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XVIII - Lost In a New Project

27th of June
Während sich meine Stirn in Falten legte und ich stark darüber nachdachte, was noch alles zu erledigen war, rannte ich etwas verloren durch die Gänge der Schule. Immer mal, alle paar Sekunden, blickte ich von meinem Smartphone auf, um nebenbei zu checken, dass ich niemanden anrempelte und noch in die richtige Richtung lief. Wahrscheinlich war es nicht die beste Idee, während des Laufens auf ein Smartphone zu starren und die Punkte von der To-Do Liste abzuhaken, die schon geschafft wurden. Schließlich sind so bestimmt schon viele Menschen gestorben, obwohl die größte Gefahr in diesem Gebäude wohl eher war, in einen übergroßen Sportler zu laufen, der mich nur mit seinen kleinen Finger gegen einen der Spinde werfen konnte. Trotz allem schien ich keine andere Wahl zu haben, wenn man bedachte, wie lang meine To-Do Liste wirklich war, nachdem ich ein Wochenende damit verschwendet hatte, ein Footballspiel und eine Party zu besuchen. Naja, wahrscheinlich konnte man es nicht direkt verschwendet nennen, wenn ich eigentlich ziemlich viel Spaß gehabt hatte. Gedankenverloren erinnerte ich mich an den Moment zurück, als Patrick und ich am Pool gesessen und über unsere Zukunft geredet hatten. Nie hatte ich gedacht, dass er wirklich irgendwann mal Lehrer werden wollen würde, wenn er sich doch durchgehend über die Lehrer unserer Schule beschwerte, wahrscheinlich am meisten über seine Mutter. Aber vielleicht war es genau das für ihn gewesen. Dass er es besser machen wollte. Und dann wollte er dazu noch das Land verlassen, obwohl er doch ziemlich zufrieden hier sein konnte. Schließlich lebte er den amerikanischen Traum, mit allem drum und dran, so wie es jeder haben wollte. Und manchmal musste ich daran denken, dass er alles hatte, was jeder haben wollte und es ihm anscheinend nicht genug war. Genauso wie alles, was ich hatte, nicht gut genug für mich war, nur auf einer anderen Ebene.
"Aber wenigstens treffen wir uns am Horizont.", erinnerte ich mich an den Satz zurück, den ich zu Patrick gesagt hatte, als er mich mit dem Mond verglichen und ich in ihm die Sonne gesehen habe. Das war wahrscheinlich das komischste Gespräch gewesen, das wir jemals gehabt hatten, besonders weil es nicht einmal wirklich Sinn ergab. Schließlich war ich kein bisschen wie der verdammte Mond, aber trotzdem setzte sich ein ungewohntes Lächeln bei dem Gedanken daran auf meine Lippen, das ich nicht mal mehr zu kontrollieren schien.

Genervt stöhnte ich auf, als ich gegen etwas stieß und mein Smartphone mir dabei aus der Hand fiel, sodass ich panisch zu Boden blickte. Rasch hob ich es mit einer schnellen Bewegung vom Boden auf und atmete erleichtert aus, als ich sah, dass der Bildschirm keinen einzigen Riss davon getragen hatte. Wir danken den Menschen, der das Panzerglas erfunden hat. Erschrocken fiel mein Blick nun auf das Mädchen, das ich umgerannt hatte und dessen Bücher, die nun verstreut auf dem Boden lagen. "Oh, scheiße. Tut mir echt leid.", murmelte ich rasch und wollte ihr gerade dabei helfen, ihre Sachen einzusammeln, doch als ich mich zu ihr herunter bücken wollte, hatte sie alle ihre Bücher schon wieder unter ihren Arm geklemmt und nickte mir nur einmal zu, bevor sie verschwand. Perplex schaute ich ihr nach und konnte kaum glauben, dass ihr Zeitplan noch stressiger als meiner sein müsste. Kopfschüttelnd lief ich nun endlich zu meinem Spind, nachdem ich mein Smartphone eingesteckt hatte und versuchte zu ignorieren, dass meine To-Do Liste mich nicht einmal aus dem Konzept hatte bringen können, aber die Erinnerung an Samstagabend schon.
Seufzend öffnete ich meinen Spind und staunte nicht schlecht, als schon wieder etwas herausfiel und vor meinen Füßen Halt machte. Rasch schaute ich mich um und bemerkte sofort, dass die meisten Blicke auf mir lagen, weswegen ich das nächste Kuscheltier aufhob und es nur kurz betrachtete. Dieses Mal war es ein süßer Hase, der mich ein wenig an Schnuffel erinnerte, definitiv ein Kindheitstrauma und kein kitschiger Teddybär. Trotzdem blieb auch das Kuscheltier kitschig, besonders als ich nach ein paar Sekunden bemerkte, dass in der kleinen Pfote "You're cute." stand. Frustriert legte ich das Kuscheltier einfach in meinen Spind und schlug diesen danach schnell zu, um es nicht mehr sehen zu müssen. Es war keinesfalls schlimm, dass höchstwahrscheinlich jemand einen Crush auf mich hatte und mir kleine Geschenke geben wollte, um diese Gefühle auszudrücken. Aber das anstrengende war einfach, dass es so geheim sein musste. Ich konnte verstehen, dass es Überwindung kostete, sich zu öffnen und seine Gefühle auszusprechen, aber trotzdem wäre egal was dabei raus käme einfacher, als das was gerade hier passierte.

Lost In Lies | KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt