Wann verstehst du es?

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(TW: Drogenkonsum)

"Können wir nicht einfach nach Hause fahren?" formuliere ich meine Frage so ruhig und gelassen wie möglich.

So fühlte ich mich eigentlich gar nicht.

"Moment noch."

Wir biegen auf einen kleinen Hof ein. Dort steht eine kleine Hütte.

"Steig aus."

Ich befolge seinen Anforderungen und zucke zurück als er seine Hand mit meiner verknotet.

Unwohler könnte ich mich wohl nicht fühlen.

"Siehst du, langsam verstehst du, wie das hier alles läuft. Die heile Kookwelt."

Nein. Nein, dass verstand ich nicht.

Ich konnte es nur aushalten in Rafes Nähe zu sein, weil ich meine Augen schloss und mir vorstellte, JJ würde mich sicher an sich heranziehen, mich beschützten.

Dadurch, dass meine Augen geschlossen waren, konnte keine Träne durchkommen.

Im Dunkeln könnte Rafe sie wenigstens nicht sehen.

Langsam atmete ich immer wieder ein und aus.

Wir betreten die Hütte. Sie ist voll. So viele Menschen sind um uns herum, sie trinken und- konsumieren Drogen.

"Was wollen wir hier Rafe?"

Ich schaue zu ihm hoch, er sieht mich nicht an, es scheint, er hat ein genaues Ziel.

"Das hat nichts mit dir zu tun. Ich muss nur kurz etwas bei Barry abholen."

Barry...ich durchkrame kurz meine Erinnerung bis mir wieder einfällt, dass Sarah mir von ihm erzählt hat.

Wir erreichen einen kleinen Hinterraum, ein unheimlich aussehender Typ taucht auf.

"Das ist die Kleine?" er mustert mich und Rafe präsentiert mich als wäre ich sonst jemand.

"Hast du das Zeug?" lenkt er jedoch schnell vom Thema ab.

Barry nickt ihm zu und wirft eine kleine Tüte herüber.

"Sind das?" frage ich Rafe.

Er zieht einen Mundwinkel nach oben als wäre er Stolz über den weißen Inhalt.
"Jup."
Er drückt es mir in die Hand und erklärt mir, dass ich es nicht aus den Augen verlieren soll, bis wir wieder bei den Camerons zuhause ankommen.

Dort ist es leer. Sarah ist nicht zu sehen, Rose und Ward sind aus Geschäftsreise, erneut.

Rafe reißt mir das kleine Tütchen aus der Hand und fegt die ganzen Sachen vom Küchentisch.

Noch bevor er das weiße Zeug jedoch einnehmen kann, reiße ich ihm die Tüte aus der Hand.

Ich habe Angst.

Angst, dass er gleich eine noch schlimmere Seite von ihm Zeigen würde.

Ich laufe in schnellen Schritten, gefolgt von Rafe auf den Balkon des Hauses.

"Emilia, was soll das?"

"Ich will nicht, dass du das nimmst," sage ich verängstigt.

"Ach, auf einmal geht es dir darum, wie es mir geht?"

"Es geht mir nicht um dich Rafe," hätte ich am Liebsten gesagt, genauso war es nämlich auch.

Ich zögere nicht, öffne die Tüte und werfe es über den Balkon.

"Spinnst du jetzt vollkommen?" durchschallt Rafes Stimme meinen Kopf.

Er rennt auf mich zu und schaut über das Geländer.

"Weißt du wie teuer das Zeug ist?"

Ich drehe mich zu ihm, er schaut mich starr an.

"Ich dachte, du willst, dass ich mich um dich Sorge," lüge ich mit einer leisen Stimme.

Er fährt mit seiner Hand durch seinen Mittelscheitel und beugt sich leicht zu mir nach unten.

Langsam atmet er ein und aus und schaut mir dabei tief in die Augen.

"Du hast Recht. Es war jedoch falsch von dir. Das Zeug tut mir gut."
"Ich dachte, ich tue dir gut?" am Liebsten hätte ich mich bei diesen Worten übergeben.

"Ich freue mich wie schnell du lernst. Jetzt geh aber auf dein Zimmer. Ich will dich heute trotzdem nicht mehr hier sehen."

Erst als ich außer Reichweite bin fange ich an zu weinen.

Das soll doch alles so nicht sein. Wieso passiert mir so etwas?

Ich lege mich ohne mich umzuziehen auf mein Bett und starre an die Decke.

Erst als Rafe die Tür meines Zimmers aufreißt, zucke ich stark zusammen.

Er zieht jede einzelne Schublade einer Kommode auf und hält triumphierend ein Tütchen in die Höhe.

"Ich wusste doch, dass ich irgendwo noch eins versteckt habe," er schüttelt belustigt den Kopf.

"Rafe lass das bitte."

Noch in meinem Zimmer breitet er auf der Kommode das Zeug aus.

"Rafe," wiederhole ich mich noch einmal.

"Was?" fährt er mich wütend an.

"Lass das."

Er hört nicht auf mich und zieht es sich vor meinen Augen rein.

Ich zittere als ich es sehe. Es ist nichts, was einem anderen Menschen gewallt zufügt, aber die Konsumierung könnte ihn gewalttätig machen.

Das zufriedene Lachen, welches für einen kurzen Moment auftaucht verschwindet kurze Zeit später wieder.

"Wir müssen noch einmal los."
Er ist schon dabei, mich aus dem Bett hochzuziehen, doch ich weigere mich, versuche mich aus seinem festen Griff zu wenden.

"Nein Rafe, ich bleibe hier."

Er lacht nur.

"Gut," er verlässt den Raum, zieht die Tür hinter sich zu.

"Dann bleibst du das," seine Stimme ist dumpf, dass Geräusch eines Schlüssels ertönt im Schloss und erneut höre ich erst, wie er ein paar Sachen auf dem Flur umschmeißt.

Ich wimmere jetzt nur noch. Bei jedem Geräusch habe ich Angst, dass er im nächsten Moment wieder zurück in mein Zimmer kommen würde, doch ich höre Sekunden später, wie er das Anwesen verlässt.

Ich sitze mit dem Rücken zu Tür.

Mir wird alles zu viel.

Die Tränen laufen über meine Wangen wie ein Fluss.

Ich friere und zittere.

Als ich hochgucke sehe ich jedoch, dass es nicht daran liegt, dass ich bitterlich weine, sondern, dass das offene Fenster einen Luftzug in Zimmer lässt.

Ohne, dass ich darüber nachdenke, merke ich, dass meine Beine mich dorthin tragen, meine Arme es öffnen und ich schließlich über auf einen kleinen Vorsprung steige.

Von dort aus klettere ich so vorsichtig wie es geht nach unten.

Als ich Boden unter meinen Füßen spüre beginne ich zu laufen.

Ohne, dass ich weiß wohin, führen mich meine Füße zu ihm.

Ich kann nicht mehr, nicht ohne, dass er in meiner Nähe ist.

The moment I met JJ Maybank- Obx FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt