8. Die Peitschende Weide

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Vor dem Abendessen stahl Remus sich aus dem Gemeinschaftsraum davon. James und Sirius waren zum Glück furchtbar beschäftigt damit gewesen, Zauberschnippschnapp mit einem Satz Karten zu spielen, der sich in den Händen plötzlich entzünden konnte, wenn man einen dummen Zug machte. Deswegen hatte James gerade fast den Gemeinschaftsraum in Brand gesetzt und Fabian Prewett war in seiner Rolle als Vertrauensschüler zornig vor sich hinmurmelnd hinzugestürzt und hatte den Brand gelöscht. „Völlig unverantwortlich! Wie kommen die überhaupt an sowas?" 

Damit hatten sie die Aufmerksamkeit aller auf sich gezogen und das hatte Remus genutzt, um ungefragt aus dem Gemeinschaftsraum zu verschwinden. Er hätte natürlich einfach behaupten können, er wolle noch in die Bibliothek oder so etwas, aber Remus wusste, dass er eigentlich überhaupt kein guter Lügner war und lügen müssen, würde er noch genug. 

Er machte sich auf den Weg zu Professor McGonagalls Büro, das zum Glück nicht so weit vom Gemeinschaftsraum der Gryffindors entfernt war, sodass Remus auf dem Weg nur einmal falsch abbog. Denn heute sollte er das Vorgehen für die Vollmondnächte erfahren. Er erreichte Professor McGonagalls Büro sogar etwas vor 18 Uhr, klopfte aber dennoch schon mal an und trat ein, als Professor McGonagall von drinnen „Herein!" rief. 

Sie saß hinter ihrem Schreibtisch, ihr gegenüber saß eine Frau mit langem, zu einem Zopf gebundenen, braunem Haar. Sie trug einen hellen Umhang und eine weiße Haube auf dem Kopf. Professor McGonagalls Büro war nicht allzu groß, obwohl es schlicht gehalten war, wirkte es auf Remus recht einladend. Neben dem Fenster stand der eichene Schreibtisch und an den Wänden waren mehrere Regale, gefüllt mit interessant aussehenden Büchern und einigen Pergamenten. Auf einer Seite des Raumes prasselte ein Feuer in Kamin. 

„Setzen Sie sich", sagte Professor McGonagall zu Remus und deutete auf einen weiteren, freien Stuhl vor dem Schreibtisch. Remus setzte sich und blickte ein wenig schüchtern zwischen den beiden Frauen hin und her. 

„Das ist unsere Schulkrankenschwester, Madam Pomfrey", stellte Professor McGonagall die andere Frau vor. 

„Hallo Remus", sagte Madam Pomfrey und hielt ihm die Hand hin. 

„Hallo", sagte Remus und schüttelte sie. 

„Madam Pomfey wird Sie am Abend vor jeder Vollmondnacht treffen und an einen Ort bringen, wo Sie sich sicher verwandeln können, genauso wird sie Sie am Morgen wieder abholen und sich um Sie kümmern", sagte Professor McGonagall. 

„Wo ist dieser Ort?", fragte Remus. 

Professor McGonagall blickte ihn über den Rand ihrer Brillengläser hinweg an. „Unter der Peitschenden Weide befindet sich ein Geheimgang. Er bringt Sie vom Schloss weg in eine leerstehende Hütte. Professor Dumbledore hat sie mit Zaubern versehen, sodass sie gut geschützt ist." 

Remus nickte, auch wenn ihm da ein Haken zu sein schien. „Entschuldigung, aber... Professor Dumbledore meinte doch, dass die Peitschende Weide niemanden in ihre Nähe lässt, wie...?" 

„Man muss nur einen Trick kennen, wenn man die Weide an einer bestimmten Stelle mit einem langen Stecken berührt, hört sie sofort auf, um sich zu schlagen.", sagte Madam Pomfrey. 

Da wurde Remus klar, die Peitschende Weide war nicht einfach in dem Jahr gepflanzt worden, in dem er auf die Schule kam, sie war wegen ihm gepflanzt worden. „Oh", sagte er bloß. 

„Dann ist alles geklärt? Sie werden Madam Pomfrey beim kommenden Vollmond in drei Wochen um 18 Uhr in der Eingangshalle treffen. Sie zeigt Ihnen, wie Sie in den Tunnel gelangen. Im Übrigen sind alle Lehrer über Ihre Situation informiert." 

„Gut", sagte Remus und fügte etwas verlegen hinzu: „Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll, dass Sie das für mich möglich machen." 

Er schwankte irgendwo zwischen peinlich berührt sein, Glück und Dankbarkeit und einem mulmigen Gefühl, wenn er an seine erste Verwandlung in Hogwarts dachte. Er hoffte, alles ging gut. Es musste alles gut gehen, es durfte nichts passieren! Niemandem durfte etwas passieren. Er schluckte und verdrängte die Bilder von verletzten Schulkameraden aus seinem Kopf. Er wagte nicht an noch Schlimmeres zu denken. 

„Da gibt es nichts zu danken. Professor Dumbledore hat das einzig Richtige getan." Professor McGonagalls Worte waren freundlich, dennoch meinte Remus, eine gewisse Kälte in ihrer Stimme zu bemerken. 

Er merkte, dass er entlassen war und so machte er sich auf den Weg zum Abendessen, nicht ohne Professor McGonagall und Madam Pomfrey trotzdem noch einmal gedankt zu haben.

Die Rumtreiber in Hogwarts - Das erste JahrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt