Szene 36

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Die Situation ist leicht angespannt. Keiner traut sich etwas zu sagen. Wir klettern einfach den Schachtweg entlang und hoffen eine passende Öffnung zu finden. Mein Kopf nutzt die Stille, um sich Gedanken darum zu machen, was geschehen wird, wenn wir vor Janine stehen. Beziehungsweise, ob wir es überhaupt bis dorthin schaffen. Wie sie reagieren wird und wie das ganze ausgeht. Unser Ziel ist klar: Wir wollen sie endlich schnappen und dafür sorgen, dass sie nicht mehr so schnell irgendetwas “anstellen” kann. Was sie vor Augen hat, weiß jedoch keiner. Vielleicht haben sie uns auch nur hierher gelockt und gewartet, dass wir uns bei ihnen zeigen nach all den Jahren, so würden wir praktisch selbst in die Falle treten. Wieso hätte sie uns am Anfang sonst so schnell das Vertrauen geschenkt und uns so leicht reingelassen? Ich habe mir sowieso alles ganz anders vorgestellt. Ich mein warum...
„Aua!”, ertönt es aus Nicks Mund, der seine Hand sofort zurück zieht und komische Grimassen zerrt.
„Was ist?”, frage ich ihn ausversehen etwas lauter.
„Pscht!”, hält er mir seinen Finger vor meine Lippen. „Du hast mir meine Finger eingeklämmt.”, für eine Sekunde verstehe ich erst gar nicht, was er meint. Ich bin ihm ganz normal hinterher geschlichen. Dann sehe ich das Licht das leicht hinter ihm in den Schacht strahlt. Eine Öffnung. Er muss stehen geblieben sein und ich habe mal wieder geträumt.
„Sorry.”, flüster ich ihm zu.
„Nick guck mal vorsichtig kurz raus, wo wir uns befinden.”, meldet sich Christina hinter mir.
Nick dreht sich zur Öffnung und schaut durch die kleinen Spalten. Das Licht ist für eine kurze Sekunde weg und er fällt erschreckend nach hinten.
„Ist nur jemand vorbei gegangen. Wir sind oben.”, murmelt er.
Ich lächel erleichtert auf, solangsam würde ich echt gerne wieder auf beiden Beinen stehen und das Licht sehen. Außerdem werden sie uns so oder so bald hier finden, da wir ja nicht spurlos verschwunden sein können.
„Gut.”, sagt Christina. „Ich verständige sofort die anderen.” Sie nimmt ihr Handy hervor.
„Hallo?Sara, Xenia?”
„Christina? Wie weit seid ihr?”, ertönt es aus dem Handy.
„Wir haben es.”, antwortet Christina.
„Wo seid ihr?”
Ouh. Wenn wir eins vergessen haben, dann wie um alles willen sollen sie uns finden? Christina und Nick gucken mich fragend an, während ich ebenfalls planlos meine Schultern hochziehe.
„Ich habe keine Ahnung, wie ich das erklären soll.”, sagt sie zu den anderen.
Kurz ist es ruhig, sie seuftzt auf, dann sagt sie weiter: „Passt auf, ich komm an die Kreuzung, an der wir uns getrennt haben, geht einfach nochmal den Weg zurück.”
Sie legt auf und wendet sich an uns. „Okey eigentlich gefällt mir das Ganze ja nicht euch alleine hier zu lassen , aber es geht nicht anders. Ihr bleibt hier, rührt euch nicht von der Stelle. Wenn jemand kommt sprüht ihr das rum und dann kommt ihr zu uns.”, sie gibt uns das Spray in die Hand und macht sich auf den Weg zurück.
Ich und Nick setzten uns mit dem Rücken an das Stahl, ein Meter seitlich von der Öffnung , damit wir die Öffnung perfekt im Auge haben, uns jedoch keiner so schnell sehen kann.
„Ich schätze jetzt ist auch nicht der perfekte Zeitpunkt?”, fragt er mich mit einem leichten Grinsen. Ich weiß zuerst nicht, was er mit dem perfekten Zeitpunkt genau meint, doch dann fällt mir nochmal ein,über was wir vor dem Flug geredet haben.
