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"Nett hier." Seine Worte waren nicht mehr als ein Lufthauch auf meiner Haut. Aus Reflex drückte ich mich gegen die Wand um ... ja um was eigentlich? Vor mir stand Nate, mein fester Freund. Es gab nichts Natürlicheres, als in der Dunkelheit mit ihm zu kuscheln. Stattdessen versuchte mein Körper möglichst viel Abstand zwischen uns zu bringen. Ich atmete tief durch, in der Hoffnung, dass der Druck in mir verschwinden würde. Ich musste mich dringend entspannen. Warum zur Hölle war ich so nervös? 

Auf einmal spürte ich, wie sich Nate vorsichtig gegen mich lehnte. Mein Herz hämmert so stark gegen meine Brust, dass er es spüren musste. Eine hauchzarte Berührung an meiner Wange, dann lagen seine Lippen auf meinen. Vielleicht lag es an der Dunkelheit oder der Enge, doch dieser Kuss war anders. Die Stromstöße, die durch meinen Körper jagten wurden von einer Spur wohliger Gänsehaut begleitet. Erst als ich sein heisere Knurren wahrnahm, verstand ich. Jeder unserer bisherigen Küsse war ruhig und liebevoll gewesen. Die Art, wie Nate mich jetzt berührte war das genaue Gegenteil. Verlangend umfasste er meine Taille um auch den letzten Zentimeter Raum zwischen uns auszulöschen. Die Luft zwischen uns hatte sich verdichtet und ließ uns in Flammen aufgehen. Atemlos griff ich in sein Haar und zog daran. Wir schienen uns in unserer ganz persönlichen Parallelwelt zu befinden. Hier gab es nur uns und diesen Schrank. In dieser Welt existierten weder Licht noch Zeit. Sanft strich seine Zunge über meine Unterlippe und entlockte mir ein Wimmern. "Al-" Mein Keuchen wurde von einem Klopfen übertönt. 

"Noch 10 Sekunden. Ihr könnt gleich rauskommen.", rief eine Stimme aus der normalen Welt, in der Zeit glücklicherweise noch existierte. Fuck, hatte ich gerade wirklich fast Alex gesagt? Ach du Scheiße! Es war wunderschön. Mit Nate. So wunderschön, dass meine Knie noch immer ganz weich waren. Warum dachte ich gerade jetzt an Alex? Das war doch vollkommen absurd. Okay, Emma, beruhig dich. Dieser Moment war magisch. Eine Magie, die nur zwischen Nate und mir existierte. Zum Glück hatte das Klopfen mich unterbrochen. Scheiße, ich bin grauenhaft. Immer wieder wurde die Stille durch unsere unregelmäßigen Atemzüge durchschnitten. "Nate?", fragte ich vorsichtig, nachdem ich mich wieder etwas besser unter Kontrolle hatte. Hatte er es gehört? Die plötzliche Panik in mir ließ mich erstarren. Bitte nicht. 

"Ich liebe dich." Seine Stimme klang noch immer so rau, wie Sandpapier. Eine Welle der Erleichterung flutete meinen Körper und bevor ich mich stoppen konnte hatte das leise "Ich liebe dich auch" bereits meine Lippen verlassen. Vor Schreck hielt ich im ersten Moment die Luft an. Ich hatte es erwidert. Scheiße, warum genau jetzt? Hatte ich den Verstand verloren? Was war heute nur los mit mir? "Du... du..." Nate schien es genauso wenig fassen zu können, wie ich. Mit einem "Genug geknutscht ihr Turteltauben!" wurde die Schranktür aufgerissen. Ich brauchte ein paar Sekunden um mich an die Helligkeit zu gewöhnen, doch als ich sah, dass Nate mir dieses ganz bestimmte Lächeln schenkte, was nur für mich bestimmt war, wusste ich, dass ich jedes Wort so gemeint hatte. Ich liebte ihn. Und ich musste dringender als je zuvor Alex aus meinem Kopf verscheuchen. So etwas durfte nie, und damit meine ich wirklich NIEMALS, wieder passieren. 

"Uh, ihr habt es aber ganz schön krachen lassen. Und da Nate dich so anguckt, als wärst du ein Wunder scheint es wohl gut gewesen zu sein.", kommentierte Maja amüsiert. Erst jetzt bemerkte ich, wie zerwühlt Nates Haare aussahen, von seinen geschwollen Lippen ganz zu schweigen. Ich gab mit Sicherheit auch kein viel  besseres Bild ab. Oh man, viel unangenehmer konnte es dann also auch nicht mehr werden. Um den neugierigen Blicken zu entkommen, setzte ich mich hastig wieder an meinen Platz im Spielkreis. "Gut, ich bin dran mit drehen?" Ohne eine Antwort abzuwarten gab ich der Glasflasche vor mir einen Schubs. Alex' Blick brannte so intensiv auf meiner Haut, dass ich nicht wagte ihn anzusehen. Was war eigentlich sein Problem? Konnte er nicht eine seiner Verehrerinnen in den Boden starren? Mit einem Klirren blieb die Flasche stehen. "Nett." Die Dunkelheit in Alex Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken. Diese blöde Verräterflasche. Sie hätte sich jede Person aussuchen können. Warum ausgerechnet ihn? "Hoffentlich zeigt die Flasche als nächstes auf mich.", flüsterte ein Mädchen in Zimmerlautstärke in das Ohr ihrer Freundin. Wow, wie subtil. Nur mit Mühe schaffte ich es ein genervtes Seufzen zu unterdrücken. 

Alex stieß die grüne Weinflasche energisch an. Die Sekunden danach hörte man nur das Geräusch des schabenden Glases auf dem Holzboden. Das Geplapper war verstummt. Nach gefühlten Ewigkeiten kam die Flasche endlich zum Stillstand - und dreimal dürft ihr raten vor wem - Richtig! Vor mir natürlich. Vielen Dank auch Gott und nur damit du es weißt: Ich bin verdammt nachtragend. Ein enttäuschtes "Och" ging durch die Runde und wurde kurz darauf von empörtem Protest abgelöst. "Sie war doch gerade eben erst. Dreh nochmal." oder "Ich war noch gar nicht. Ich will jetzt auch endlich mal in den Schrank" waren nur einige der Klagen. Als ich Alex' Blick begegnete, war das Blau seiner Augen so dunkel, wie noch nie. Mein Herz setzte einen Schlag aus. Mit einer fließenden Bewegung stand er auf und ging wortlos zur Tür. Als Alex sich noch einmal umdrehte, ruhte sein Blick auf mir. "Ich habe eh keine Lust mehr zu spielen." Mit einem Klicken fiel die Tür ins Schloss und er war verschwunden. 





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