Szene 21

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„Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist!”, sage ich zu Nick und springe ihm an den Hals.
„Ich glaub ich musste mir hier die größten Sorgen machen.”
„Danke.”
„Danke für was? Das war ja wohl selbstverständlich .”, er schlägt den Weg zu seinem Zimmer ein.

Ich gucke den Flur entlang, ob Christina noch in der Nähe ist, doch sie ist schon längst weg.
„Keine Angst, sie regt sich schon wieder ab, aber ich kann sie auch verstehen, sie hatte genauso Angst wie ich, das dir was geschieht. Und du bist für sie alles, vergess das nicht.”, ertönt Nick nochmal hinter mir. „Genauso wie du für mich.”, sagt er bevor er um die Ecke biegt.

Ich liege den Rest des Tages im Bett und denke über seine letzten Worte nach. Ich bin ihm wichtig.Die Worte aus seinem Mund.  Es fühlt sich toll an, zu wissen, dass es jemanden gibt auf den man zählen kann, bei dem man sein kann, wie man ist und das kann ich nur bei ihm und Christina. Ich stell mir vor, wenn ihnen etwas passieren würde. Ich würde glaub ich genauso reagieren wie Christina. Sie hat Angst mich auch noch zu verlieren. Wen hat sie denn noch außer mir? Sie musste genauso Verlusste machen wie ich.Und plötzlich sehe ich die Dinge ganz anders, ich verstehe wieso sie mich all die Jahre geheim gehalten haben. Um mich zu schützen, sie wollten mir nichts böses, sie wollten mich nur  vor dem Bösen schützen.

Die Zeit vergeht, genauso wie die Gedanken in meinem Kopf, bis ich einfach irgendwann einschlafe. Doch ich werde genauso schnell wieder aus dem Unterbewusstsein gerissen.

Die Männer, all die Männer von heute Mittag, sie sind wieder da. Ich höre einen Schuss, das schlimmste Geräusch, das in meinen Ohren erklingen kann und nochmal einen Zweiten.Ich renne aus meinem Zimmer und laufe zu der Gegend, aus der die Waffe erklingt. Es kommt mir vor als wäre der Gang unendlich bis ich von weitem jemanden am Boden liegen sehe, rundherum eine Fütze voll Blut. Ich drehe die Person um und falle in eine Starre. Mitten in ihrem Herz ein Schussloch.

„CHRISTINA!” „NEIN, CHRISTINA.” Die Tränen laufen mir wie ein Wasserfall über die Wangen.Nein nicht sie, alles nur nicht sie.Ich breche innerlich zusammen.Hinter mir taucht Nick auf, der mich versucht mitzureißen, doch ich will nicht mit, ich will bei ihr bleiben. Plötzlich fängt er an meinen Namen zu schreien.
„Komm Bella! Wir müssen gehen! Steh auf!Bella!Sie kommen!”, seine Stimme hört sich zuerst normal an doch dann wird sie immer höher. „Bella!” er rüttelt an mir doch ich kann nicht aufhören ihren Namen zu schreien und meine Beine sind zu schwer, um hier weg zukommen. „Christina.”

Plötzlich verschwindet das Bild,ich öffne meine Augen und gucke in ihr Gesicht, ohne Blut und ohne eine einzige Schramme.
„Oh mein Gott Christina.”, ich schließe sie in meine Arme. Mein Gesicht fühlt sich Nass an, voller Tränen, genauso wie mein Shirt, das voll geschwitzt ist.
„Alles Okey, es ist alles okey, es war nur ein schlechter Traum, ich bin bei dir.”

Ich atme tief ein und aus, ich will sie nicht mehr los lassen. Nie wieder.
„Ist ja gut.War es wieder der Traum von sonst?”, fragt sie mich und streichelt mir die Haare, die völlig zersaut sind, aus dem Gesicht. Ich schüttel nur den Kopf. „Was sonst?”. Ich schweige erst kurz, weil ich ihr nicht erzählen will, dass sie dieses mal diejenige war, die gestorben ist.
„Hey, du kannst mir alles erzählen.”
„Kannst du bitte kurz wieder Julia sein?” , sie schaut mich fragend an, doch ohne ihre Antwort, lege ich einfach los.
„Es waren wieder viele schwarzgekleidete Männer. Ich hörte einen Schuss und fand dann eine tote Person.” „Wer war es?”, ich versuche zu zögern.
„Es warst...du.” , kurze Zeit guckt sie mich starr an, bevor sie mich wieder in den Arm nimmt, da ich die Tränen mal wieder nicht zurückhalten kann.Ich weiß, dass es nur ein Traum war. Aber meine letzten Alpträume haben mir gezeigt, dass Träume manchmal die Vergangenheit verarbeiten und wer sagt mir, dass sie nicht auch in die Zukunft blicken können?„Hör zu, das war ein Traum, das wird nicht passieren, ich lebe und ich werde auch nicht so schnell sterben.

Ich wische mir die Träne von der Wange und kuschel mich wieder unter die Bettdecke.
„Rutsch mal ein Stück.”, sagt sie zu mir.
„Wieso?”
„Weil ich heute bei dir schlafen werde.”

Ich rutsche ein wenig nach rechts und schmeiße ihr das andere Ende der Decke zu. „Danke!”, sage ich zu ihr.

Wenn ich die Nacht alleine verbringen müsste, würde ich echt verzweifeln und sowieso nicht mehr schlafen.
„Sorry noch wegen heute Mittag, ich hab etwas übertrieben.”, normalerweiße hätte ich ihr jetzt zugestimmt doch nach Nicks Worten verstehe ich sie.
„Es war meine Schuld, ich nehme das alles nicht so ernst. Aber warum hattest du sofort ein Asthmaspray dabei?Hast du auch Asthma?”
„Nein, das Asthmaspray habe ich immer dabei, auch als du damals immer zu meiner Therapie kamst. Deine Mam hat damals, wenn man kurz auf dich aufpassen sollte, immer tausend mal betont, das du Asthma hast. Ich schleppe das Teil schon mehrere Jahre mit mir .” Ich lache sie an und sie lächelt zurück. Die Gedanken an meinen Traum verblasen so langsam und neben ihr glaube ich nicht mehr daran, dass er in Erfüllung gehen könnte.
„Ich hab echt die beste Tante der Welt.”, sage ich ihr und drehe mich um, bereit zum schlafen. „Und ich die beste Nichte.”

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