Mina sah mich prüfend an. „Zwischen dir und dem heißen Lehrer ist irgendwie eine komische Stimmung. Er hat dich die ganze Zeit angestarrt. Mit diesen unglaublich blauen Augen." Ihr entwich ein verträumtes Seufzen.
Ich zuckte nur mit den Schultern. „Ich habe auch keine Ahnung was er hat." Die Begegnung im Club ließ ich an dieser Stelle lieber außen vor. Eddi hielt uns die schwere Holztür des Seitenausgangs auf, so dass wir ins Freie treten konnten.
Die Luft roch nach Frühling und ein schwacher Wind verhinderte, dass der Sonnenschein zu heiß auf unserer Haut brannte. Wir setzten uns auf die charmanten Steinstufen der Universität. „Wer weiß, vielleicht ist er ja schockiert darüber, dass hier auch mal Mädchen in der Vorlesung sitzen." Mina verdrehte die Augen. „Also ich bin froh, dass ihr hier seid." Eddis breites Grinsen brachte Mina und mich zum Lachen. „Was denn?" Der Rotschopf zog eine Schmolllippe.
Mein Bauch antwortete mit einem tiefen Knurren. Vor lauter Vorfreude und Aufregung hatte ich ganz vergessen etwas zu essen. Ich zog die Brotdose mit Elias' Pfannkuchen aus meinem Rucksack und klappte sie auf. Obwohl das Gebäck mittlerweile kalt war, kam mir ein verführerischer Duft entgegen und das Wasser lief mir im Mund zusammen.
Als ich bemerkte mit welchen Blicken die anderen mein Essen anstarrten hielt ich den Behälter hoch. „Bedient euch."
„Hammer, danke. Das ist jetzt genau das Richtige.", sagte Connor euphorisch und griff in die Dose. Mina und Eddi folgten seinem Beispiel und schließlich nahm auch ich mir einen. „Ich esse ab jetzt immer mit dir zusammen, Emma.", murmelte der rothaarige Junge neben mir mit vollem Mund.
Die Mittagspause ging ab diesem Zeitpunkt rasend schnell vorbei. Wir waren so im Redefluss, dass ich sogar den Signalton fast überhört hätte. Aber nur fast. Aufgeregt sprang ich auf. „Kommt schon Leute, die Trainingshalle ruft." Die anderen 3 folgten mir zum großen gläsernen Gebäude gegenüber von unserer Universität.
Im Inneren der Halle war eine riesige freie Fläche mit verschiedensten Sportgeräten, Hindernissen und Matten zu sehen. Links vom Eingang befand sich eine Tür mit der Aufschrift „Umkleiden". Die Frauenumkleide war ziemlich klein, für nur 3 Mädchen bot sie jedoch mehr als genug Platz. Mina und ich zogen uns in rasender Geschwindigkeit unsere Sportsachen über. Unsere dritte Mitstudentin platzierte ihre Tasche am anderen Ende des Raums.
„Hey.", sagte ich. Das schwarzhaarige Mädchen hielt es nicht für nötig uns nur eines Blickes zu würdigen, geschweige denn zu antworten. Okay, da ist wohl jemand allergisch gegen Freundlichkeit.
Ich zuckte nur mit den Schultern, während Mina und ich den Raum verließen und eine Bank in der Halle ansteuerten. „Man, ist die hochnäsig. Die trägt ihren Kopf ja schon in den Wolken", flüsterte das blonde Mädchen mir zu, woraufhin ich nur nickte.
Eddi saß bereits in grünem Sportshirt auf der Bank und winkte uns zu. Gerade als wir uns neben ihn setzten betrat Alex die Halle.
Er trug die gleichen schwarzen Trainingsklamotten, wie bei meiner Aufnahmeprüfung. Und die standen ihm verdammt gut. Okay, stopp. Ich musste echt damit aufhören. Ich straffte meinen Rücken und versuchte den Faden im Gespräch zwischen Mina und Eddi zu finden. Sie unterhielten sich gerade über ihren letzten Urlaub. Schon klar, der erste Tag war noch nicht einmal vorbei und die beiden dachten schon an Urlaub.
Ich schaute mich um. Connor saß bei einer Vierergruppe von Jungs, die genauso gepumpt aussahen wie er. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wie ich mich gegen solche Muskelpakete durchsetzen sollte. Langsam stieg meine Nervosität an und die Nilpferde von heute morgen erschienen wieder in meinem Bauch.
Ein lauter Pfiff ließ uns kollektiv zusammenzucken. Alle Augen ruhten nun auf Alex.
„Einlaufen, 7 Runden." Ein weiterer Pfiff und alle rannten los. Das Laufen half mir die Aufregung abzuschütteln. Nach einer Viertelstunde standen wir alle wieder in einer Reihe.„Jetzt üben wir erst einmal Verteidigung.", kündigte unser Trainer an und stellte sich auf die Matte hinter ihm. „Du, komm mal her und greif mich an." Er zeigte auf den größten und breitesten Kerl in unserer Reihe. Wäre er grün dann hätte ich keinen Zweifel daran, dass Hulk mit uns studiert. Alex hatte ja Selbstvertrauen. Der Muskelprotz stürmte auf den Blondschopf zu. Alex trat seelenruhig zur Seite und verdrehte Hulks rechten Arm.
Unser Mitstudent keuchte überrascht auf. „Ihr greift nach dem äußeren Arm des Angreifers und dreht ihn weg von euch. Dann zwingt ihr ihn durch weitere Außenrotation des Arms in die Knie." Hulk sank mit schmerzverzerrtem Gesicht nieder. Die Rolle des Angreifers schien nicht so spaßig zu sein.
Alex ließ das Muskelpaket los. „Ihr bildet Paare. Einer ist der Angreifer und der andere muss sich verteidigen. Jeder übt die Technik bis er den Angreifer überwältigen kann." Der Blick unseres Trainers ruhte nun auf mir. „Ich möchte dass ihr beide ein Paar bildet." Er deutete auf Hulk. Ist das sein ernst? Alex schien mich offensichtlich wirklich fertig machen zu wollen.
Der Muskelprotz sah genauso verwundert aus, wie ich mich fühle. Na gut, was soll's. Dann mal los. Ich spürte Minas mitleidigen Blick in meinem Rücken, als ich zu Hulks Matte ging. „Hey, Steve.", er streckte mir seine Hand entgegen. „Emma.", erwiderte ich und drückte sie einmal kurz. Seine Hand allein war doppelt so groß, wie meine. Was hatte sich Alex nur dabei gedacht?
„Ich greife zuerst an, okay?", fragte Steve und seine Stimme triefte regelrecht vor Arroganz. Ich nickte knapp. Dann mal los. Hulk ging ein paar Meter rückwärts und sprintete dann auf mich zu. Ein Atemzug, dann war er da. Mein Körper reagierte ganz automatisch.
Ich hielt seinen Arm fest und schon ging er mit einem heftigen Knall zu Boden. Überrascht starrten wir uns an, während Steve sich langsam aufrappelte. „Autsch, das tat echt weh. Man sieht dir gar nicht an, dass du so kräftig bist.", seine Stimme klang rau und sein Gesicht glich einer reifen Tomate. Es war schwer zu übersehen, wie unangenehm die Situation für ihn ist.
„Sorry. Das war nur Glück.", sagte ich und hoffte, dass er sich dadurch ein bisschen besser fühlte. Als ich mich umdrehte um selbst Anlauf zu nehmen bemerkte ich, wie Alex mich anstarrte. Okay, langsam war ich wirklich verunsichert. Es war der gleiche undurchlässige Blick, wie bei meiner Aufnahmeprüfung.
Ich starrte einfach zurück, was unserem Trainer jedoch herzlich egal zu sein schien. Seufzend drehte ich mich Richtung Steve. „Bereit?" Der Muskelmann nickte. Das würde bestimmt gleich schmerzhaft werden. Noch einmal tief durchatmen, dann sprintete ich los.
Wenige Sekunden später drückte ich den keuchenden Steve mit meinem Knie auf den Boden. „Du kannst jetzt auch wieder runtergehen." „Oh, entschuldige." Ich half meinem Partner wieder auf die Beine.
„Keine Ahnung, was du vor diesem Studium gemacht hast, aber du bist eine Kampfmaschine." In seiner Stimme schwang Bewunderung mit. Plötzlich hörte ich Alex Stimme direkt hinter mir. „Steve, wechsle bitte deinen Partner." Bevor ich noch etwas erwidern konnte, stand Hulk schon bei der Nachbarmatte.
Als ich mich umdrehte fuhr plötzlich ein Kribbeln durch meinen ganzen Körper. Alex stand nur wenige Zentimeter von mir entfernt. Er war so nah, dass ich kein Wort herausbekam, während sich unsere Blicke miteinander verwoben. Wow, er roch wirklich gut. Würde ich mich auf die Zehenspitzen stellen, würde meine Nase bestimmt seine berühren. Sein Blick war so intensiv, dass ich Gänsehaut bekam.
„Ich bin jetzt dein Partner. Du bist der Verteidiger."
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Genetic
Teen FictionEmma Haydn hat einen Traum: Sie will unbedingt das berüchtigte Polizeistudium der Sonderklasse absolvieren. Auf ihrem Weg an die Spitze darf sie sich nicht ablenken lassen - schon gar nicht von ihrem neuen, unverschämt attraktiven Einsatzleiter. Un...