40

1.4K 216 98
                                    

Vorsichtig richtete ich mich auf. Mein Zimmer war dunkel und seit wann roch es hier so modrig? Ich musste dringend lüften. Autsch! Ich fasste mir stöhnend an den Schädel. Verdammt, ich konnte mich nicht daran erinnern wann es mir das Letzte mal so mies ging. Und einen Filmriss hatte ich auch noch. Was zur Hölle war passiert? Seufzend ließ ich mich wieder in mein Bett sinken und prallte mit dem Kopf mit voller Wucht gegen eine Steinplatte. Au! 
Sternchen begannen in meinem Blickfeld zu tanzen. 
Angestrengt kniff ich die Augen zusammen.
Warum um alles in der Welt lag ich auf dem Boden und warum fühlte sich plötzlich alles so kalt und feucht an? 
Angestrengt setzte ich mich auf und versuchte mich in der Dunkelheit zu orientieren. 
Wenn nur diese höllischen Kopfschmerzen nicht wären! 
Ich musste mir dringend eine Ibu besorgen. 
Blind begann ich nach meinem Handy zu tasten, doch ich fühlte nichts, außer kalten, steinigen Untergrund. 
Mist! Ein ungutes Gefühl legte sich schwer auf meinen Magen. Das hier war definitiv nicht mein Zimmer, aber wo war ich dann? 
Mit einem Satz war ich auf den Beinen. Meine müden Glieder begannen zu protestiere, doch ich ignorierte den Erschöpfungsschmerz. 
Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht und ich war nicht scharf darauf herauszufinden was es war. 
Ich musste hier so schnell, wie möglich raus. 
Vorsichtig streckte ich meinen Arm aus um einen Weg zu ertasten und stieß prompt gegen raue Metallstreben. 
Verdammt! Mein Herz begann wie wild zu rasen. 
Was war das nur für ein Ort? 
Meine Gedanken schrien mich an sofort zu verschwinden, also lief ich an den Metallstreben entlang. 3 Schritte nach vorne, dann nach 3 nach rechts, erneut 3 nach rechts und wieder 3 nach rechts. 
FUCK. FUCK. FUCK.
Ein eiskalter Schauer kroch meine Wirbelsäule entlang. 
Ich war in einem verfluchten Käfig! 
Panisch begann ich an den Metallstreben zu rütteln, doch sie bewegten sich keinen Milimeter. 
Das Blut gefror in meinen Adern und jagte eine fast schon schmerzhafte Gänsehaut über meinen ganzen Körper.
Übelkeit breitete sich wie Gift in meinem Magen aus.
Scheiße, ich saß in der Falle! 

"Ist da etwa jemand aufgewacht?" Eine dunkle Stimme ließ mich erschrocken zusammenzucken. Sie kam mir entfernt bekannt vor, doch ich schaffte es nicht sie zuzuornden. 
Mein schmerzender Körper bestand nur noch aus blanker Panik. 
Im nächsten Moment erfüllte ein grelles Licht den Raum. 
Stöhnend kniff ich meine Augen zusammen. 
Nach ein paar Sekunden hatten sich meine Sinneszellen an die neuen Helligkeitsverhältnisse gewöhnt. 
Ich befand mich in einem kargen Steinverließ.
Hinter meinem Käfig befand sich ein fast schon steril wirkender weißer Tisch auf dem verschiedene Skalpelle, Nadeln und Röhrchen lagen.
Er passte nicht in den sonst so dunklen, dreckigen Raum.
Wenige Meter neben dem Tisch stand die Person zu der die Stimme gehören musste.
Ungläubig kniff ich die Augen zusammen. 
Spielte mir mein Gehirn einen Streich?
Oder war das etwa wirklich... Steve?
Verdammt, ja! Das war Steve! Der Assistent von Dr. Naster!
Ich konnte nicht anders, als ihn verblüfft anzustarren. 
Der Steve den ich kannte, hatte immer ein freundliches Lächeln auf den Lippen gehabt.
Davon war jetzt nicht mehr viel übrig. 
In seinen Augen lag eine Kälte, die ihn so fremd wirken ließ, dass ich kurz überlegte ob nicht vielleicht doch gerade sein böser Zwillingsbruder vor mir stand.
"Emma, herzlich Willkommen."
Seine Gesichtszüge verzogen sich zu einer Fratze, die fast schon wahnsinnig wirkte. 
Ich fühlte mich wie in einem schlechten Horrorfilm. 
"Steve, bitte lass mich hier raus. Ich habe nichts gesehen und werde mit niemandem darüber sprechen. Ich schwöre es dir." 
Steves kehliges Lachen ging mir durch Mark und Bein. 
"Du willst mich wohl für dumm verkaufen. Emma, Emma, Emma... du hast die Ehre einer großen Sache zu dienen. Verstehst du das denn nicht? Als ich in Dr. Nasters Unterlagen gesehen habe, welche seltene Gabe du hast, blieb mir nichts anderes übrig, als sofort zu handeln. Das verstehst du doch." 
Der süßliche Unterton in seiner Stimme verwandelte den Sturm in meinem Inneren in einen Tornado. Heiße Wut ließ mich erzittern und ich benötigte ein paar Sekunden um mich erneut zu sammeln. 
"Wie?" Mein Kiefer schmerzte bereits, weil ich meine Zähne so fest aufeinander gepresst hatte. 
Ein stolzer Schimmer legte sich in den Blick meines Gegenübers. 
"Ich musste nur den Terminplan der Chefin künstlich überladen. Ich wusste, dass sie den Termin mit dir nicht ausfallen lassen würde und voilà. Die drei Jungs wurden mir von der Mafia bereit gestellt. Die sind erstaunlich interessiert an guten Kämpfern und wenn ich erst einmal herausgefunden habe wie dieses Gen funktioniert und wie man es auf andere übertragen kann stehen uns völlig neue Türen offen. Mit deiner Hilfe werde ich eine Revolution des Militärs einleiten."
In welcher wahnhaften Welt lebte dieser Typ eigentlich? Der war ja völlig durchgeknallt!
Meine Fassungslosigkeit lähmte mich regelrecht.
Fühlte es sich so an in Schockstarre zu verfallen? 
Mein Gehirn hatte aufgehört zu funktionieren. 
Ich war nicht mehr in der Lage Konsequenzen aus meinem neu gewonnen Wissen zu schließen.
Vielleicht wollte ich aber auch einfach gar nicht wissen, was das alles für mich bedeutete. 
Wie in Zeitlupe bewegte sich Steves Gestalt auf mich zu. 
"Du warst ganz schön widerspenstig. Du hast einem lang erfahrenen Kämpfer übel die Schulter ausgekugelt. Daher muss ich dich für meine Untersuchungen leider lahm legen. Tut mir leid, aber das hast du dir selbst zuzuschreiben."
Steve holte ein langes Rohr hinter seinem Rücken vor und setzte es an seine Lippen. 
"Nein, bitte nicht." Meine Worte waren nicht mehr als ein raues Flüster. 
Ängstlich drängte ich mich gegen die Gitterstäbe, doch ich konnte mich nirgends verstecken. 
Ich saß auf dem Präsentierteller, wie ein besonders seltenes Tier im Zoo. 
Ein leises "Ff" erklang und im nächsten Moment bohrte sich ein kleiner, gläserner Pfeil in meinen Oberschenkel. 
Sofort versuchte ich das Ding aus meinem Bein zu ziehen, doch meine Hände wollte einfach nicht greifen. Langsam gaben auch meine Knie unter mir nach und ich sank zu Boden. 
Kalter Schweiß rann über meinen Rücken. 
Ich war von einer auf die andere Sekunde gelähmt. 
Ich versuchte meine Zunge zu bewegen. Ich wollte mit die Seele aus dem Leib schreien, doch nichts funktionierte. 
Mein Blick zuckte zu Steve, der überaus zufrieden wirkte. 
"Ich habe dir ein starkes Muskelrelaxanz injeziert. Nach etwa 60 Minuten dürfte die Wirkung nachlassen. Bis dahin wirst du dich leider nicht bewegen können."
Nachdem er ein paar Sachen zusammengesammelt hatte, schloss er meine Zelle auf und kniete sich neben mich. 
Er schlang einen roten Stauschlauch um meinen Oberarm und stach mich mit einer eigenartig gefortmen Nadel direkt in die Ellenbeuge. 
Dieses verdammte Arschloch! Ich wollte nach ihm treten, ihm ins Gesicht spucken und ihn zu Boden werfen, doch mein Körper ließ mich im Stich. 
Stumme Tränen rannen über meine Wangen. 
Ich dachte an Elias, Rosi, Maja, an Eddi und Mina und an Nate. 
Ob sie mich schon suchten? 
Ob ich sie jemals wiedersehen würde? 
Alex hatte mir gesagt, dass ich keinem von diesem verfluchten Gen erzählen durfte.
Und was hatte ich getan? 
Ich war so dumm. Hier würde mich nie irgendjemand finden. Wie denn auch? 
Steve führte ein perfektes Doppelleben.
Nachdem sich 6 Röhrchen mit meinem Blut gefüllt hatten, zog mein Entführer die Nadel wieder aus meinem Arm. 
"Jetzt benötige ich nur noch ein bisschen Liquor. Dazu muss ich an deine Wirbelsäule." 
Während er meinen schlaffen Körper umdrehte und meinen Kopf gegen die Wand lehnte, sah ich die riesige Nadel in seiner Hand. 
Erneut überkam mich Übelkeit und kurz darauf schoss ein stechener Schmerz durch meinen unteren Rücken.
Meine Gedanken rasten, doch eine bestimmte Frage verfolgte mich unentwegt.

Wie weit würde er noch gehen? 
Und möchte ich die Antwort darauf überhaupt wissen...


GeneticWo Geschichten leben. Entdecke jetzt