24.

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Minna und ich sitzen zusammen auf meinem Bett. Ihr Geständnis und das ganze Drama mit meiner Familie ist jetzt etwas mehr als zwei Wochen her. Meine Mom ist immer noch skeptisch, was das Ganze betrifft, aber wenigstens redet sie wieder normal mit mir. Es hat einige Tage gedauert, bis mein Dad (ja, mein Dad) sie davon überzeugen konnte, dass ich ja alt genug sei und wisse, was ich mache. Danach ging es wieder bergauf und sie begann, mich wieder normal zu behandeln.

Es fühlt sich merkwürdig, aber irgendwie vertraut an, wie Minna und ich hier in meinem Bett sitzen.
Die einzige Frage, die mir noch durch den Kopf geht ist: Hatte Minna schon mal eine Beziehung oder ist das Ganze hier genauso neu für sie, wie für mich?
Da ich sie das schlecht fragen kann, überlege ich, wie ich das Thema elegant anschneiden könnte.
Die Stille hängt zwischen uns und irgendwann platzt die Frage einfach so aus mir heraus.
Minna reißt erschrocken die Augen auf und verschluckt sich an dem Wasser, das sie gerade getrunken hat.
Ich rutsche näher zu ihr und streiche vorsichtig über ihren Rücken, während sie hustet.
"Ähm...", ich kann an ihrem Gesichtsausdruck sehen, wie sich die Gedanken in ihrem Kopf quasi überschlagen und muss schmunzeln.
Mein Leben ist, seit dem wir uns kennengelernt haben, viel aufregender und ich glaube, das tut mir gut.
"Ja", sagt sie auf einmal und ich frage mich, auf welchen Teil der Frage das nun zutrifft.
"Ja, du hattest schon mal einen Freund oder ja, das ist auch alles neu für dich?"
"Ersteres", sie rümpft die Nase und ich lege die Stirn in Falten.
Minna nickt und sagt: "Pierre und ich wir...wir waren drei Jahre lang zusammen."
Wieder verzieht sie das Gesicht und fährt fort: "Ich habe ihn vor fünf Wochen verlassen!"
Fünf Wochen?
Fünf Wochen ist es ungefähr her, dass ich Minna im Park geküsst habe...
Ich schlage mir die Hand vor den Mund, als mir das bewusst wird.
"War es davor oder...", sie lässt mich gar nicht weiterreden, sondern antwortet sogleich: "Danach."
Oh.Mein.Gott.
"Das heißt...", beginne ich und wieder unterbricht Minna mich.
"Ja...ich habe ihn betrogen. Und weil in dem Moment Gefühle in mir aufstiegen, von denen ich nicht mal gewusst hatte, dass sie existieren, war ich so...so..."
Ich nicke, denn ich kann mich nur allzu gut an den peinlichen Moment erinnern.
Dann schweige ich, denn ich muss die ganze Sache erstmal verarbeiten.
Sie hat ihren Freund verlassen und sich für mich entschieden!
"Ally...", ich sehe zu Minna, deren Augen auf mir ruhen ich lächle sie an.
"Ich liebe dich", sagt sie vorsichtig und für einen kurzen Moment ist es, als würde die Zeit still stehen.
"Und ich liebe dich", bringe ich hervor und sehe Minnas Lächeln.
In diesem Moment spüre ich es wirklich, dieses warme Gefühl in mir drin...Liebe.
Ja, ich liebe dieses Mädchen mehr als alles andere auf dieser Welt.
Minna kommt ein Stück auf mich zu und ich strecke ihr meine rechte Hand entgegen, die sie, noch etwas schüchtern, ergreift. Dann ziehe ich sie so nah zu mir, dass ich sie küssen kann.
Als unsere Lippen aufeinandertreffen, fahre ich Minna mit der Hand durch die braunen Haare. Ihr Kuss ist schüchtern, doch umso länger unsere Zungen miteinander verschmelzen, desto mutiger wird sie und legt ihre zierlichen Finger an meinen Hals.
Wir fallen zusammen auf die Kissen in unserem Rücken und müssen lachen. Doch als mir einfällt, dass es schon fast Mitternacht sein muss, bedeute ich ihr, dass wir leise sein müssen.
Zwar ist Alex im Nebenzimmer noch wach und quatscht mit seinen Kumpels, trotzdem will ich nicht lauter als nötig sein.

Ich lege meinen Arm um ihre Schulter und sie schmiegt sich an mich.
Wow...dieses Gefühl ist so schön, dass es sich fast nicht real anfühlt.
"Willst du schlafen?", frage ich die schwarzhaarige Schönheit in meinen Armen und sie schüttelt den Kopf.
Wir sehen aus dem Fenster über meinem Bett und erblicken die sternenklare Nacht.
"Das ist wunderschön", sagt Minna, "...ich könnte die ganze Nacht wach bleiben."
Ich nicke: "Ich auch."
Ich spüre, wie sie lächelt und kann mir ein Grinsen auch nicht mehr verkneifen.
Irgendwann gähnt sie und auch ich spüre die Müdigkeit.
"Schlaf gut", flüstere ich und hauche einen kurzen Kuss auf ihre Stirn.
"Du auch", murmelt Minna und schon höre ich ihre ruhigen Atemzüge.
Wie soll ich jetzt bitte einschlafen, wenn sie bei mir liegt?
Minna schläft schon längst in meinen Armen und ich kann mein pochendes Herz immer noch nicht beruhigen.

Auf einmal klopft es an meiner Tür und ich verdrehe die Augen. Es ist klar, dass es mein Bruder ist. Aber was will er denn jetzt ausgerechnet?
Vorsichtig ziehe ich meinen Arm unter Minna hervor und achte dabei drauf, dass ich ein Kissen unter ihren Kopf lege. Sie atmet kurz stärker und ich befürchte schon, dass sie aufwacht, doch sie dreht sich bloß zur Seite und schläft ruhig weiter.
Vorsichtig stehe ich auf und gehe zur Tür.
„Was ist?", flüstere ich und trete zu Alex auf den Flur.
Mein Bruder kratzt sich an der Nase, sieht mich skeptisch an und fragt: „Wer ist in deinem Zimmer?"
Ich schnaufe.
„Minna."
Alex reißt erstaunt die Augen auf, dann nickt er mit einem wissenden Lächeln und ich verdrehe die Augen.
„Das passt dir gut, oder?"
„Was?", frage ich verwirrt und Alex lacht kurz.
„Das Mom und Dad nicht da sind."
Ich zucke mit den Schultern. Ja, es ist ein Grund, warum Minna ausgerechnet heute bei mir übernachtet, jedoch wollte ich meinem Bruder nichts davon erzählen.
„Seid ihr jetzt...zusammen?", fragt er neugierig und ich entscheide mich, es ihm zu sagen. Er hält dicht. Das ist klar. In letzter Zeit redet er eh mehr mit seinen Kumpels als mit unseren Eltern, also wäre das Geheimnis sicher.
Ich nicke: „Ja, aber pscht. Wir wollen es vorerst eigentlich noch niemandem sagen. Erst, wenn wir uns wirklich sicher sind."
Alex nickt und schüttelt dann grinsend den Kopf: „Sorry, Ally aber ich wusste die ganze Zeit, dass bei dir was faul ist."
„Faul?", ich sehe ihn verwirrt an und ich folge ihm in sein Zimmer, wo wir uns auf sein Bett setzen. Im Flur sind wir viel zu laut und ich will nicht, dass Minna aufwacht.
„Naja...du bist achtzehn und hattest noch keinen Freund..."
Ich ziehe die Augenbrauen hoch: „Ja und? Du bist fast sechzehn und hattest noch keine Freundin."
Er schüttelt den Kopf: „Du weißt, wie ich das meine. Das ganze Ding...das du mit einem Mädchen zusammen bist, dass...das passt irgendwie besser. Verstehst du?"
Ich wiege nachdenklich meinen Kopf: „Wenn du meinst."
Mein Bruder sieht mich an und ich wüsste gerne, was gerade in seinem Kopf vorgeht. Dann steht er auf, klopft mir kurz auf die Schulter und ich will schon wieder in mein Zimmer verschwinden, da drehe ich mich nochmal um und höre ihn sagen: „Viel Glück euch beiden."

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