf die Couch. "Ja, ich bin langsam aufgewärmt. Im Kern noch ein bisschen gefroren und noch ein bisschen erschöpft, aber sonst in Ordnung. Wie geht es dir? Wie geht es meiner Kleinen?"

"Deine Kleine hat ganz schön Hunger. Aber ihr geht es gut. Und ich verarbeite es noch. Bei dir alles okay? Psychisch, meine ich." John lehnt seinen Kopf gegen meine Schulter: "Ich glaube, ich mache nochmal eine Therapie. Ich wollte einen Adrenalinkick, als ich mich mit dir angefreundet habe, ich wollte nicht sterben." "Tut mir leid, dass ich dich in solche Situationen gebracht habe." Ich streiche durch seine Haare.

Rosie hat ihr Fläschchen ausgetrunken. Ich stelle sie weg, lege mir das Spucktuch über die Schulter und lasse sie ein Bäuerchen machen. "Wieso bin ich der Vater, wenn du der Profi bist?" stöhnt John leidend und legt den Kopf wieder auf meine Schulter. "Ich hoffe, dass ich dir, als Arzt und erwachsener Mann, nicht erklären muss, wie du ihr Vater geworden bist. Aber ich bin kein Profi, ihr eine Flasche in den Mund zu stecken und ihr leicht auf den Rücken zu klopfen, wenn sie die Flasche ausgetrunken hat, ist nicht so schwer." "Bei mir will sie nicht mal die Flasche nehmen. Vielleicht... Vielleicht bist du doch der bessere Dad." "Nein, bin ich sicher nicht. Aber es ist auch egal. Weil sie wird immer uns beide haben." John sieht mir in die Augen und ein weiches Lächeln bildet sich auf meinen Lippen. 

Er legt den Kopf wieder auf meine Schulter und streichelt Rosie, die wieder in meinen Armen liegt. Ich lege meinen Kopf auf seinen und kuschle mich an ihn. 

Johnlock OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt