Kapitel 1

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"Gia Jackson, wir nehmen Sie mit auf die Wache", erklang die harte Stimme des Offiziers, welcher mir gerade die Handschellen anlegen wollte. So schnell wie ich konnte, machte ich eine 180 Grad Drehung und versuchte in die andere Richtung wegzulaufen. Mit schwerem Atem sah ich mich immer wieder um und bemerkte dabei den Polizisten, welcher mir dicht auf den Fersen war. Als mein Blick schliesslich wieder nach vorne wanderte, musste ich eine Vollbremse ziehen, da bereits ein nächster Polizeiwagen angefahren kam. Sofort wurde ich von meinem Verfolger gepackt und ins Auto abgeführt. Frustriert atmete ich aus.

Auf der Polizeiwache wurde ich zum hundertsten Mal in diesem Monat verhört. Wieso ich vom Internat abgehauen wäre, war die meist gestellte Frage. Meine Antwort war immer die gleiche.

Ein paar Stunden später kam meine Betreuerin, welche am Internat arbeitete und mich ständig beobachtete. Stinkwütend packte sie mich jeweils am Arm und chauffierte mich zurück in das Höllenloch. Am Anfang wehrte ich mich und konnte mich auch von ihr befreien. Doch seit diesem mal begleiteten uns immer zwei Polizisten, welche mich ständig im Auge behielten. Folglich war Verteidigung zwecklos.

Geregelte Essens- und Schlafenszeiten mit privatem Schulunterricht. Für wenige das Paradies, für fast Alle die Hölle. Ich gehörte letzteres an.

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Nachdem meine Eltern bei einem schweren Autounfall ums Leben gekommen sind, wurde ich in ein Internat gesteckt. Sämtliche Versuche, aus dem Internat abzuhauen, waren umsonst.

Mittlerweile war ich 17 Jahre alt und habe noch nichts anderes erlebt, als von der Polizei festgenommen zu werden. Ein Traum, nicht wahr...

Mit meinen ständigen Problemen mit der Polizei kamen meine Wutanfälle noch dazu. Tatsächlich begannen sie schon kurz nachdem ich im Internat gelandet war. Mit neun habe ich das erste Mal ein Mädchen verprügelt, weil sie einen nicht so netten Kommentar zu meinen Eltern ausgesprochen hatte.

Bis in der heutigen Zeit muss ich regelmässig in Therapie, um meine "Wut" unter Kontrolle zu bringen. Nur hatte ich das Gefühl, dass alles immer schlimmer wurde.

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JETZT

"Jackson, in mein Büro", ertönte es über die Lautsprecher, als ich unmotiviert in meinem Essen in der Cafeteria rumstocherte. Mit einem gewissen Anschiss stiess ich mich vom Tisch ab und trottete in Begleitung von einem "Wachmann" des Internats in das Büro von Ms. Applly. Sie war schon ein wenig älter, ich schätzte etwa zwischen 40 und 50 Jahren. Ihre schulterlangen Haare trug sie offen und schwarz gefärbt. Doch die grauen Haarsträhnen blitzten trotz allem noch hervor.

In ihrem Büro angekommen setzte ich mich auf den Sessel Ms. Applly gegenüber. "Jackson, es sieht so aus", begann sie und holte einmal kurz Luft. "Was?", hakte ich nach. "Es sieht so aus, als kämst du bald hier raus". Mein Puls beschleunigte sich. Entweder hatte ich so grossen Mist gebaut, dass sie mich rauswerfen oder ich kann ZU jemandem gehen.

"Es wurde tatsächlich eine weit entfernte verwandte Familie von dir in North Carolina gefunden". Verblüfft sah ich meine Betreuerin an. "Sie verarschen mich", rutschte es mir raus. "Diesmal nicht", sagte Ms. Applly. Die ganze Sache brachte mich komplett aus dem Konzept. "Dein Flug geht schon morgen, unter einer Bedingung", begann Ms. Applly zu sprechen. "Alles", sagte ich und sah ihr direkt in die kalten Augen. "Die Familie weiss von deinem Verhalten hier. Wenn du einmal Ärger machst und dabei die Polizei ins Spiel kommt, bist du schneller wieder hier als du auf drei zählen kannst". "Auf Nimmerwiedersehen", rief ich der Frau zu, als ich schon aus dem Raum lief.

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Am nächsten Tag hatte ich meine Taschen gepackt und wurde von einem Taxi an den Flughafen gebracht. Die fünf Stunden im Flugzeug fühlten sich an wie eine Ewigkeit. Doch irgendeinmal hatte die Ewigkeit auch mal ein Ende und ich kam in Outer Banks an.

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