Szene 9

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Der Raum wird plötzlich kleiner um mich herum und der Fokus steht nur auf ihr.Wir gucken uns gefühlte 10 Minuten schweigend an, doch dann kann ich meine Gefühle einfach nicht mehr zurückhalten. Ich kann sie nicht mehr kontrollieren, geschweige denn beschreiben.

Die Tränen der Enttäuschung fließen nur so aus mir heraus.
„Du...”, fange ich an, doch kann meinen Satz nicht beenden.Meine Stimme ist weg, das ganze trifft mich einfach wie ein Schlag ins Gesicht.
„Bella, bitte, lass mich dir das erklären, es ist nicht so wie du denkst...ich...” Meine Enttäuschung entwickelt sich innerlich zur Wut und so reagiere ich auch, indem ich ihr in den Satz falle.
„Nix Bella!”, schreie ich sie an und bekomme einen erschrockenden Blick zurück, bin auch gleichzeitig von mir selbst erschrocken, dass ich all die Jahre so dumm war und nix gemerkt habe, nie etwas hinterfragt habe. Warum sie mich so gut kennt? Warum wir uns auf anhieb so gut verstanden haben? Warum sie mir wichtig war, obwohl sie nur meine Therapeutin gewesen ist?
„Seit ich klein bin erzähle ich dir alles...Du weißt Dinge die keiner weiß.Und du? Du belügst mich all die Jahre! Jetzt weiß ich warum du immer so reagiert hast, wenn es um meine Kindheit ging. Du wusstest die ganze Zeit, was ich  in meinen Träumen verarbeite...Träume unter denen ich leiden muss.Das meine Eltern mich angelogen haben, das kann ich nachvollziehen, aber du! Du hattest keinen Grund dazu! Du warst für mich immer wie eine große Schwester...ich habe gedacht ich kann dir vertrauen Julia...oder sollte ich sagen Tante Christina?”

Die Tränen in meinen Augen steigen immer mehr an, genauso wie bei Julia. So wie jetzt, so verzweifelt und betroffen, habe ich sie noch nie gesehen.Sie war immer die Starke, genauso wie ich. Noch ein Punkt, den wir gemeinsam haben.

Doch ich habe kein Mitleid mit ihr, sie soll leiden, wie ich all die Jahre mit diesen ganzen Lügen.
„Bella, bitte...”, sagt sie mit verheulter Stimme. Ich kann ihr nicht mehr in die Augen sehen.Wie durch eine Kurzschlussreaktion laufe ich zum blauen Knopf, drücke drauf damit sich die "Tür" öffnet und husche durch den Spalt. Ich merke wie Julia mir hinterher läuft, doch das blende ich aus.

Auch wenn ich ganz und gar nicht weiß wo ich hinlaufe, laufe ich einfach durch die Gänge, die mich einfach leiten.

Rechts...Links...Gradeaus...wieder links.

Ich will hier raus, nur zurück zu meinen Eltern. Aber nirgends sehe ich auch nur ein Fenster oder einen Ausgang, der aus dem Labyrinth führt.Manchmal kommen mir Menschen entgegen die mich nur komisch anschauen und mir aus dem Weg springen.

Es scheint als würde das Quartier unterirdisch liegen, sonst kann ich mir das alles nicht erklären.
„Isabella warte doch!” schallt es von hinten.
Ein Mann versucht nach Christinas Worten mich festzuhalten, doch schnell habe ich mich von ihm gelöst.
doch dann..
Scheiße Sackgasse...
„Für dich ab jetzt Bella.” drehe ich mich um. Nun stehen wir uns beide gegenüber.Kopf an Kopf.

Beide das Gesicht voller Tränen.

Das ist alles zu viel für mich in der letzten Zeit, ich fühle mich, als würde ich jeden Moment zusammenklappen.

Von der einen auf die andere Sekunde spüre ich ihre Arme, die mich fest umschlingen.Zuerst weiß ich nicht wie ich reagieren soll. Ob ich sie wegschieben soll, aber ich kann nicht mehr, ich will keinen Streit mehr, ich will nicht mehr schreien. Mit keinem mehr. Plötzlich ändern sich alle meine Gedanken.

Ich bin zwar wütend auf sie, doch wir teilen immer noch das gleiche Schicksal und sie hat bestimmt auch ihre Gründe gehabt.
„Ich liebe dich doch man.”, flüstert sie mir zu. „Ich dich doch auch.” sage ich ihr mit einem Lächeln zurück.

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