Kapitel 32

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Mit dröhnendem Kopf kam ich zu mir. Um mich herum war es dunkel und ich konnte kaum etwas erkennen. Es dauerte einen Moment, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnen konnten. Mit einem kurzen Kopfkino, was passiert war, erwachte ich plötzlich aus meiner Schläfrigkeit. Durch das Schaukeln meines Körpers, bemerkte ich, dass ich mich in einem Auto befand. Auf einer Rückbank, besser gesagt. Neben mir sass der Polizist, der sich an mich herangeschlichen hat und wegen dem vorderen Spiegel konnte ich Shoupe als Fahrer erkennen. Ich war also immer noch im Gewahrsam der Polizei. "Sie ist wach, Chef", sagte der Polizist neben mir. Der Fahrer musterte mich kurz durch den Spiegel, mit welchem ich ihn erst identifizieren konnte. 

"Tut mir wirklich leid, dass wir das auf die harte Tour machen mussten Gia, aber wegen deinem Verhalten ging es nicht anders". Mit brummenden Kopf setzte ich mich auf. "Wo fahren wir hin?", fragte ich mit trockener Stimme. "Wir sind unterwegs zum Flughafen. In wenigen Minuten sind wir da". Ich musste mir dringendst etwas überlegen, sonst würde ich tatsächlich bald im Flieger nach Texas sitzen.

Da ich wusste, dass ich sobald dieses Auto anhielt, keine Chance mehr haben würde, unbemerkt davonzukommen, musste ich mir ein Grund überlegen, um jetzt sofort zu stoppen. "Ich muss mal kurz raus", sagte ich. "Wir halten jetzt auf keinen Fall an". "Mädchenprobleme", flunkerte ich. Nach einem tiefen Seufzer von Shoupe fuhr er tatsächlich rechts an. Ein kleiner Funkten Hoffnung flackerte in mir auf. "Du bist in zwei Minuten wieder da, sonst komme ich raus", warnte mich der Polizist. Ich nickte und öffnete die Autotür. "Kann ich etwas Licht haben", fragte ich Shoupe, da es draussen bereits Dunkel war. Er reichte mir eine grosse Taschenlampe, welche ich mit Freude entgegennahm. 

Um die Aufmerksamkeit nicht auf mich zu lenken, schaltete ich die Lampe noch nicht an. Mit entschlossenem Ziel vor Augen entfernte ich mich zuerst seitlich vom Polizeiwagen und begann schliesslich zu rennen, so schnell wie noch nie in meinem Leben. Die kalte Nachtluft schlug mir entgegen und meine Augen begannen zu tränen. Trotzdem rannte ich immer weiter. Zu meinem Glück entdeckte ich auf der anderen Strassenseite ein Wald, welcher als perfekte Deckung diente. Schnell überquerte ich die dunkle Strasse und begab mich in eine noch dunklere Umgebung. Nach fünf Sekunden Atempause rannte ich weiter. Der Wald reichte ziemlich lang und ging immer der Strasse nach. Mittlerweile habe ich jegliches Zeitgefühl verloren. Schweiss lief mir den Rücken hinunter und mein Herz raste vor Anstrengung. Mit der Hoffnung, dass Shoupe und der Andere mich nicht gleich finden würden, setzte ich mich hinter einen breiten Baum. Meine Beine gaben unter mir nach und ich rutschte mit dem Stamm im Rücken auf den Boden. 

Nachdem ich mich wenige Minuten später wieder fitter fühlte, rappelte ich mich auf. Als ich auf einmal links von mir ein Licht erkennen konnte, versteckte ich mich hinter dem Baum. Ich sah den Polizeiwagen auf der Strasse vorbeifahren und atmete erleichtert aus. Wahrscheinlich meinten sie, ich hätte eine Mitfahrgelegenheit oder sonstiges genommen, um so schnell wie möglich zu verschwinden. 

