Extra Scene - There You Are

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XXXVI - There You Are

May 2024
"Denkst du nicht, dass das vielleicht etwas drüber ist?", sprach er mit ernstem Ton auf mich ein, während mein Lächeln langsam von meinem Gesicht verschwand und meine Augen durch den großen Spiegel zögerlich die seine trafen. Kühl starrte mich das sonst so sanfte blau in seinen Augen an, bevor er seinen Blick kopfschüttelnd von mir abwand und seine Arme vor der Brust verschränkte. Mit einem unwohlen Gefühl im Bauch fiel mein Blick wieder auf mich im Spiegel, während ich unsicher mein neu gekauftes Outfit begutachtete. Plötzlich schien es nicht mehr so zu leuchten, wie es das eben noch getan hatte.
"Ich meine ja nur. Du kannst machen, was du willst.", redete er weiter, was mich durch seinen bitteren Ton leicht zusammenzucken ließ, "Aber man sieht halt wirklich ALLES, Maurice. Du weißt, was ich meine." Und wahrscheinlich wusste ich wirklich, was er meinte. Schließlich warnte er mich jedes Mal aufs neue, wenn ich daran dachte, etwas Zuckerhaltiges zu essen. Manchmal verletzte mich das zutiefst, aber im nächsten Moment erinnerte ich mich daran, dass er es nur gut meinte. Und während er das Zimmer verließ und ich unangenehm versuchte, an meinem Outfit herumzuziehen, um vielleicht doch die richtige Position zu finden, mit der er zufrieden wäre, kam mir in den Sinn, wie viel er eigentlich für mich tat. Dieser Gedanke verleitete mich dazu, das kurz geschnittene Oberteil wieder auszuziehen, das so besonders meine Taille betont hatte. Und im nächsten Moment erwischte ich mich dabei, wie ich nach dem viel zu großen Pullover griff, den er mir zu unserem 6-monatigem Jubiläum geschenkt hatte. Vielleicht auch in der Hoffnung, dass er so mit mir zufrieden wäre.

"Dado? Alles klar, süße?", ließ mich die Stimme von Theresa zusammenzucken, während sie fragend meinen Gesichtsausdruck analysierte. "Entschuldige, was?", entgegnete ich ihr perplex, bevor ich mich umsah und zum Glück feststellte, dass kein neuer Gast gekommen war, den ich hätte bedienen müssen. "Hey Mike, kannst du hier mal übernehmen?", rief sie laut meinem Kollegen zu, bevor sie sich wieder auf mich konzentrierte und mir behutsam eine Hand auf die Schulter legte, "Komm, Dado. Wir machen eine kleine Pause."

Als wir hinten im Pausenraum angekommen waren, starrte ich nervös durch den Raum, um ihr nicht ins Gesicht sehen zu müssen, während sie versuchte, mich auszufragen. "Was ist los, hm? Du bist schon gestern so abgelenkt gewesen." Angespannt kaute ich auf meiner Unterlippe herum, ohne auch nur ein Wort von mir zu geben. "Na, komm schon. Was ist es? Vermisst du etwa Manu?" "Ich vermisse Manu immer, aber...", stoppte ich abrupt, als ich bemerkte, dass ich fast zu viel gesagt hätte. "Aber?", hakte sie weiter nach, was mich genervt aufseufzen ließ. Theresa war viel zu stur, als dass ich diesem Gespräch aus dem Weg gehen könnte. Wenn es sein musste, würde sie mich den ganzen Abend lang im Pausenraum einsperren. "Aber das ist es nicht.", antwortete ich also seufzend, "Ich bin nur etwas in Gedanken, weil sich mein Freund seit vorgestern nicht wirklich gemeldet hat. Ich weiß, dass das keine große Sache ist. Schließlich hat er erst vor Kurzem seine mündliche Prüfung bestanden und ist bestimmt bei Freunden zum Feiern oder so." Kurz stoppte ich und kaute weiterhin unbehaglich auf meiner Unterlippe herum. "Ich habe früher einfach viele schlechte Erfahrungen mit Beziehungen gemacht. Manchmal fällt es mir schwer, mich daran zu erinnern, dass er nicht wie die anderen ist."

"Ach, Dado. Ich denke auch, dass das alles einen einfachen Grund haben wird.", stimmte Theresa mir zu und berührte bekräftigend meinen Arm, "Aber ich kann dich auch verstehen. Weißt du was? Du kannst jetzt nach Hause gehen, okay? Mach dir einen schönen Abend." "Aber-", wollte ich protestieren, aber wurde gleich wieder unterbrochen. "Kein 'aber'. Du gehst jetzt nach Hause und wenn du dich danach fühlst, kannst du dein Schicksal auch selbst in die Hand nehmen. An deiner Stelle würde ich einfach vor seinem Haus stehen und warten, bis er raus kommt."


Anstatt mitten in der Nacht vor Michas riesigen Anwesen zu stehen, entschied ich mich doch viel lieber dazu, mich in mein Bett zu liegen, ein wenig Musik zu hören und dabei gedankenverloren an die Decke zu starren, während ich mir einredete, dass Micha sich schon melden würde, wenn er mich sehen wolle. Dabei versuchte ich gekonnt, die rasenden Gedanken zu ignorieren, die durch meinen Kopf schwirrten und zu verdrängen, dass mein Freund mir nicht mehr antwortete. Und am meisten wollte ich verdrängen, dass morgen seine Prom war, zu der er mich nicht eingeladen hatte.
"Maurice, du musst doch verstehen, dass ich mich nicht so mit dir zeigen kann! Merkst du eigentlich selbst, wie du aussiehst?", ertönte seine nervtötende Stimme in meinem Kopf, während ich die Augen zukniff, meine Musik lauter stellte und mich auf die andere Seite des Bettes drehte. Ich musste mich einfach nur daran erinnern, dass er nicht mehr da war, schon lange nicht mehr. "Das ist ja mal wieder typisch! Schon wieder sperrst du dich ein. Wie wäre es mal, wenn du deinen Mann stehen und mich konfrontieren würdest? So wie es jeder andere tun würde!"

Lost In Lies | KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt