What We Could Be

42.

Als ich am Montagmorgen vor der Schule auf Minna warte, beschleicht mich wieder dieses merkwürdige Gefühl.
Ist Sophie immer noch so merkwürdig drauf, wie am Wochenende?
Ich hoffe, dass wir das klären können. Zwar kann so eine Meinung nur in seltenen Fällen geändert werden, aber bei meiner Mom ging es ja auch irgendwie. Na gut, sie ist meine Mom...aber trotzdem.

"Morgen", Minna überquert gerade die Straße und kommt geradewegs auf mich zu.
"Hey", sage ich und ziehe sie zu mir, um ihr einen Kuss auf den Mund zu hauchen.
"Ist das...", beginne ich, als wir uns wieder voneinander lösen.
Sie nickt: "Ja, es ist okay. Ich bin bereit..."
Ich merke, dass sie es mehr zu sich selbst sagt, als zu mir, jedoch nicke ich und hauche ihr sofort noch einen Kuss auf die Wange. Ich muss lächeln, als ich sehe, wie fröhlich Minna auf einmal wirkt, doch das Lächeln erlischt, als ich Sophie von weitem erkennen kann, die bei unserem Anblick das Gesicht verzieht.
Frustriert stöhne ich, jedoch greift Minna in dem Moment nach meiner Hand und führt uns zum Klassenzimmer.

Kaum jemand beachtet uns und wir gehen auf unsere Plätze zu.
"Hallo", Maureen sitzt schon auf ihrem Stuhl am Fenster und grinst, als sie uns sieht.
"Morgen", sagen Minna und ich fast gleichzeitig und setzen uns.
Maureen fängt sofort an über irgendwas zu reden, doch das bekomme ich kaum mit, da Sophie gerade das Zimmer betritt.
Begleitet wird sie von Pauline und Hermine. Sophie und Pauline lachen so heftig über einen Witz, den Hermine anscheinend gemacht hat, dass es mir einen Stich versetzt. Ich hatte gedacht, Sophie wäre anders...
Ich will sie schon begrüßen, als sie sich neben mich setzt, doch da sie in ihr Handy vertieft ist und selbst nichts sagt, halte ich lieber den Mund.

Die Stunde beginnt und unsere Lehrerin fordert uns zu Partnerarbeit auf. Aufgrund unserer Sitzordnung bin ich gezwungen, mit Sophie zu arbeiten...
"Also...", beginne ich und merke, wie sie stark einatmet.
"Was?", frage ich angenervt und sehe, wie sie die Augen verdreht.
Ich hole das Buch raus und hoffe auf eine Antwort. Nach einigen Sekunden zischt sie dann jedoch: "Was denkst du dir eigentlich?"
Ich sehe sie verwundert an.
"Die ganze Sache. Du weißt schon..."
Jetzt verdrehe ich die Augen.
"Was ist damit? Was ist denn dein Problem?"
Ehrlich gesagt will ich dieses Thema nicht im Unterricht durchkauen und genauso angenervt, wie ich bin hört sich auch meine Stimme an.
"Mein Problem ist, dass du glaubst, etwas zu wissen bei etwas wo du nicht mal den Ansatz von einer Ahnung hast."
Mein Lachen klingt schnaubend und ich schüttele fassungslos den Kopf.
"Das ist nicht dein Ernst, oder?"

"Ally, Sophie...könntet ihr bitte etwas leiser reden", bittet uns unsere Lehrerin und wir nicken freundlich.
"So und jetzt zu Englisch", ich deute auf das Buch vor uns, doch sie schüttelt den Kopf.
"Komm' schon, dass ist Kindergarten, was du hier abziehst..."
"Ach, das ist Kindergarten? Und was ist deine Situation dann bitte?"
Ich bin mir sicher, mittlerweile hat die ganze Klasse unsere Diskussion mitbekommen und ein Großteil wird wissen wollen, wieso wir so drauf sind. Aber den Grund werde ich sicher nicht sagen.
"Also findest du wirklich, es ist nicht lächerlich, dass Minna und du auf einmal ein Paar seid?", jetzt war Sophies Stimme so laut, dass selbst unsere Lehrerin aufschaut und ich schlage mir angenervt an die Stirn.
"Geht's vielleicht noch lauter?", zische ich zu Sophie, die jedoch nur lacht.
"Ach...sollten die anderen noch nichts davon erfahren? Aber wieso denn, ich dachte ihr wärt cool damit?"
Jetzt reicht es eindeutig.
Ich will schon was erwidern, da kommt unsere Lehrerin dazwischen: "Sophie...Ally...wie wäre es, wenn ihr eure Diskussion im Pausenraum fortführt. Wir würden nämlich gerne mit dem Unterricht weitermachen."
Ich ringe mir ein Lächeln ab, greife nach meiner Tasche und verlasse den Raum. Egal, ob Sophie mir jetzt folgt oder nicht, ich muss aus dem Zimmer raus.
Auf dem Gang werden meine Schritte immer schneller, während ich auf den Raum am Ende des Flurs zusteuere.
Hinter mir höre ich, wie die Tür vom Klassenzimmer zugeht und als ich mich umdrehe bemerke ich Sophie, die mir folgt.