Ich lief immer weiter solange mich meine Beine noch tragen konnten. Irgendwann schlief ich schier im Stehen ein und beschloss, mich kurz hinzusetzen. Doch aus dem wurde nichts, denn ich nickte gleich weg, als mein Kopf sich an einem Baumstamm anlehnen konnte und mein Körper zu Ruhe kam.

Das Zwitschern von Vögel war das, was mich aufwachen liess. Mein Magen knurrte und etwas Laubartiges hatte sich in meinen Haaren verfangen. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich auf dem Waldboden lag. Frustriert darüber, dass ich immer noch in diesem scheiss Wald festsass, riss ich mir den Dreck aus den Haaren und band diese mit zwei sich an meinem Handgelenk befindenden Haargummis zu einem wilden Dutt zusammen. 

Mit letzter Hoffnung wagte ich mich auf die Hauptstrasse zurück. Da ich nicht einmal mein Handy oder sonstiges dabeihatte, probierte ich vorbeifahrende Autos zum anhalten zu bringen. Tatsächlich klappte es beim dritten. Eine ältere, nett aussehende Frau befand sich hinter dem Steuer. 

"Was machst du ganz alleine hier draussen?", fragte sie mich mit freundlichem Unterton. "Ich habe mich verirrt, könnten Sie mich ein Stück mitnehmen?" "Na klar, steig ein mein Kind". Ich bedankte mich mehrere Male bei ihr und stieg respektvoll auf die Rückbank. "Ich fahre zu einem meiner Liebelings-Läden, kennst du Heyward's?", fragte sie mich nach einer stillen Minute. "Ja, sein Sohn ist ein guter Freund von mir", antwortete ich ihr freundlich, obwohl ich mit meinen Kräften am Ende war. "Super, kann ich dich in diesem Fall da rauslassen?" "Das wäre super", sagte ich leise und lehnte mich dann zurück. 

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"Kind", sagte eine Stimme, welche mich aus dem Schlaf riss. Schnell rappelte ich mich auf und sah die Frau vor mir. "Wir sind da". Schnell stieg ich aus dem Auto. Es fühlte sich so an, als würde mir ein Stein vom Herzen fallen, als ich die bekannte Umgebung musterte. "Ich danke ihnen viel Mals", wandte ich mich noch einmal meiner Retterin zu. Die Frau winkte ab und verabschiedete sich dann freundlich. Währenddessen zog ich mir die Kapuze meiner übergezogenen, schwarzen Jacke tief ins Gesicht, sodass mich ja keiner erkennen würde. 

Jetzt gleich bei John B aufzutauchen wäre viel zu gefährlich. Da ich nicht lang hatte, zum Cut zu gelangen, machte ich mich auf den Weg zu Kiara. Nach wenigen Minuten Laufzeit tauchte ihr grosses Haus in meinem Blickfeld auf. Seitlich kletterte ich die Leiter zu ihrem Zimmerfenster rauf und klopfte nach einem kurzen Kontrollblick in das Zimmer, an die Fensterscheibe. Schon nach dem ersten Klopfen tauchte sie auf. Auf ihrem Gesicht bereitete sich ein erfreutes Lachen der Überraschung aus, während sie das Fenster aufschob. "Gia, ich verstehe nicht, wie kommst du hierher?" "Ich konnte abhauen". "Echt jetzt?" Ich nickte und kletterte die letzten Meter in ihr Zimmer. "Man sieht es dir auf jeden Fall an", murmelte Kie und schob mich direkt ins Badezimmer. "Ich lege dir nachher ein paar Klamotten hin. Geh erst mal duschen und sieh zu, dass meine Eltern dich nicht bemerken". Ich bedankte mich bei ihr und schloss die Türe des zu Kie's Zimmer angeschlossenen Bades. 

Nachdem ich die hingelegte, lockere Adidas-Trainerhose mit einem weissen Top anzog, schleppte ich mich zu Kie ins Bett. "Wir treffen uns morgen alle bei John B, um weitere Beweise zusammenzutragen", sagte mein Gegenüber müde. "Okay", murmelte ich schon halb weggetreten. Gleich danach fiel ich in einen dringen benötigten, tiefen Schlaf.

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