Einschlafen

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John pov

Ich sitze in meinem Sessel und beobachte Sherlock beim Komponieren. Dabei ist er immer so friedlich und rennt nicht durch die Wohnung, wie von einer Tarantel gestochen, nur weil er einen neuen - oder eben keinen - Fall hat. "Gehst du nicht sonst um diese Zeit ins Bett?" fragt Sherlock, während er einige Noten auf das Papier kritzelt. "Bin nicht müde." sage ich nur. Schon im nächsten Moment bereue ich es. Sherlock dreht sich zu mir und deduziert mich einige Sekunden lang.

"Die dunklen Augenringe weisen darauf hin, dass du schon seit einer Weile nicht mehr geschlafen hast. Außerdem sind dir im Taxi mehrfach die Augen zugefallen. Wir hatten heute eine lange Verfolgungsjagd durch halb London. Nach Verfolgungsjagden bist du immer müde, nachdem das Adrenalin nachgelassen hat. Auch dein ständiges Gähnen über die letzten Tage verteilt, weist auf Müdigkeit und oder Schlafmangel hin. Zudem ist es nicht so, dass du nur mit mir an Fällen arbeitest, du hattest mehrfach Doppelschichten in der Klinik oder hast dir bis spät abends Krankenakten angesehen. Schon seit einer Woche und fünf Tagen hältst du dich nicht mehr an deine übliche Schlafenszeit. Schon davor hast du sie immer öfter ausgereizt. Auch ist mir aufgefallen, dass dein psychosomatisches Hinken wieder aufgetaucht ist. Nicht so schwer, wie als wir uns kennenlernten, aber dennoch deutlich bemerkbar. Als Scotland Yard dich darauf angesprochen hat, sagtest du ihm, du seist umgeknickt. Das kann aber nicht stimmen, weil es mir 1. aufgefallen wäre, 2. du als Arzt etwas gegen den Schmerz unternommen hättest und 3. es wie als wir uns kennenlernten, nicht mehr vorhanden ist, sobald wir eine Verfolgungsjagd haben. Ich vermute also, dass du unter einer psychischen Belastung leidest, von der du mir nichts erzählst. Da ich absolut kein Feingefühl besitze und dir vermutlich nur eine herablassende Antwort geben würde, ist das auch verständlich." Schief lächelt er mich an.

Ich weiß, dass er will, dass ich erzähle, was los ist, aber er hat mit seinem mangelnden Feingefühl schon recht. Ich habe mich daran gewöhnt, so ist er halt, aber in manchen Situationen kann ich einfach nicht damit umgehen. Ab und zu brauche ich auch mal jemanden, der menschlicher ist, als die Gebrüder Holmes. Greg und ich haben uns da irgendwie gegenseitig gefunden - er kommt manchmal mit dem mangelnden Feingefühl von Mycroft nicht klar und ich nicht mit dem von Sherlock. Wobei Mycrofts Feingefühl sogar besser ausgeprägt ist, als das seines jüngeren Bruders.

"W-Willst darüber reden?" fragt Sherlock vorsichtig. Nun legt er seine Geige beiseite und setzt sich in seinen Sessel. Forschend sieht er mich an. "Ich hab in letzter Zeit viele Albträume." "W-Worum geht es?" "Um dich. Meistens. Ich sehe dich immer wieder vom Barts springen oder im Schwimmbad, die ganzen Laser auf dir oder dich mit dieser Pille bei unserem ersten Fall. Immer wieder sehe ich dich sterben und das macht mich fertig." "Aber ich bin nicht tot. Ich bin hier bei dir. Und ich werde dich auch nicht verlassen." Ich lächle ihn an. Das war wirklich sehr menschlich und echt lieb von ihm.

"Und wenn du bei mir schlafen würdest? Dann wüsstest du, dass ich am Leben und bei dir bin. Vielleicht würde dich das besser schlafen lassen." "Wenn es dir nichts ausmacht, ist das sicher einen Versuch wert." sage ich vorsichtig. Sherlock steht auf und schaltet das Licht im Wohnzimmer aus. Dann geht er ins Bad, wenig später kommt er in Morgenmantel, Jogginghose und ohne Shirt wieder heraus. Ich sehe ihn staunend an. "Kommst du, John?" fragt er, während er in sein Schlafzimmer geht. Unsicher erhebe ich mich aus meinem Bett und folge ihm.

Sherlock liegt schon in seinem Bett. Die Seite der Decke, unter der er nicht liegt, hat er zurückgeschlagen, damit ich mich dorthin legen kann. Unsicher tue ich es. Ich muss mich nicht mehr umziehen, da ich bereits nach dem Duschen meine Schlafsachen angezogen habe. Sherlock hat es sich gemütlich gemacht und sieht mich erwartungsvoll an. Als ich mich hingelegt und zugedeckt habe, greift Sherlock auf einmal meine Hand. Unsicher halte ich sie fest. Ich drehe mich auf die Seite, schaue meinen besten Freund an. Seine dunklen Locken fallen in seine Stirn und seine blauen Augen betrachten mich. Aber dieses mal deduziert er mich nicht. Er sieht mich einfach nur an.

"Du solltest schlafen." "Ich kann nicht, wenn du mich so anstarrst." schmunzle ich. Sherlock schließt die Augen. Ich halte seine Hand fest und drehe mich auf die andere Seite. Ich spüre, wie Sherlock näher rutscht und wir schließlich in der Löffelchenstellung liegen, aber noch immer hält er meine Hand fest. "Du bist in Sicherheit, John. Nun schlaf." höre ich Sherlocks tiefe Stimme beruhigend in mein Ohr flüstern. Langsam fallen meine Augen zu und ich drifte in einen tiefen Schlaf ab.

Von da an hat Sherlock mich jede Nacht in seinen Armen einschlafen lassen. Irgendwann wurde aus Kuscheln zum Einschlafen mehr. Er hat öfter die Nähe zu mir gesucht und irgendwann auch in der Öffentlichkeit meine Hand genommen, einfach so. Und irgendwann haben wir uns gestanden, dass wir uns ineinander verliebt haben. Dann sind wir ein Paar geworden und es auch geblieben. Für immer. 

Johnlock OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt