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Wir sitzen gerade beim Abendessen, als ich nach meiner Gabel greifen will und mein Handy im Augenwinkel aufblinken sehe.
Als ich Minnas Name erkenne, wird mir etwas mulmig. Was kann denn bitte so wichtig sein, dass sie mich um diese Uhrzeit anruft?
Obwohl ich weiß, dass meine Eltern rummeckern werden, nehme ich den Anruf an und höre meine Freundin am anderen Ende schluchzen. Sofort sinkt mir das Herz in die Hose. Ich stehe auf, um in mein Zimmer zu gehen und lasse mich dort auf den Teppich nieder.
"Hey, was ist denn los?", frage ich und sie schnieft wieder.
"Meine Eltern...sie...sie haben mich rausgeworfen..."
Ich schnappe nach Luft: "Was?", frage ich entsetzt und beiße mir auf die Unterlippe.
"Gerade eben?"
"Nein...schon vor ein paar Tagen...Ich war bis...vorhin bei meiner Tante...aber als sie...sie hat mit meinen Eltern gesprochen und jetzt...jetzt ist sie auch wütend..."
Ich runzle die Stirn: "Aber wieso denn? Was hast du denn gemacht?"
Mir fällt echt nichts ein, was Minna getan haben könnte, was so schlimm ist, dass ihre Familie sie wegstößt.
"Ich habe ihnen erzählt, dass ich mit dir zusammen bin. Daraufhin meinte mein Dad, dass ich nicht länger seine Tochter sei und ich gefälligst meine Sachen packen solle."
Ich schlage mir erschrocken die Hand vor den Mund.
"Und das hast du getan?!"
"Ja", sie schnieft, "...kann ich zu euch kommen?"
Ich hole tief Luft: "Aber natürlich. Wo solltest du denn sonst hin? Soll ich dich abholen oder..."
"Ich bin schon da...", ein leises Lachen überkommt ihre Lippen und sofort lege ich auf, stürme zur Tür raus, greife nach meiner Jacke, ziehe schnell die Turnschuhe drüber und sprinte die Treppe hinunter. Ich höre noch, wie meine Mom mir was hinter her ruft, doch das ignoriere ich, denn das einzige, was jetzt gerade zählt ist Minna.
Als ich in die Nacht trete, müssen sich meine Augen erstmal an die Dunkelheit gewöhnen, doch nach wenigen Sekunden sehe ich Minna am Gartentor stehen und gehe auf sie zu. Ich lege meine Arme um ihren Körper und bemerke, wie sie vor Angst zittert.
"Alles wird gut", versuche ich sie zu beruhigen und drücke einen Kuss auf ihre Lippen. Als ich mit meinem Zeigefinger ihre Wange streichele, bemerke ich, wie kalt ihre Haut ist und greife nach ihrer Hand, um sie nach drinnen zu führen.

Oben steht meine Mutter schon im Flur und mustert uns skeptisch.
"Minna?", sagt sie erstaunt und lässt ihren Blick an meiner Freundin hinabwandern.
"Was ist denn passiert?", fragt Mom schockiert und nimmt ihr die Jacke ab, ehe sie in die Küche geht, um Wasser aufzusetzen. Wir folgen ihr, doch Minna sagt nur, dass etwas Schlimmes passiert sei, worüber sie nicht reden wolle.
Meine Mom nickt voller Verständnis und stellt schließlich den Tee vor meiner Freundin auf den Tisch.
"Ich lass euch mal allein. Ach...Ally, wenn du noch eine Decke oder so noch für Minna brauchst, sag Bescheid. Ich geh zurück ins Esszimmer."
Ich nicke, bedanke mich bei ihr und sehe dann zu meiner Freundin, die an dem heißen Tee nippt.
"Wie lange standest du schon unten?", will ich wissen.
"Nicht lange. Ich habe dich angerufen, da bin ich gerade angekommen."
Ich nicke nur.

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