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"Oh mein Gott, tut mir so leid. Ich wurde von hinten gestoßen und dann... ich... ich wollte..." Der kalte Blick meines Gegenübers brachte mich zum Schweigen.

"Du bist doch Emma Haydn von heute Nachmittag?", merkte der blonde Adonis an. Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage. Dennoch quittierte ich seine Aussage mit einem kurzen Nicken.

Alex ließ seinen Blick über meinen Körper schweifen und bewirkte damit augenblicklich, dass mir wieder heiß wurde. Verdammt, dieser Typ war wirklich unverschämt gutaussehend. Und mein potentieller zukünftiger Trainingsleiter.

Wieder wanderte mein Blick zu dem großen Fleck auf seinem T-Shirt. Ich musste das irgendwie wieder hinbekommen. Er durfte mich auf keinen Fall hassen, bevor mein Studium überhaupt begonnen hatte. Wenn es dafür nicht sogar schon zu spät war.

Aus einer Kurzschlussreaktion heraus fasste ich nach seinem Handgelenk und zog ihn hinter mir her Richtung Sanitäranlagen.

"Was soll das?", fragte Alex. Seine Stimme triefte nur so vor Arroganz. Dennoch war mir das kleine Zucken um seine Mundwinkel nicht entgangen. Das ist doch schonmal ein erster Schritt in die richtige Richtung.

"Ich versuche nur den Schaden wieder zu beheben."

Ich versicherte mich mit einem kurzen Seitenblick, dass uns niemand beachtete. Dann stieß ich eine Tür mit der Aufschrift "PRIVAT" auf und schloss hinter Alex und mir ab. Von Nate wusste ich, dass sich hier die Toiletten für die Mitarbeiter befanden, welche deutlich sauberer waren, als die der regulären Gäste.

Der Raum war etwa 12 m² groß und durchgängig weiß gefliest. Als ich mich zu Alex umdrehte bemerkte ich, dass er mich musterte. "Und jetzt?", fragte er und verschränkte die Arme vor der Brust. "Erst versaust du mein T-Shirt und dann verschleppst du mich? Machst du das immer so?" Er zog skeptisch die Augenbrauen hoch.

"Eigentlich nicht, aber Ausnahmen bestätigen die Regel.", erwiderte ich und zuckte entschuldigend mit den Schultern. "Okay, zieh das T-Shirt aus. Ich mach es sauber."

"Soll das eine billige Anmache sein?", fragte Alex spöttisch. "Nein, nur Schadensbegrenzung. Vertrau mir, ich bekomm das wieder hin." Ich setzte meinen besten Hundeblick auf. Mein morgiges nüchternes Ich tat mir jetzt schon leid.

Seufzend gab Alex nach, zog das weiße Oberteil über den Kopf und reichte es mir. Verdammt, dieser Oberkörper. War das ein Eight Pack? Auf einmal kam mir das Raum deutlich kleiner vor, als noch wenige Sekunden zuvor. Die plötzliche Spannung war so stark, dass ich das Gefühl hatte ich könnte sie förmlich greifen.

"Keine Anmache also?" Alex' Stimme klang gedämpfter und rauer. Das Blut schoss mir in die Wangen. "Ähm, nein.", verlegen griff ich nach dem Shirt. Oh Gott, ich habe gestarrt. Die gute Nachricht war: Ich konnte mich vermutlich nicht noch mehr blamieren.

Nach ein paar Minuten war ich zufrieden mit meinem Ergebnis. Der Fleck war kaum noch sichtbar und ich wollte endlich diesen knisternden Raum verlassen.

Triumphierend reichte ich Alex sein T-Shirt. "So müsste es gehen. Und sorry nochmal." "Schon gut.", erwiderte er, während er sich wieder anzog. Er wirkte ebenfalls angespannter als zuvor. Spürte er diese komische Energie zwischen uns auch? Oder war das einfach seine normale Ausstrahlung auf jedes weibliche Wesen? Vermutlich Letzteres.

Mit einem Klacken öffnete ich das Schloss und betrat wieder den Partysaal. Ich drehte mich noch einmal zu Alex um. "Dann schönen Abend noch." Er nickte kurz und nach einem etwas zu langen Blickkontakt tauchte ich schließlich in der Menge ab.

Diese Nacht nahm definitiv einen sehr seltsamen Verlauf. Ich fand meine Freunde auf der Tanzfläche. "Heeeey Emma!" Rosi jubelte laut und sprang kichernd auf mich zu. Nate schlang seine Arme um meine Hüften und hob mich hoch während er lauthals mitsang.

Die Stunden vergingen wie im Flug. Wir tanzten bis unsere Füße so sehr schmerzten, dass wir kaum noch laufen konnten. Dennoch war ich so glücklich, wie schon lange nicht mehr. Es fühlte sich an, wie in alten Zeiten.

Als wir wieder zu Hause ankamen, hörte ich bereit ein leises Schnarchen aus dem Raum meines Bruders. Das Geräusch brachte mich zum Grinsen. Schleichend bewegte ich mich in mein Zimmer und zog die Tür hinter mir zu.

Ich ließ mich glücklich auf mein Bett fallen. Egal, wie komisch diese Nacht angefangen hatte, die letzten Stunden mit Nate und Rosi hatten irre viel Spaß gemacht. Zur Zeit lief es einfach bei uns allen super. Zufrieden zog ich die Bettdecke über mich und griff nach dem Bild auf meinem Nachttisch.

Meine Eltern lächelten mich auf dem Foto an. Es wurde an dem Tag ihrer Hochzeit geschossen. Ich drückte das weiß eingerahmte Bild kurz an meine Brust bevor ich es wieder an seinen Platz stellte.

Ich hatte kaum eigene Erinnerungen an meine Mutter, doch mein Vater hatte mir viel von ihr erzählt. Sie war eine großherzige und durch und durch liebevolle Frau. Als ich 4 war verstarb sie nach einem Motorradunfall. Mein Vater war der Fahrer.

Ich glaube er gab sich die Schuld für ihren Tod und obwohl er versucht hatte es sich nicht anmerken zu lassen, kam er nie über ihren Verlust hinweg. Am Abend, wenn er dachte, dass wir schon schliefen, sah ich ihn oft mit gedankenverlorenem Blick in alten Fotos herumkramen.

Ich konnte mir kaum vorstellen, wie viel Anstrengung es meinen Vater gekostet haben musste, immer stark für uns zu sein. Doch für ihn waren wir immer das Wichtigste. Er hätte alles für seine Kinder getan.

Ich vermisste meinen Dad so sehr, dass es mir manchmal den Atem verschlug. Dann hatte ich das Gefühl, als würde ich von innen verbluten. Er hätte das nicht gewollt.

Ich sollte nicht traurig sein, wenn ich an ihn dachte. Schon gar nicht nach so einem schönen Abend. Ich bin dankbar für all die schönen Momente, die wir zusammen erleben durften. In Gedanken an meine Eltern schloss ich meine Augen und schlief ein.

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