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XXII - Lost In a Disagreement

4th of July
Müde gähnte ich einmal laut, während mir meine Augen schon fast zu fielen, als ich durch die Gänge der Schule lief und mich manche Mitschüler skeptisch beäugten. Völlig gelassen ignorierte ich die urteilenden oder mitleidenden Blicke und trank noch einen weiteren großen Schluck von meinem Kaffee, den ich mir vor Kurzem in der Cafeteria gekauft hatte. Und so als wäre meine Müdigkeit nicht schon anstrengend genug gewesen, konnte ich von Weitem erkennen, wie Michael mir entgegen kam und konzentriert an seinem roten Schulblazer fummelte, während er nebenbei in ein anregendes Gespräch mit einem Jungen aus dem Footballteam vertieft war. Einer dieser Menschen, denen er sonst lieber aus dem Weg gegangen war. Etwas verwirrt starrte ich den Jungen an, als er mir beim Vorbeigehen einen bösen Blick schenkte und ich sofort mit den Augen rollen musste. Ich fragte mich einfach nur noch, wann dieses Drama endlich vorbei sein würde. Trotzdem war ich momentan zu beschäftigt, um mich auch noch um Michaels Stimmungsschwankungen zu kümmern, wenn man bedachte, dass die Prüfungen anstanden, ich angeboten hatte, Patrick beim Lernen zu helfen und ich das halbe Festival seit gestern noch einmal neu planen musste.
Nachdem unsere Direktorin mir verraten hatte, dass niemand geringeres als Patricks Exfreundin meine neue Aushilfe werden würde, hatte ich mich sofort nach der Schule mit ihr treffen müssen. Eigentlich war es gar nicht so schlimm gewesen, wie gedacht. Schließlich war sie ganz plötzlich über freundlich, obwohl sie mir sonst böse Blicke auf dem Schulflur schenkte. Aber später hatte ich verstanden, dass das aufgeweckte Mädchen viel mehr einen passiven Kampf austragen wollte. Nachdem ich ihr das ganze Konzept vom Festival, wie auch alle festgeplanten Kleinigkeiten und unsere Ausgaben gezeigt hatte, hatte sie rasch vieles daran auszusetzen gehabt oder viel mehr hatte sie nach vielen kleinen Möglichkeiten gesucht, meine Pläne ohne wirkliche Erklärungen schlecht zu finden. Trotzdem hatte ich mir geschworen, sie nicht gewinnen zu lassen. Ich wollte unbedingt ruhig bleiben und mich auf so viele Kompromisse wie möglich einlassen, besonders aus einem bestimmten Grund. Ayla würde unserer Direktorin sofort erzählen, was zwischen uns geschah und momentan stand ich schon schlecht genug bei Patricks Mutter da. Ich wollte nicht in ihre Falle tappen und lieber eine heuchlerische Freundlichkeit aufbauen, die viel mehr nervte als eine aggressive Art und Weise. Schließlich sagten die Leute doch nicht ohne Grund 'Kill them with kindness'. Trotzdem wusste ich nicht, wie lange das noch gut ginge, aber bis jetzt konnte ich das ertragen. Auch wenn das noch mehr Arbeit für mich bedeutete.

Schläfrig gähnte ich ein zweites Mal, als ich daran dachte, dass ich nach dem wunderbaren Nachmittag mit Ayla auch noch für die unteren Klassen Nachhilfe gegeben hatte und erst spät zu Hause gewesen war. Und Zuhause musste ich mir natürlich noch die ganze Geschichte über das Vorstellungsgespräch meiner Mutter anhören, die seit langem wieder dieses Glänzen in ihren Augen gehabt hatte. Niemals hätte ich das verpassen wollen, indem ich früh ins Bett gegangen wäre.
Etwas verträumt lehnte ich mich endlich gegen meinen Spind, während ich an die Reaktion von Patrick dachte, als er herausgefunden hatte, dass ich nun mit Ayla zusammenarbeiten müsste. Sofort hatte er mir angeboten, noch einmal mit seiner Mutter zu reden, was ich aber keineswegs wollte. Schließlich wollte ich ihr wirklich nicht noch weitere Gründe geben, mich zu hassen und es mir noch schwerer zu machen. Lange hatten wir nämlich noch darüber diskutiert, ob Misses Mayer mich damit eigentlich nur für die Durchsage von Patrick bestrafen wollte. Sie wusste genauso wie die ganze Schule, dass sie Patricks Exfreundin war und die Atmosphäre zwischen uns leicht angespannt ist und genau das sorgte dafür, dass ich mich fragte, warum sie uns zusammen arbeiten ließ. Etwas genervt schüttelte ich diese ganzen Spekulationen aus meinem Kopf und redete mir ein, dass es nichts brachte, darüber nachzudenken. Es war nun einmal jetzt so, wie es eben war und Patricks Mutter, genauso wie Ayla, würde ihre Meinung nicht mehr ändern.

Kraftlos öffnete ich langsam meinen Spind und meine Laune sank noch weiter in den Keller, als dort ein kleiner rosa Zettel lag, der schon wieder so aussah, als würde er von meinem heimlichen Verehrer kommen. Seufzend nahm ich das Zettelchen heraus und las mit zusammengezogenen Augenbrauen rasch den kurzen Satz, der dort extra rauf gedruckt war und nicht mit Handschrift geschrieben wurde. "Auch wenn der Weg schwer scheint, wirst du ihn meistern. Viel Kraft für heute :)" Etwas verblüfft fragte ich mich, woher Celine wissen sollte, dass ich am heutigen Tage wirklich viel Kraft brauchte, wenn es später darum ginge, Ayla wieder zu treffen. Aber wahrscheinlich hat sie mit ihrem nervigen Motivationssatz aus Versehen ins Schwarze getroffen. Genervt schnaubte ich kurz und schaute mich gleich nach dem jüngeren Mädchen um, das eigentlich versprochen hatte, damit aufzuhören. Besonders nachdem Patrick ihr noch einmal mächtig Angst gemacht hatte, hatte ich wirklich gedacht, sie ließe es nun sein, aber anscheinend musste ich ihr selbst noch einmal eine Ansage machen.
"Ethan!", rief ich laut, bevor sich der Angesprochene zu mir umdrehte und das Gespräch mit den zwei Mädchen aus seiner Klasse für ein paar Minuten unterbrach, "Weißt du eventuell, wo Celine gerade ist?" Verwirrt schaute Ethan mich nur an, als ich das Mädchen erwähnte, das auch ein Teil der Schülerzeitung war. Erst vor Kurzem hatte ich verstanden, dass Celine wirklich das Mädchen gewesen war, das den Aufklärungsartikel über uns geschrieben hatte, wie auch den Artikel von gestern, über meinen heimlichen Verehrer. Niemals werde ich verstehen, warum sie im Grunde freiwillig versteckte Artikel über sich selbst schrieb. "Ich denke, in der Redaktion. Sie ist ein wirklich fleißiges Mädchen, das auch in ihren Pausen arbeitet.", antwortete Ethan mir schulterzuckend und schielte nebenbei langsam auf den rosa Zettel in meiner Hand, "Also sei nett zu ihr. Was auch immer du vorhast."
Genervt ignorierte ich seine Aussage einfach, weil er wahrscheinlich vermutete, dass ich mich wegen dem gestrigen Artikel beschweren wollte und sprintete in Richtung der Redaktion, während mich verwirrte Blicke beäugten, die ich weiter ignorierte. Ich würde mich niemals daran gewöhnen können, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu sein.

Lost In Lies | KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt