Kapitel 5

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"J ich habe es dir gesagt dass sie kommen werden", sagte Pope laut. Mein Blick wanderte zu Blondie welcher stur auf den Boden starrte. Schliesslich sah er zu dem immer noch am Boden liegendem Pope. Wütend nahm er sein rotes Cap ab und schmiss es auf den Boden. Während er fluchte, fuhr er sich durch die etwas längeren blonden Haare. "Wieso macht ihr Jungs auch immer so eine dumme Scheisse", rief Kiara aus und half Pope wieder auf die Beine. "Das ist kein Schiess Kie. Die haben Pope auf Figure Eight drangenommen. Denkst du, ich nehme das einfach so hin?!". "Du kannst auch nicht einfach auf jeden einschlagen, der dir über den Weg läuft", ergänzte Kiara. "Wollen wir wetten?"

Wenige Sekunden später hatten es Kiara und Pope geschafft, zu mir zu gelangen. Darunter erreichte mich auch JJ's Blick. Seine Augen wanderten in einer Sekunde über mich und entfachten einen kalten aber angenehmen Schauer, welcher mir den Rücken herabzog. "Du bist kein Kook", sagte er dann zu mir. Ich zog die Augenbrauen hoch. "Was lässt dich sowas denken?" Er zuckte mit den Schultern, sah mich aber immer noch an. "Ist einfach so".

"Gia, es wird bald dunkel, willst du mit uns mitkommen", fragte mich Kiara. "Ich weiss nicht ob dass so eine gute Idee ist", gab ich zu. "Komm schon, dass wird lustig". Ich seufzte. Bei den Camerons werde ich eh nicht vermisst und Sarah konnte ich ja nachher eine SMS schreiben. "Na gut, bin dabei". Kiara jubelte und hakte sich bei mir ein. Mit den Jungs, welche hinter uns nachtrotteten, liefen wir zu John B's Haus. Anscheinend ein weiteres Mitglied der Pogue-Gang.

Während wir liefen, spürte ich einen wie Feuer brennenden Blick in meinem Rücken. Ich wusste, von wem er stammte, schaute jedoch nicht nach hinten, um mir nichts anmerken zu lassen.

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Wenige Minuten später kamen wir bei einer alten Fischerhütte an. Die Tür quietschte, sobald wir das Haus betraten. In einem grossen Raum, befand sich Küche und Wohnzimmer gleichzeitig. Wenn man rechts um die Ecke blickte, konnte ich ein paar Türen zu verschiedenen Räumen erkennen. "John B", rief Pope und ein Junge mit einem offenen Hemd erschien im Rahmen der Türe, welche zum Garten führte. "Was ist passiert?", fragte er JJ, als er die blutigen Handknöchel entdeckte. "Kooks", sagte Pope . "Scheisse", entwich es John B. Danach wandte er seinen Blick zu mir. Bevor ich etwas sagen konnte, übernahm Kie für mich das Wort. "Das ist Gia. Sie hat uns geholfen". "John B", stellte er sich mir vor. Ich setzte ein Lächeln auf. Damit war ich bei den Pogues willkommen.

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"Wer will n'Bier", fragte John B in die Runde. "Ich", kam es von allen Seiten. "Gia?" "Jup". Nachdem sich alle schliesslich ein Getränk geschnappt hatten, machten wir es uns draussen gemütlich.

"Kennt ihr euch schon lange?", lautete meine Frage. "Fühlt sich an wie ein Leben", lachte Kiara und sah zu den Jungs. Es musste ein gutes Gefühl sein, solche Menschen im Leben zu haben. Eine verdrängte Leere breitete sich in diesem Moment in mir aus und erinnerte mich daran, dass ich das alles nicht hatte.

"Und du Gia, woher kommst du?", fragte mich John B. Alle Aufmerksamkeit richtete sich auf mich, was mir nicht wohl war. Mein bisher auf den Boden gewendeter Blick richtete sich auf und fiel automatisch auf JJ. Seine blauen Augen strahlten in der Dunkelheit und schöpften ein wohlwollendes Gefühl aus. Nach dem Starrwettbewerb fiel mir ein, dass ich noch immer eine offene Frage zu beantworten hatte.

Ein wenig durcheinander murmelte ich "Kalifornien". Das ich aus Kalifornien stammte, war korrekt. Jedoch befand ich mich fast mein ganzes Leben in diesem Höllenloch in Texas. Die wieder aufkommenden Erinnerungen an das ganze Geschehen, überforderten mich. "Alles okay?", fragte Kiara neben mir. Meine Gefühle drehten sich im Kreis, fuhren Achterbahnen. Es geht wieder los. Ich schüttelte meinen Kopf. Nein! "Gia?", hörte ich eine plötzlich weit entfernte Stimme. Ich drehte ihnen den Rücken zu. "Bin gleich wieder da", presste ich mit Mühe hervor. Ich torkelte bis zum Haus und stützte mich dann an der Wand ab. So schnell ich konnte wollte ich weg. Ich hasste es, wenn mich jemand in diesem Zustand sah. So schwach und lästig.

Mit Mühe stürzte ich mich aus der Eingangstüre und probierte einfach weiterzugehen. Doch meine Beine wollten die Last nicht mehr tragen. An der Hauswand angelehnt, rutschte ich zu Boden. Regungslos wartete ich ab, bis alles vorbei war.

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Ich hielt mein Kopf gesenkt und meine Augen zusammengepresst. Auf einmal spürte ich, wie sich zwei Hände rechts und links auf meinen Armen platzierten. Durch das Kribbeln, welches die Berührung auslöste, wusste ich, wen ich vor mir hatte.

Und plötzlich wie aus dem Nichts war alles vorbei. Langsam öffnete ich die Augen und sah auf. Wenige Zentimeter entfernt fand ich die blauen Augen wieder. Schwach, ertönte die Stimme in meinem Hinterkopf.

Schnell wischte ich mir die eine oder andere entwischte Träne vom Gesicht und stand auf. "Alles okay?", fragte mich JJ. "Ich brauche deine Hilfe nicht", murmelte ich und sah stur nach unten. "Sah aber anders aus". Wütend sah ich ihn an. "Ich sagte, ich brauche deine Hilfe nicht", zischte ich und schlug seine Hand weg. Ich drehte mich und wollte loslaufen, was nicht ganz aufging, da ich an der Hand gepackt wurde. Ich fuhr herum und stand direkt vor ihm. Sein Duft nach Meersalz und Sommer kroch mir in die Nase. Mein Puls beschleunigte sich, als er seine Hand an mein Kinn legte. So unauffällig wie möglich hielt ich meinen Atem an, was er natürlich bemerkte. Es verlieh ihm ein Grinsen.

So schnell die Berührung gekommen war, so schnell war sie wieder fort. Die Stelle jedoch brennte weiter wie Feuer. "Oh doch, du brauchst mich Jackson". "Woher kennst du meinen richtigen Namen?" "Kie". "Und wie lautet dein richtiger Name Blondie?", frage ich ihn. Er zog eine Augenbraue hoch. "Blondie?" Ich zuckte mit den Schultern. "Maybank".

"Dann nochmal Maybank", sage ich und betonte dabei extra seinen Nachnamen. Mit zwei Schritten stand ich sozusagen ohne Abstand vor ihm und sah, wie er sich anspannte. "Ich brauche deine Hilfe nicht". Mit den letzten Worten in der Hand lief ich zurück zu den anderen Pogues.

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