„Emma? Träumst du?" Eine zarte Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Vor mir stand das blonde Mädchen, was sich als Zweite vorgestellt hatte. Wie war noch gleich ihre Name?
„Oh entschuldige, ich war gerade total in Gedanken.", ich lächelte sie an um mein Fauxpas wieder gut zu machen.
„Schon in Ordnung", winkte sie lachend ab und drehte eine Haarsträhne um ihren Finger. „Ich bin Mina. Ich dachte, da wir eh schon als Mädels in der Unterzahl sind müssen wir auf jeden Fall zusammenhalten. Wollen wir heute gemeinsam Mittag essen?"
Minas Freundlichkeit gab mir direkt ein vertrauenswürdiges Gefühl und ich nickte begeistert.
Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Eddi mich mit einem flehenden Blick anstarrte. „Eddi?" Ich wand mich zu ihm. „Hast du vielleicht auch Lust mit uns zu essen?"
Er versuchte ein erleichtertes Grinsen zu unterdrücken, was gnadenlos misslang. „Gerne."
Ich sah zu Mina. „Ist das okay für dich?" Das blonde Mädchen nickte euphorisch. „Na klar, je mehr desto besser. Freut mich dich kennenzulernen, Eddi." Das laute metallische Signal für den Unterrichtsbeginn ließ uns kollektiv zusammenzucken. „Also dann, bis später." Unsere Klassenkameradin eilte hektisch zu ihrem Platz.
In der folgenden Stunde lernten wir Professor Lloyd kennen und um ehrlich zu sein hätte ich auf diese Bekanntschaft durchaus verzichten können. Der ehemalige General war genauso streng, wie er aussah. Kein Wunder, dass er Führungslehre unterrichtete. Das passte wie die Faust aufs Auge.
„Nächste Woche erwarte ich, dass Sie das Buch „Grundlagen zur Führung" durchgearbeitet haben und mir jeder einzelne in diesem Raum adäquate Auskunft über jeden darin verfassten Satz geben kann.", delegierte Lloyd im Befehlston, während er in kerzengerader Haltung seinen diktatorischen Blick über die Reihen schweifen ließ. Innerlich wartete ich darauf, dass er gleich salutierte oder sowas wie: „Stillgestanden!" rief.
Zu meiner Enttäuschung nahm er lediglich seine Tasche und ging schnurstracks aus der Tür ohne uns eines weiteren Blickes zu würdigen. Das konnte ja noch witzig werden. Eddi ließ seinen Kopf mit voller Wucht gegen die Tischplatte knallen.
„Der Typ ist ja schrecklich. Ich hatte sogar Angst zu Atmen. Keine Ahnung wie wir in nur einer Woche so ein fettes Buch durcharbeiten sollen." Er fuchtelte wild mit seinen Händen in der Luft herum um die Dramatik unserer Situation zu unterstreichen.
„Keine Ahnung.", antwortete ich seufzend. Der Kastenjunge neben uns stupste mich mit seinem Bleistift an. „Ich hab gehört, dass Lloyd als Soldat 7 Tage verschüttet im feindlichen Gebiet lag. Irgendwie hat er es geschafft zu überleben und seitdem ist er so geworden." Sein verschwörerischer Blick jagte mir einen Schauer über den Rücken.
„Das ist ja schrecklich.", erwiderten Eddi und ich im Chor während wir den braunhaarigen Kasten nur mit offen stehenden Mündern anstarrten. Wie wäre ich wohl nach so einem Erlebnis? Vermutlich tot.
„Ich bin übrigens Connor.", fügte unser Nebenmann mit einem charmanten Grinsen hinzu bei dem zwei niedliche Grübchen zum Vorschein kamen.
„Freut mich. Ich bin Eddi und das ist Emma", erwiderte der Rotschopf neben mir und ich nickte zustimmend. Wenn ich gewusst hätte, dass es hier so leicht werden würde neue Kontakte zu knüpfen, hätte ich heute Nacht geschlafen wie ein Stein.
Ich fischte den bereits ziemlich zerknitterten Stundenplan aus meinem Rucksack. Im nächsten Feld stand Einsatzlehre. Eddis Augen funkelten begeistert.
„Geil, das wird bestimmt spannend. Hoffentlich haben wir da einen guten Professor." Im Infofeld darunter war statt des Namens unseres Lehrers nur ein gestrichelter Querstrich zu sehen.
„Mh, komisch. Da steht gar kein Name.", stellte ich geistreich fest.
„Vielleicht ist der neu hier und steht daher noch nicht mit drin.", erwiderte Connor während er über seinen imaginären Bart strich. „Schon möglich."
In diesem Moment ging die Tür auf. Ich konnte nicht anders, als den gutaussehenden jungen Mann anzustarren, der den Raum betrat. Es war Alex. Der heiße Typ, auf den ich meinen Pina Colada gekippt hatte. Schlagartig füllte seine Energie den ganzen Vorlesungssaal. Das schwarze T-Shirt und die dunkle Jeans, die er trug ließen seine eh schon unglaublich blauen Augen noch blauer wirken. Falls das überhaupt möglich war.
„Du sabberst gleich.", stellte Eddi fest, während er mich mit einem „Ist sie ein Zombie?"- Blick musterte.
Schnell wandte ich meinen Blick von Alex ab. „Er war mein Prüfer in den Aufnahmetests.", sagte ich schnell. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Connor sich das Lachen verkniff. Na toll. Es ist doch nicht meine Schuld, dass Alex so unverschämt gut aussah.
Ich warf einen Blick über meine Schulter und stellte fest, dass es den anderen Mädchen genauso ging, wie mir. Immerhin etwas.
Unser junger Lehrer räusperte sich kurz und sofort war die Klasse mucksmäuschenstill.
Ich spürte seinen Blick auf mir und konnte nicht anders, als ihm ebenfalls in die Auge zu sehen. Das tiefe Blau fesselte mich, zog mich regelrecht in seinen Bann.
„Guten Morgen, ich bin Alex Harrison, aber nennt mich ruhig Alex. Ich bin der momentane Leiter unserer Sondereinsatztruppe und werde euch hauptsächlich eure Sportübungen, Nahkampf, Verteidigung und Einsatzabläufe beibringen. Jetzt haben wir nochmal eine kurze Theoriestunde zur Einführung. Danach geht's dann richtig los." Noch immer ruhte sein Blick auf mir.
Nach einigen Sekunden schaffte ich es endlich mich loszureißen und starrte auf meine Hände. Warum sah er mich so an?
Oh nein, ich durfte mich von so etwas auf gar keinen Fall ablenken lassen. Meine Konzentration sollte zu 100% auf dem Studium liegen. Nach dieser Vorlesung würde es endlich spannend werden. Innerlich freute ich mich wie ein kleines Kind an Weihnachten.
Während der blonde Einsatzleiter die Funktion irgendwelcher winzigen Funkgeräte erklärte, stand ich geistig schon auf dem Trainingsgelände. Nicht einmal die Blicke mit denen Alex mich manchmal streifte, konnten mich verunsichern.
Das metallische Signal riss mich aus meinen Gedanken. Was so spät schon? Es kam mir so vor als würde der heutige Tag in doppelter Geschwindigkeit ablaufen.
Wenige Sekunden nach Pausenbeginn war der Raum schon völlig leer gefegt. Meine Mitstudenten hetzten wie eine von Löwen gejagte Herde Gazellen zur Cafeteria. Bis auf unseren Lehrer blieben nur Connor, Eddi, Mina und ich zurück.
„Ich glaube wir können uns einen Sitzplatz im Essenssaal abschminken.", stellte das blonde Mädchen fest.
Wir 3 nickten zustimmend. „Wollen wir uns einfach ein bisschen raussetzen?" Der Himmel war strahlend blau und die Sonne lachte uns an. Wieder zustimmendes Nicken.
Als wir uns entschlossen den Raum zu verlassen, spürte ich Alex' bohrenden Blick in meinem Rücken. Hatte er etwas gegen mich?
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Genetic
Teen FictionEmma Haydn hat einen Traum: Sie will unbedingt das berüchtigte Polizeistudium der Sonderklasse absolvieren. Auf ihrem Weg an die Spitze darf sie sich nicht ablenken lassen - schon gar nicht von ihrem neuen, unverschämt attraktiven Einsatzleiter. Un...