Schließlich kommen wir an und ich bin froh, dass ich endlich aus dem muffigen Zug steigen kann.
Die Luft draußen ist frisch aber nicht unangenehm.
Ich will gerade fragen, wo wir lang gehen sollen, da greift Minna nach meiner Hand und führt mich durch das Bahnhofsgebäude, über den Parkplatz und schließlich über die Hauptstraße davor.
Der kalte Wind bläst Minna ihr Haar ins Gesicht und sie streicht es sich wieder zurück. Ich sehe zum Himmel hinauf und verziehe das Gesicht.
"Vorhin sah das Wetter aber noch schöner aus", bemerke ich und beobachte, wie meine Freundin es mir gleich tut und auch den Kopf in den Nacken legt.
"Ach Mist", kommentiert sie und nimmt ihr Handy aus der Tasche, um darauf herumzutippen.
Als ich die ersten Tropfen auf meinem Haar spüre, sehe ich zu Minna.
"Komm mit!", sie deutet auf eine Gasse und ich folge ihr. In diesem Teil der Stadt war ich, wenn überhaupt, erst einmal und trotz des Regens sehe ich mich gespannt um.
Wir biegen um eine Häuserecke und gehen einige Meter weiter. Der Regen wird stärker und ich erkenne nur einen kleinen Vorgarten und dahinter schließlich ein kleines Mehrfamilienhaus.
"Wohnst du hier?", frage ich Minna, als wir uns unter das Vordach stellen und sie in ihrer Jackentasche zu kramen beginnt.
Sie nickt: "Ja..."
Dann hat sie schließlich irgendwann ihren Schlüssel gefunden und schließt die Tür auf.
Wir betreten ein dunkles Treppenhaus und ich folge ihr die Stufen nach oben.
Im zweiten Stock angekommen, bittet Minna mich, meine Schuhe vor der Tür abzustellen und ich streife die Sneakers von meinen Füßen, während sie mir die Wohnungstür aufhält.
"Hereinspaziert", sagt Minna, wenn auch ein bisschen schüchtern.
Ich trete über die Schwelle und mir steigt ein Duft von Weihnachten in die Nase.
Automatisch muss ich lächeln, als ich an unser erstes, richtiges Gesprach denke.
Es war letztes Jahr, ziemlich am Anfang des Schuljahres:Was für ein nerviges Thema! Ich verdrehe die Augen. Fällt unserer Religionslehrerin wirklich nichts besseres ein?
Wir sollen bis in ein paar Wochen einen Vortrag zu den christlichen Feiertagen halten. Ich hoffe, ich bekomme Weihnachten, das ist nämlich mein Lieblingsfest.
"Und...weißt du schon, was du nehmen willst?", frage ich Minna, die gerade noch was in ihren Unterlagen notiert hat. Sie sieht zu mir auf und lächelt mich an.
Dann zuckt sie jedoch mit den Schultern: "Ich bin ehrlich gesagt nicht gerade scharf drauf, einen Vortrag zu halten."
Ein verlegenes Lachen überkommt ihre Lippen und ich muss lächeln.
"Ich glaube, ich nehme Weihnachten, das ist mein Lieblingsfest."
Minna nickt: "Ja, oh mein Gott. Ich liebe ja Weihnachtslieder. Ich fange schon im September an, welche zu hören."
Ich reiße erstaunt die Augen auf: "Echt? Okay...so krass ist es jetzt bei mir nicht."
Dann reden wir noch über Weihnachtsschmuck, -gebäck und was uns sonst noch zu dem Thema einfällt.Ach...ich atme selig aus und bemerke erst, dass Minna mich anstarrt, als sie mit der Hand vor meinen Augen herumwackelt.
"Erde an Ally...Hallo?"
Ich schüttele kurz den Kopf, kneife die Augen zusammen und komme wieder zu mir.
"Ja...äh...sorry, was hast du gesagt?"
Minna lacht: "Gar nichts. Aber jetzt wüsste ich gerne, an was du gedacht hast."
Ich glaube, ich werde rot, denn auf einmal spüre ich eine angenehme Wärme in meine Wangen steigen und lächle verlegen.
"An dich", gebe ich schüchtern zu, während ich Minna in ihr Zimmer im hinteren Teil der Wohnung folge.
"Ach ja?", fragt sie und schließt hinter uns die Tür.
Ich sehe mich um. Das Zimmer ist nicht viel größer als meins. Rechts von der Tür steht Minnas Kleiderschrank, gegenüber der Schreibtisch. Auf der linken Seite ihr Bett und neben dem Fenster auf der rechten Seite, befindet sich eine Tür, die zum Balkon rausführt.
"Also...willkommen in meinem Reich", sie lacht verlegen, "...mach es dir bequem."
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What We Could Be
Teen FictionWas machst du nur mit mir? frage ich und bin mir nicht so ganz sicher, ob ich das laut ausgesprochen habe. Doch als Minna zu mir sieht und verlegen fragt: "Wie bitte? Ich habe nicht ganz verstanden, was du gesagt hast", weiß ich, dass ich es laut ge...