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!Kleine Trigger Warnung: Erwähnung von selbst verletzendem Verhalten!

XXXII - Lost In Apologies

26th of July
"Wo genau fahren wir hin?", erkundigte ich mich bei dem Braunhaarigen neben mir, der daraufhin weiter geradeaus auf die Straße blickte und unwissend mit den Schultern zuckte, was mich genervt aufstöhnen ließ, "Ich mag immer noch keine Überraschungen." "Die letzte schien dir aber gefallen zu haben.", kommentierte Patrick schelmisch grinsend und schenkte mir dabei einen kurzen Seitenblick, bevor er seine schicke Sonnenbrille richtete und sich wieder aufs Autofahren konzentrierte. Genervt zog ich die Luft ein und ließ mich in den bequemen Sitz zurückfallen, während ich darüber nachdachte, was für eine dumme Idee es mal wieder gewesen war, sich einfach in Patricks Wagen zu setzen, ohne zu wissen, was der braunhaarige Schönling wirklich vor hatte.
Leicht grinsend fiel mein Blick wieder auf den Braunhaarigen, der nur noch zu strahlen schien und entspannt den Song aus dem Radio mit summte, während er passend zum Rhythmus mit seinem Zeigefinger auf dem Lenkrad herum tippte. Heute war seine Laune wahrscheinlich besser denn je, wenn man bedachte, dass die Prüfungsergebnisse heute morgen herausgegeben wurden und er die hart erarbeitete Versetzung geschafft hatte. Lächelnd erinnerte ich mich an die Mittagspause zurück, in der Patrick mir im wahrsten Sinne des Wortes um den Hals gefallen war und die ganze Aufmerksamkeit auf uns gezogen hatte. Über glücklich hatte er mir seine Ergebnisse gezeigt und ziemlich durchschnittlich bestanden, aber am meisten freute ihn die gute zwei in Biologie, die sofort unter den sonst so ähnlichen Noten herausstach. Stolz hatte ich ihn noch einmal in meine Arme gezogen und die verwirrten Blicke der anderen ignoriert, die sich immer noch ihre Meinung über unsere Beziehung bildeten. Und da das nun einmal eine überragende Leistung war, hoffte ich einfach nur, dass er uns irgendwo hinfuhr, wo wir diesen besonderen Tag feiern konnten. Oft hatte Patrick schon nach meinen Noten gefragt, weswegen ich ihm versichert hatte, dass sie eben so wie immer waren und deswegen nicht besonders gefeiert werden mussten, aber Patrick schien das ganz anders zu sehen. Schließlich war das auch eine wichtige Leistung.

Überrascht blickte ich mich um, als wir plötzlich haltmachten und Patrick gleich das Dach seines Cabrios hochfuhr, was mich verwirrt zu ihm schauen ließ. Doch als ich das schicke und nicht gerade günstig aussehende Café auf der anderen Straßenseite erblickte, schien das nur Nebensache zu sein. "Willst du etwa dort etwas essen? Das ist doch viel zu teuer.", versuchte ich meine Zweifel breitzutreten, aber schien keine Antwort von dem Braunschopf zu bekommen, der plötzlich die Autotür öffnete und ohne weitere Erklärung ausstieg. Seufzend griff ich genauso nach dem Türgriff und musste schockierend feststellen, dass das Auto plötzlich wohl schon abgeschlossen war. Hilfesuchend wollte ich mich gerade wieder zu Patrick umdrehen und konnte aber nur auf die Schnelle erkennen, wie die Fahrertür ein weiteres Mal geöffnet wurde, um eine bekannte Person dort durchzuschieben und sie danach gleich wieder zu schließen. "Sagt mal, habt ihr sie nicht mehr alle?!", vernahm ich rasch die aufgebrachte Stimme von Michael, die mich genervt aufstöhnen ließ. Micha schenkte mir keinen einzigen Blick und rüttelte stattdessen wütend an dem Türgriff, um schnell dieser Situation entfliehen zu können, doch Patrick stand dort, mit einem fetten Grinsen auf dem Lippen, vor der Fensterscheibe, während er provokant mit dem Autoschlüssel spielte. Und als dann auch noch Dado hinter ihm hervorkam, verstand ich endlich, was die beiden hier spielten. Das hier war ein typischer Versuch, Micha und mich zum Reden zu zwingen, damit wir uns am Ende vertrugen und es für alle Beteiligten angenehmer werden konnte.
Eigentlich waren diese Spielchen gar nicht meins und definitiv sehr falsch, aber irgendwo tief in mir war ich auch froh, dass ich diese Chance bekommen hatte. Eine Chance, mich ohne viel Aufwand mit dem Jungen zu vertragen.

"Das wird nichts bringen.", hauchte ich leise, da Michael immer noch an dem Türgriff herumspielte und versuchte, sich zu befreien. Genervt seufzte ich, als der Blauäugige mich offensichtlich ignorierte. "Wollen wir uns nicht einfach vertragen und den beiden damit geben, was sie wollen?", erkundigte ich mich frustriert bei ihm, während ich nebenbei aus dem Fenster schaute und die Autos beobachtete, die an uns vorbeifuhren. Erleichtert atmete ich aus, als es still um uns wurde, da Michael endlich aufgehört hatte, mit dem Türgriff zu kämpfen. "Das kannst du vergessen.", zischte er wütend und ließ sich rasch in den Sitz hinter sich fallen. Seufzend konnte ich beobachten, wie Micha seine Arme vor seiner Brust verschränkte und wie ein kleines Kind zu schmollen schien, während ich bemerkte, dass das hier doch ernster war als gedacht. Ich wusste, dass ich Fehler gemacht hatte. Ich wusste, dass ich ziemlich egoistisch gewesen war, aber so richtig hatte ich wohl noch nicht verstanden, dass ich wirklich dabei war, meinen besten Freund zu verlieren. Trotzdem wusste ich nicht, wie genau ich das wieder gerade biegen sollte.
"Ich weiß, dass ich in den letzten Wochen ein schlechter Freund gewesen war, okay?", fing ich langsam an und konnte daraufhin hören, wie Michael einen abwertenden Ton von sich gab, "Okay, wahrscheinlich war ich nie wirklich ein besonders guter Freund gewesen." Leise seufzte ich, als Michael nicht darauf antwortete und immer noch ziemlich beleidigt zu sein schien. "Ich dachte einfach immer, dass es besser für uns wäre, genügend Abstand zu halten. Schließlich sind wir so verschieden und ich hatte das Gefühl, dass ich dich verlieren könnte, wenn dir das letztendlich auffallen würde. Aber-" "Denkst du wirklich, ich wüsste das nicht?", kam es frustriert von Michael, der mich jetzt das erste Mal anzusehen schien. Überrascht blickte ich ihm in die Augen. "Natürlich weißt du das. Aber es ist was anderes, etwas zu wissen, als etwas wirklich zu spüren!", erklärte ich ihm ein wenig harscher, bevor ich einmal tief durchatmete, um mich wieder zu beruhigen, "Als ich auf die Schule kam, war ich der arme Junge mit dem blöden Halb-Stipendium und du warst der einzige, der angefangen hat, mit mir zu sprechen. Du warst der einzige, der nett zu mir war, okay? Und du weißt genau wie ich, dass ich es ohne dich niemals geschafft hätte, den Respekt der Schule zu verdienen und Schülersprecher zu werden. Ich wollte nicht zu viel von mir preisgeben und eines Tages plötzlich feststellen müssen, dass dir das genauso wenig gefällt wie den anderen. Dass du genug von meiner Welt hast."

Lost In Lies | KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt