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Als ich ankam, sah ich Alex bereits an einem der hinteren Ecktische sitzen. Okay, ganz ruhig, Emma. Du schaffst das. Das ungute Bauchgefühl wollte einfach nicht verschwinden. Dennoch setzte ich mich in Bewegung und steuerte den urigen Tisch meiner Verabredung an. Als ich Alex' Lächeln sah begann mein Herz zu rasen. Scheiße. 

War ich wirklich bereit ihn endgültig gehen zu lassen? Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, war diese Frage sowieso nichtig. Es war egal wozu ICH bereit war. Ich MUSSTE es für Nate tun. Sonst würde ich ihn früher oder später verlieren und das könnte ich nicht ertragen. Alex und ich hatten sowieso nie eine echte Chance gehabt. Es war kein Ende, da es nie einen richtigen Anfang gegeben hatte. Ich musste einfach nur die Illusion loslassen, die sich in meinem Kopf geformt hatte. 

Mit einem Knarzen schob ich den Stuhl nach hinten um gegenüber von Alex Platz zu nehmen. Als er meinen Blick sah, verlor sein Lächeln augenblicklich all seine Wärme. "Hey." Meine Stimme klang eigenartig hohl. "Hey.", echote Alex und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück. "Du wolltest schnellstmöglich mit mir reden?" Abwartend zog er einen Augenbraue hoch und musterte mich so eingehend, dass ich nur mit Mühe den Reflex unterdrücken konnte, mein Gesicht hinter meinen Händen zu verstecken. 

"Ja. Das wollte ich. Es geht nicht mehr mit uns." Der Ozean seiner Augen verfinsterte sich und wirkte auf einmal kilometertief. Als er nichts erwiderte seufzte ich ergeben. "Ich meine, da war in gewissen Situationen eine körperliche Anziehung zwischen uns. Ich bin mit Nate zusammen und daher muss das aufhören. Ich liebe ihn und keine Ahnung was ich mir in diesen dämlichen Momenten gedacht habe... Nein, eigentlich habe ich gar nicht nachgedacht, aber auf jeden Fall will ich meine Beziehung auf keinen Fall wegen sowas gefährden. Du verhältst dich komisch. Gestern zum Beispiel bist du einfach gegangen. Nate macht sich auch seine Gedanken darüber. Was ich damit sagen möchte: ich kann keine Zeit zu zweit mehr mit dir verbringen. Vielleicht gibt es eine andere Person, die mich privat trainieren kann. Ich weiß es nicht, aber das ist nicht gut und hiermit möchte ich es endgültig beenden." 

Alex' Gesicht glich einer kalten, gefühllosen Maske. Allein seine Augen verrieten mir, dass er meine Worte überhaupt gehört hatte. Das Blau spiegelte so viele verschiedene Emotionen wieder, dass ich nicht dazu in der Lage war nur eine Einzige zu erkennen. Einige Sekunden der Stille verstrichen. Dann hielt ich es nicht mehr aus. Verlegen räusperte ich mich. "Möchtest du etwas dazu sagen?" Der distanzierte Blick mit dem mein Gegenüber mich nun ansah, fühlte sich an wie ein Schlag in die Magengrube. 

"Das heißt du fühlst bei mir nichts?" Die Kälte in seiner Stimme jagte einen eisigen Schauer über meinen Rücken. Ich schluckte. Natürlich fühlte ich etwas, doch das war egal. Es änderte nichts. Falls Alex das Gleiche empfand würde die Wahrheit diesen endgültigen Schlussstrich nur erschweren. Egal, was das zwischen Alex und mir war. Ich gehörte zu Nate. 

Als ich meinen Blick hob um ihm in die Augen zu sehen, schmerzte mein Herz so sehr, dass ich das Gefühl hatte es würde tatsächlich in Tausende kleine Teile zerspringen. "Ja, ich fühle bei dir nichts. Das waren nur ein paar Küsse, die nie hätten passieren dürfen." Die Worte schmeckten, wie Gift auf meiner Zunge. Mit jeder verstreichenden Sekunde bohrte sich der Dolch ein Stückchen tiefer in meine Brust. "Okay." Alex zuckte mit den Schultern. "Ich frage einen Kollegen, ob er dein Training übernehmen kann." Die Gleichgültigkeit in seiner Stimme traf mich so heftig, wie eine Abrissbirne und ließ auch noch das letzte bisschen Herz, was in meiner Brust ums Überleben kämpfte, zusammenkrachen.

Das aufgesetzte Lächeln brannte auf meinen Lippen. "Alles klar, vielen Dank. Freut mich, dass wir das so einfach klären konnten.", erwiderte ich so erfreut, wie möglich. 

"Klar. Kein Problem. Man sieht sich." Mit diesen Worten stand er auf ließ mich und mein zermalmtes Herz allein.


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