„Eigentlich ein sehr schlechter Zeitpunkt, da hast du Recht. Aber das ganze ist so spannend und ausgefallen, dass es wieder romantisch ist, findest du nicht?”, unsere Blicke treffen sich und wir fangen über meine Worte beide an zu lachen. „Und jetzt küss mich.”, flüstere ich ihm ernst zu. Er nimmt meinen Hals in seine Hände und unsere Lippen berühren sich wieder. Es fühlt sich an, wie auf der Bank, ich vergesse alles um mich herum. Nur das es hier ein wenig gefährlicher und riskanter ist. Unsere Lippen trennen sich wieder, doch er hält mich immer noch mit beiden Händen fest. „Du hast recht.”, wir fangen wieder leicht an zu lachen. „Ich liebe dich.”, sagt er zu mir mit einer sanften Stimme. „Und ich dich erst.”, als plötzlich laute Geräusche durch den Schacht schallen und er seine Hände zurückzieht. Wir gucken uns beide ängstlich an und wissen nicht wie wir reagieren sollen. Zugleich kommem drei Gestalten schnell auf uns zugekrabbelt.
Ich kneife meine Augen zusammen und erkenne, dass es zum Glück nur Sara, Xenia und Christina sind. Woher kamen dann die Geräusche. „Wir sind nicht mehr sicher, sie haben uns hier entdeckt.”, sagt Xenia.
Nick reagier sofort und öffnet den Schacht wieder mit meinem Messer. Wir klettern schnellstmöglich raus, ohne Acht zu geben, ob jemand dadrausen ist und uns erwischt.
„Wo wollt ihr denn hin?” ich erblicke vor mir auf einen muskulösen Mann , der von hier unten aussieht wie ein Riese. Er will gerade nach mir Ausholen. Auch hier reagiert Nick sofort und schießt den Mann, der alleine unterwegs ist sofort zu Boden. „War das echt nötig?”, frage ich ihn. „Ich habe einfach nicht mehr die Gedult dazu, deswegen die schnelle Art.”, zuckt er mit den Schultern und packt seine Waffe wieder weg. Ich bin geschockt, dass er so herzlos einen Menschen erschießen kann, klar, dass in ohnmacht prügeln auch nicht besser ist, aber immerhin nimmt man so einem nicht das Leben. Auch wenn er nicht zu den Guten gehört. Ich würde noch nicht mal auf die Idee kommen, wenn mir jemand die Waffe an den Hals setzten würde.
„Rechts!”, sagt Christina von hinten.
Wir laufen einfach dem Weg entlang, bis wir an einer Kreuzung alle stehen bleiben.
„Was jetzt?”, frage ich.
„Ich weiß nicht ob wir erst die anderen suchen sollen und dann zu Janine gehen sollen oder...”, sie hört mitten im Satz auf, weil sie entweder damit rechnet, dass die anderen schon längst gefangen wurden sind oder das wir  ,indem wir sie durch diese große Ebene suchen, Zeit und Chancen verlieren.
„Wir sollten wenigstens einmal versuchen sie zu finden. Ich meine, wenn sie hier sind und hilfe brauchen.”, schlägt Sara vor.
„Außerdem sind wir in der Mehrzahl, wenn wir zu Janine gehen, wer weiß wie viele da oben auf uns warten.”, sagt Xenia. Ein ständiges Hin und Her und keiner weiß, was wir jetzt tun sollen. Dazu kommt noch, dass wir mitten im Gang stehen, wo wir von allen Seiten angegriffen werden können. Also nehme ich mal ausnahmsweise die Entscheidung in die Hand und schreite meinen Weg in eine beliebige Richtung ein. „Wohin?”, fragt mich Christina von hinten. Ich drehe mich zu ihnen um. „Dumm rumstehen hat noch nie etwas gebracht. Ich seh einfach, wen wir als erstes finden und was sich ergibt.”

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