Kapitel 41

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Mit der Mission klar vor unseren Augen brachen Kie, JJ und ich auf. Zu dritt liefen wir den ganzen Weg zurück zu Kie's Haus auf Figure Eight. "Wartet hier draussen", wies sie uns an und deutete hinter die hohe Gartenmauer. Wie geheissen gingen wir hinter dem Versteck in die Knie, während Kie sich ins Innere der Höhle des Löwen wagte.

JJ - wie er auch war - wollte sich bereits zum Truck schleichen. Doch bei Durchführung dieses Unsinns würde unsere Mission auffliegen, da der Wagen direkt vor einem grossen Fenster, wenige Meter vom Haus parkiert war.

Sofort riss ich ihn am Ärmel zurück, wobei er dann die Chance ausnutzte und mit Schwung zu mir zurück prallte. Ich verlor das Gleichgewicht und flog von meinen Knien nach hinten direkt auf den Po. JJ stützte sich jeweils links und rechts neben mir ab, wodurch ich seinen Atem auf meiner Haut fühlen konnte. Die blauen Augen funkelten mir belustigt entgegen. Obwohl ich mich vor Lust wie elektrisiert fühlte, sah ich ihn böse an. Dabei sah ich es ihm am Gesicht an, dass er seinen Einfluss auf mich bemerkt hatte.

"Leute", hörte ich Kie's Stimme flüstern. Sofort schlüpfte ich unter JJ's Armen hindurch und war wenige Sekunden später wieder auf den Beinen. Der Pogue hinter mir raffte sich ebenfalls wieder auf, wobei er sich extra viel zu nahe hinter mir platzierte.

Als Kie um die Ecke kam, trat ich überfordert einen Schritt nach vorne und lächelte sie ohne Grund an. Ein verwirrter Blick von Kie und ein leises Lachen vom blonden Pogue waren die Reaktion darauf.

"Kommt schon, einsteigen".

Kie setzte sich ans Lenkrad, ich nach auf dem Beifahrersitz Platz und JJ breitet sich auf der Rückbank aus. "Jetzt zum Chateau, dort holen wir das Abschleppseil".

Gesagt getan kamen wir wenige Minuten später bei JJ an. Sofort rückten die Erinnerungen an meine letzte Anwesenheit an diesem Ort in den Vordergrund. Ein angenehmer Schauer lief mir den Rücken hinunter. Krieg endlich deine Gefühle in den Griff!

"Wird vielleicht ein Moment dauern, ich muss diese Scheisse zuerst suchen", kam es von JJ. Danach stieg er aus und liess die Türe krachen. Kie verzog das Gesicht, als hätte man sie geschlagen. Bei diesem Anblick musste ich kichern.

"Meine Eltern werden mich köpfen". Ich zuckte mit den Schultern. "Bei diesem Thema kann ich nicht mitreden". "Scheisse, tut mir leid, das war dumm von mir". Ich schüttelte mit dem Kopf. "Alles gut, mach dir kein Kopf". "Du redest nicht gerne über deine Vergangenheit, was?" Ich zuckte mit den Schultern. "Ehrlich gesagt gibt es gar nicht viel zu erzählen. Ich wuchs in einem Internat auf". "Hattest du da den jemanden? Einfach eine Person, der du dich anvertrauen konntest? Mit der du über Alles reden konntest?" "Nicht wirklich. Es war kein schöner Ort und jeder kämpfte für sich selbst". Kie seufzte tief. "Das muss echt hart gewesen sein". Ich nickte bestätigend mit dem Kopf, womit das Thema Vergangenheit abgeschlossen war.

Minute um Minute verstrich, doch kein JJ, welcher mit einem Seil für den Twinkie zurückkam. "Ich glaube, ich sehe da mal nach, was da so lange dauert". "Ist gut".

Nachdem ich die Türe des Trucks extra langsam geschlossen habe, lief ich Richtung Garten. Sobald ich um die Ecke trat konnte ich blonde Haare aufblitzen sehen, doch ich fand keinen frech grinsenden JJ vor. Vor ihm stand ein grosser, breit gebauter Mann mit kurzen Haaren. Als ich genauer hinsah, bemerkte ich, wie er JJ am Kragen gepackt hatte. Bei mir schrillten alle Alarmglocken und ich rannte ohne zu zögern auf die beiden zu. "Lass ihn los", rief ich dem Mann wütend zu, welcher den Blick auf mich richtete. Auf einmal erkannte ich die erschreckende Ähnlichkeit zu JJ an seinem Gesicht. Das musste dann wohl Dad sein.

"Halt dich da raus Mädchen", zischte er mir zu. Ich wollte gerade wieder eingreifen als dann auch von JJ ein gepresstes "Geh zurück zum Wagen", kam. Doch ich wollte nicht hören, denn ich werde wohl nie aus meinen Fehlern lernen.

Mit einer kurzen Bewegung hatte der Mann seinen Ellenbogen auf die Seite gestreckt und rammte mir diesen ins Gesicht. Ich wurde zu Boden katapultiert. Meine rechte Wange brannte, als ich die Hand drauf legte. JJ versuchte sich wütend loszureissen.

"Hilfst du deinem Alten nun oder nicht?" Von seinem Sohn kam ein leichtes Nicken, worauf er endlich losgelassen wurde. "Wir müssen einen Zwischenstopp einlegen", bemerkte JJ und liess mich am Boden zurück, während er und sein Dad Richtung Truck liefen. Verdattert sah ich ihm hinterher. Ohne mir eines Blickes mehr zu würdigen lief er zurück zum Wagen.

"JJ, was soll das hier?", rief auch Kie genervt aus. Währenddessen joggte sie zu mir und half mir aufzustehen. "Alles okay?" "Oh Nein", zischte ich wütend und hatte dabei nur JJ im Auge.

"Wir legen einen kleinen Zwischenstopp ein", sagte der Pogue dann, als wäre er der Herrscher des Transportmittels. "Ich denke eher nicht", fiel ich ihm ins Wort. Dafür kassierte ich einen eisernen Blick. Ein ungutes Gefühl breitete sich in mir aus.

Ohne weitere Einsprüche von Kie oder mir fuhren wir wenige Meilen weiter zu einem Hafen. Dort wartete bereits ein weisses Boot auf uns. "Bin gleich wieder da", murmelte JJ und stieg zusammen mit seinem Vater aus.

"Wie gehts deinem Gesicht?", fragte mich Kie noch einmal mitfühlend. "Es tut fast nicht mehr weh", beruhigte ich sie. Dabei klappte ich oben am Autodach ein Fach aus, welches einen aufziehbaren, kleinen Spiegel versteckt hielt. Ich sah mich selbst im Spiegel, mit einem rot verfärbenden Bluterguss auf der Wange. Schnell klappte ich das Teil wieder zu.

"Ich verstehe nicht, wieso er auf einmal so drauf war", wechselte ich das Thema und schaute runter zum Stegsende, wo JJ seinem Vater beim Packen half. Kie zuckte mit den Schultern. "Ich denke sein Dad ist nicht wirklich Dad des Jahres und war sehr hart zu ihm". Ich seufzte leise. "Lässt er wegen ihm niemanden an sich ran?" "Ich weiss es nicht. Jedenfalls hat es noch nie jemand so geschafft wie du. Ich denke sogar, du tust ihm gut". Ich drehte mein Kopf zu Kie. Als sie meinen ungläubigen Blick sah, sprach sie sofort weiter. "Ich meins ernst. Die anderen Mädchen vor dir. Am Abend gekommen, am Morgen wieder gegangen und nie wieder gesehen. Und obwohl ihr was hattet, was ich übrigens schon von Anfang an bemerkt habe, bist du noch hier und er auch. An deiner Seite". Kie's Worte brachten mich zum Nachdenken. So fest, dass ich nicht mehr wusste, was ich erwidern sollte.

Auf einmal wurde die Hintertüre aufgerissen und JJ setzte sich wieder hinten auf die Rückbank. "Wir können gehen", war das einzige, was er von sich gab. Er tat mir leid und aus erklärlichen Gründen konnte ich ahnen, wie er sich gerade fühlte.

"Also gut. Auf gehts zur Rettung des Twinkies". Damit startete Kie den Motor und düste los.

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