Autofahrt

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Sherlock pov

"Kommst du, Liebling?" ruft John von unten hoch. "Ja, ich komme gleich." sage ich und sehe mich nochmal um. Meine Geige ist im Wagen, die Kühlbox mit dem Essen nehme ich gleich mit, Johns Tasche ist schon unten, meine nehme ich mit, mein Schädel ist in der Tasche. Eigentlich haben wir alles. Nur eins nicht. Schnell greife ich das Flaggen-Kissen von Johns Sessel und stopfe es mit in meine Reisetasche. John gibt es zwar nicht zu, aber er liebt das Kissen etwa so sehr, wie ich meinen Schädel. 

Dann gehe ich mit meiner Tasche und der Kühlbox nach unten. John umarmt gerade Mrs Hudson und verabschiedet sich zum sicher hundertsten Mal von ihr. "Tschüss." sage ich nur und gehe Richtung Auto. "Sherlock, verabschiede dich bitte ordentlich." ruft John mir nach. Ich drehe mich wieder um und gehe zurück. Die Taschen stelle ich an der Treppe ab, dann gehe ich zu Mrs Hudson und meinem Freund. "Auf Wiedersehen, wir sehen uns in zwei Wochen." sage ich und umarme Mrs Hudson kurz. Ich gebe ihr einen kurzen Kuss auf die Wange, greife dann Johns Ärmel und ziehe ihn mit mir. "Tschüss, Mrs Hudson!" ruft John noch, bevor ich ihn vor die Tür schiebe, dann noch schnell die Taschen hole und unserer Vermieterin nochmal kurz zunicke. 

~*~*~

John sieht kurz zu mir rüber und wendet dann den Blick wieder auf die Straße. "Welche Frage möchtest du stellen?" frage ich und blicke weg vom Fenster zu meinem Arzt. "Oh, keine Frage. Ich bin nur überrascht, dass du noch nicht gelangweilt bist; wir fahren bereits zwei Stunden." "Ich habe mir von Gabriel einige Akten von alten ungelösten Fällen geben lassen. Ich löse sie gerade und simse ihm die Lösungen." John lacht und streicht mit der Hand, den Blick weiterhin auf die Straße gerichtet, durch meine Locken. 

Ich grummle genießerisch, was John auflachen lässt. Dann beugt er sich schnell zu mir und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Dann lässt er mich weiter Fälle lösen, während er uns in Richtung unseres Urlaubsziels fährt.

"Mir ist langweilig! Die Fälle sind alle zu einfach und außerdem bin ich fertig damit. John, mir ist langweilig." beschwere ich mich zehn Minuten später. "Handschuhfach." Kurz sehe ich ihn verwirrt an, dann öffne ich das Fach. Dort stapeln sich haufenweise Bücher. Kriminalromane. 

"Ich habe sie alle gelesen, so oft, dass ich sie beinah auswendig kann. Du bekommst fünf Minuten Zeit zum Lesen, dann musst du mir den Täter deduzieren." erklärt John die Spielregeln. Sofort grinse ich. "Ich darf im ganzen Buch lesen?" "Ja, natürlich. Du kannst auch gerne das Ende lesen, aber ich kenne dich. Das macht dir zu wenig Spaß." Da hat er allerdings recht. Ich schlage die erste Seite auf und beginne zu lesen. 

Nach fünf Minuten fragt John: "Und? Wer war es? Mit Motiv bitte." "Jeder Idiot würde es für einen Unfall halten, ausgelöst durch den Bruder. Danach sah es auch aus, aber den Sturz aus dem Zug ins Wasser hätte sie locker überlebt. Sie konnte schwimmen, ist also unmöglich ertrunken. Ans Ufer ist sie trotzdem nie gekommen. Jemand hat sie aus dem Wasser gefischt und mitgenommen. Tage später wird sie an einem Ufer tot aufgefunden. Scheinbar ertrunken, aber nein, sie ist erstickt. Besser gesagt, wurde erstickt. Ihr wurde etwas in den Hals gesteckt, so konnte sie keine Luft mehr holen und erstickte. Daraufhin wurde, was immer ihr in den Hals gesteckt wurde - ich vermute ein Dattelkern - wieder herausgeholt und sie wurde ins Wasser geworfen. Zugegeben dauerte es, bis man sie fand, aber sie war nicht annähernd so lange tot, wie sie es gewesen wäre, wäre sie beim Fall ins Wasser gestorben. Nun zum Mörder und zum Motiv. Mörder waren ihr Bruder und ihr Verlobter. Und zwar weil sie eine Affäre hatten und sie wussten, dass sie niemals zusammen sein können, solange sie lebt. Zur Verteidigung der beiden, sie hatte es verdient, sie war ein Miststück." 

John lacht: "Sehr gut, Detective. Genau bis ins kleinste Detail. Aber wie bist du auf den Dattelkern gekommen? Ich habe ewig gebraucht, um mir das einfallen zu lassen." "Oh, sie hasste Datteln, während sowohl ihr Bruder, als auch ihr Verlobter, sie äußerst gern aßen. Immer wieder machte sie sich über diese Vorliebe lustig. Es war die perfekte Mordwaffe, zumindest aus Rachesicht." John sieht mich lächelnd an. "Ich liebe dich gerade so sehr." sagt er dann. Sofort beuge ich mich zu ihm und gebe ihm einen Kuss. "Jetzt will ich fahren." sage ich begeistert. 

John fährt links ran und steigt aus. Ich klettere auf den Fahrersitz, John steigt auf der anderen Seite wieder ein. "Kann ich ein wenig schlafen oder baust du dann aus Langweile einen Unfall?" "Sieh in meiner Tasche auf der Rückbank nach." "Das war nicht die Antwort auf meine Frage." seufzt John, beugt sich aber trotzdem nach hinten. Er öffnet meine Tasche und zieht sein Kissen hervor. "Wow, du hast..." "Schlaf gut." sage ich lächelnd. "Ich liebe dich, Sherlock." sagt John, während er beginnt es sich bequem zu machen. So bequem es eben geht. 

Als er sich mit meinem Mantel, den er ebenfalls von der Rückbank genommen hat, zugedeckt und die Augen geschlossen hat, löse ich eine Hand vom Lenkrad und beginne meinen Schatz liebevoll zu kraulen. Das beruhigt ihn und lässt ihn schnell einschlafen - habe ich in einigen Experimenten an ihm herausgefunden. Allerdings dienten die Experiment nur dazu herauszufinden, wie ich in welcher Situation mit ihm umgehen muss, damit er sich wohlfühlt. Und er wusste von den Experimenten, das Meiste hat er mir tatsächlich sogar selbst gezeigt. 

Kurze Zeit später ist John eingeschlafen und verschläft den Rest der Fahrt, bis wir in der kleinen Pension auf dem Land ankommen. Vielleicht kann ich John überzeugen nochmal in Baskerville einzubrechen. Das war doch lustig. Und wenn wir da schon nochmal hinfahren... Warum nicht?

Johnlock OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt