Seit dem gemeinsamen Nachmittag habe ich nichts mehr von Minna gehört. Natürlich war sie in der Schule, wo wir nur flüchtig miteinander gesprochen haben, aber trotzdem...
Mittlerweile bin ich mir zu hundert Prozent sicher, dass ich auch auf Mädchen stehe und langsam bekomme ich das Bedürfnis, mit jemandem darüber zu sprechen.
Rita und ich kennen uns schon ewig. Sie wohnt am anderen Ende der Stadt und ist sowas wie meine beste Freundin. Wir teilen gemeinsame Erinnerungen an die Grundschule und generell ist sie eine der wenigen Personen, denen ich vertraue.
Leider hat sie ziemlich viel zu tun seit sie mit ihrer Ausbildung angefangen hat und so können wir uns nur sehr selten sehen.
Ich will ihr schon seit längerem von der Sache erzählen, habe es aber bis jetzt immer vor mir hergeschoben. Aber jetzt muss ich wirklich mit jemandem reden und so schreibe ich ihr, ob wir uns heute Abend in der Stadt treffen wollen und vielleicht zusammen Pizza essen gehen oder so.
Da Rita anscheinend noch auf Arbeit ist, liest sie meine Nachricht nicht sofort und ich setze mich zuerst an meine Hausaufgaben.Klar können wir uns treffen...wir haben uns sowieso ewig nicht mehr gesehen
Die Antwort kommt, als ich gerade mit Englisch fertig bin und ich frage Rita, ob 18:15 Uhr bei unserer Lieblingspizzeria in Ordnung ist. Sie schreibt, dass es okay ist, es aber möglich wäre, dass sie ein bisschen später kommt. Natürlich ist das kein Problem.
Langsam werde ich nervös. Zwar dachte ich die ganze Zeit, dass es helfen könnte, mit jemandem darüber zu sprechen, doch jetzt, wo es ernst wird, bekomme ich Angst.
Wie wird Rita es aufnehmen? Ja okay, sie ist ziemlich neutral bei sowas. Wir geben uns zwar gegenseitig Ratschläge und so, aber wir verurteilen uns nicht gegenseitig. Jede lässt die andere ihr Leben so leben, wie sie es will und akzeptiert es. Das ist einer der Punkte, wieso ich diese Freundschaft so schätze.„Wo willst du denn schon wieder hin?", fragt mich meine Mutter, als ich gerade, mit frisch gemachten Haaren, aus dem Bad komme und mir meine Jacke vom Haken nehme.
„Ich gehe mit Rita essen. Wir haben uns ewig nicht mehr gesehen und haben einiges zu besprechen", erkläre ich und sehe meine Mutter skeptisch nicken.
„Okay, wie lange bleibst du weg?", fragt sie und ich zucke mit den Schultern.
„Mal sehen. Vielleicht so bis um acht oder halb neun. Je nach dem, wie viel wir uns zu erzählen haben."
Ich weiß, dass meine Mom nichts dagegen hat. Heute ist Samstag und ich muss somit morgen nicht zeitig aufstehen. Sie nickt nur und lässt mich dann zum Glück in Ruhe.
Auf dem Weg in die Stadt gehe ich im Kopf durch, was ich Rita sagen will. Ist es wirklich so schlau, ihr davon zu erzählen? Ich weiß es nicht. Aber ich brauche eine Meinung beziehungsweise muss ich mit jemandem darüber reden, der mir vielleicht sogar einen guten Rat geben kann.Die nette Dame, mit der ich schon am Telefon gesprochen hatte, um einen Tisch zu reservieren, nimmt mich in Empfang und bringt mich zu einem Tisch im hinteren Teil des Restaurants. Ich bedanke mich bei ihr und erkläre, dass ich noch auf jemanden warte, als sie mich nach meinem Getränkewunsch fragt. Sie lächelt und verschwindet wieder hinter der kleinen Bar.
Unruhig sehe ich abwechselnd auf mein Handy und den alten Mann am anderen Ende des Raumes, der gerade an seinem Bier nippt. Er ist die einzige Person außer mir, die hier ist und während ich so über das Restaurant und wie oft ich schon hier war nachdenke, vergeht die Zeit fast wie im Flug.„Ally?", fragt mich eine Stimme, die Person tippt mir kurz auf die Schulter. Ich drehe mich um und erblicke Rita, die sich heute besonders schick gemacht hat. Ihren dunkelbraunen, langen Pony hat sie sich mit einer Haarspange zur Seite gesteckt. Der Rest der ansonsten kurzen Haare steht irgendwie von ihrem Kopf ab. Dazu trägt sie einen blau-weiß gestreiften Pulli und eine schlichte, blaue Jeans.
Rita rückt ihre Brille zurecht und lacht verlegen: „Ich war mir nicht sicher, ob du es wirklich bist."
Auch ich muss schmunzeln und deute mit einem Nicken auf den Stuhl mir gegenüber. Meine Freundin lässt sich darauf nieder und beobachtet mich skeptisch.
„Das haben wir lange nicht mehr gemacht", stellt sie fest und ich nicke.
„Ja...irgendwie schade, findest du nicht auch?"
Sie nickt zustimmend und greift nach der Getränkekarte.
Kaum habe ich mich entschieden, eine Cola zu bestellen, taucht die Kellnerin am Tisch auf.
„Darf es nun etwas zu Trinken sein?", fragt sie und ich nicke.
„Für mich bitte einen Orangensaft", sagt Rita und lächelt die korpulente Frau an, die unsere Bestellung aufnimmt.
Nachdem auch ich ihr meinen Wunsch gesagt habe, verschwindet sie kurz, kommt aber gleich darauf wieder, um uns die Speisekarten zu geben.
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What We Could Be
Teen FictionWas machst du nur mit mir? frage ich und bin mir nicht so ganz sicher, ob ich das laut ausgesprochen habe. Doch als Minna zu mir sieht und verlegen fragt: "Wie bitte? Ich habe nicht ganz verstanden, was du gesagt hast", weiß ich, dass ich es laut ge...