II - Lost In Doubt
26th of May
Mit einem lauten Knallen ließ ich die Haustür hinter mir ins Schloss fallen, während ich seufzend nach meiner Mutter suchte, die ich wie fast jeden Nachmittag meistens auf dem Sofa wiederfand. Besorgt rannte ich sofort zu ihr herüber und beruhigte mich rasch wieder, als ich ihren gleichmäßigen Atem erkennen konnte. Mit schnellen Schritten lief ich zu den Fenstern und öffnete kurzerhand die Vorhänge, die meine Mutter schon wieder zugezogen haben musste. Gleich danach öffnete ich ebenfalls ein Fenster, um die stickige Luft im Raum hoffentlich schnell verschwinden zu lassen. Langsam öffnete sie ihre Augen und seufzte einmal laut, was mich unangenehm zusammenzucken ließ. "Hast du deine Tabletten nicht genommen?", erkundigte ich mich bei ihr, aber bekam keine Antwort, weshalb ich rasch ins Badezimmer lief und die kleine Dose hervorholte, aus der definitiv noch keine Tabletten entnommen worden waren. "Du hast mir versprochen, sie zu nehmen, Mama." "Ich mag die aber nicht. Sie machen mich krank.", entgegnete sie mir genervt, weshalb ich die Dose einfach vor ihr auf den Tisch knallte. "Nein, diese Tabletten sind das einzige, die dich ein wenig besser fühlen lassen. Ich mache dir was zu essen." Rasant lief ich in die Küche, in der der Abwasch mal wieder fällig war, und holte zwei große Brotscheiben heraus, die ich schnell mit ein wenig Marmelade beschmierte und sie meiner Mutter zu den Tabletten auf den Tisch stellte. Danach schenkte ich ihr noch ein wenig Wasser in ihr benutztes Glas und hoffte, dass sie heute auf mich hören würde. "Ich muss jetzt ins Restaurant und wenn ich wieder da bin, hoffe ich, dass du das gegessen hast. Und diese Tabletten sollten am besten auch weg sein, Mama.", erklärte ich ihr eindringlich, weswegen sie nur schwach nickte, mir aber nicht ins Gesicht sehen konnte. Seufzend drückte ich ihr einen Kuss auf die Schläfe, bevor ich mich schnell umzog und meine Haare zu einem Zopf band.Mit einem Mal nahm ich meine Schlüssel und verließ stillschweigend die Wohnung. Glücklicherweise war das Restaurant, in dem ich einen Job ergattern konnte, nur einen Block entfernt. Sonst hätte ich es wahrscheinlich nicht mal mehr geschafft meine Mutter nach der Schule zu sehen.
"Auf die Minute pünktlich.", kam es von meiner Chefin, die mich ermahnend beäugte, als ich durch die Hintertür meinen Arbeitsplatz betrat. "So wie Sie es wünschen." Sie rollte kurz belustigt mit den Augen, bevor sie mir meine Schürze in die Hand drückte und mich seufzend betrachtete. "Es ist heute voll, Manu. Denkst du, du schaffst das? Mit der Schule und so?", erkundigte sie sich besorgt bei mir, während ich mir die Schürze um die Hüften band. "Theresa, du weißt, ich kann das. Ich bin zwar der Jüngste hier, aber trotzdem immer zuverlässig.", erklärte ich ihr die Lage, weswegen sie nur bestätigend nickte und die Schürze, die ich mir gerade angezogen hatte, konzentriert zurecht rückte. "Ich will nur keine Anzeige auf dem Tisch haben, weil ich einen 17-Jährigen versklave." "Von einer Versklavung kann man wohl kaum sprechen.", stellte ich klar und verstand nicht, warum sie sich solche Sorgen machte. Die Blondhaarige war eine sehr gutherzige Frau, die mir wahrscheinlich das Leben damit gerettet hatte, dass sie mir ausnahmsweise einen gutbezahlten Job gab, obwohl ich nicht einmal 18 Jahre, geschweige denn 21 Jahre alt war. Sie hatte mich einfach von Anfang an ins Herz geschlossen und wenn sie mal ehrlich war, war ich wahrscheinlich ihr bester Mitarbeiter. Nur würde sie das nie freiwillig zugeben."Manu, meine Güte. Da bist du ja endlich, ich verzweifle!", kam es von Dado, welche höchstwahrscheinlich die zweitbeste Mitarbeiterin war und zudem auch noch eine sehr gute Freundin von mir. Dado war gerade mal ein Jahr älter als ich und ging nebenbei auch noch zur Schule für einen besseren Schulabschluss, nur war ihre Schule wohl um einiges günstiger. 'Dado' war gefühlt schon immer mein Spitzname für sie gewesen, der irgendwann mal in einer kurzen Nacht mit sehr viel Alkohol entstanden war und seitdem konnte ich mir nicht mehr vorstellen, sie anders zu nennen, besonders nachdem sie sich bei mir als nicht-binär geoutet hatte und sie sich mit meinem Spitznamen für sie sowieso am wohlsten fühlte. "Tut mir leid, ich musste heute ein Festival organisieren und es ist viel dazwischen gekommen.", erklärte ich kurz gefasst und fragte mich, ob ich Dado noch von Patricks Angebot erzählen würde, das mir leider schon den ganzen Nachmittag nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Dado wusste viele Dinge über mich, wahrscheinlich sogar mehr als Michael, aber das lag nur daran, dass er es nicht verstehen würde. Micha konnte meine Geldprobleme niemals nachempfinden, da er nun einmal mit einem Silberlöffel im Mund geboren wurde, deswegen verstand er auch nie, warum ich mich so abarbeitete. Er war ein toller Mensch und ein noch besserer Freund, aber trotzdem würde er es nie so verstehen können, wie wir es taten, sie und ich. "Okay, wir reden später. Tisch 13 möchte bestellen. Machst du das schnell?", hakte sie gestresst nach, weswegen ich eifrig nickte und mich an die Arbeit begab.
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Lost In Lies | Kürbistumor
FanfictionSchülersprecher, bester Schüler seines Jahrgangs und dazu auch noch verdammt talentiert. Für Manuel könnte es nicht besser laufen, wenn da bloß nicht diese Geldprobleme wären, die ihm wahrscheinlich bald seinen Schulplatz kosten werden. "Ich kann a...