XXXVI - Here With Me
August 2024
"Muchas gracias!", vernahm ich nebenbei die Worte meiner Schwester, die ihr Gespräch am Schalter beendet zu haben schien, "Mein Flieger ist schon auf dem Weg. Es sollte also nicht mehr allzu lange dauern." Seufzend legte sich meine Stirn in Falten, als ich eine weitere Nachricht meines Vaters empfing und ich Ivy dabei erneut nur mit einem Ohr zuhörte. "Gefällt dir die neue Wohnung? Falls nicht, sag mir einfach Bescheid und ich kümmere mich sofort darum, Patrick. Du kannst dich immer bei mir melden. Dein Dad.", las ich seine nächste Nachricht rasch, bevor ich spürte, wie Ivy mir leicht in den Arm kniff und ich bei dem plötzlichen Schmerz reflexartig mein Handy ausschaltete. "Auh! Was sollte das denn?" "Du hörst mir nicht zu! Was ist schon wichtiger als deine kleine Schwester, hm? Manu kann es ja wohl nicht sein, wenn er noch im Flieger steckt.", beschwerte sie sich schmollend bei mir und deutete auf das Smartphone in meiner Hand, während ich genervt mit dem Kopf schüttelte. "Es ist nichts besonderes. Nur mal wieder unser Vater." Seufzend verschränkte sie ihre Arme vor der Brust und sah mir dabei eindringlich in die Augen, weswegen ich meinen Blick wortlos von ihr abwendete und kurz ein wenig Luft ausstieß. "Man, Patrick, wann wirst du ihm endlich eine zweite Chance geben? Er bemüht sich wirklich sehr." Kurz lachte ich schelmisch, bevor ich ungläubig mit dem Kopf schüttelte. "Sich von Mama zu trennen, von Zuhause auszuziehen und mir eine neue Wohnung in Spanien zu kaufen, reicht noch lange nicht, um die letzten Jahre gutzumachen, Ivy." "Das behauptet doch auch niemand.", entgegnete sie mir gestresst, "Ich will damit nur sagen, dass er sich verändert hat und sich wirklich Mühe gibt, jetzt für uns da zu sein. Und ich denke, dass du das annehmen solltest. Es ist schon schwer genug, ein verkorkstes Elternteil zu haben, okay?"Nachdenklich starrte ich auf meinen Schoss und dachte daran, meinem Vater vielleicht noch zu antworten. Aber auch wenn Ivy recht hatte, merkte ich, wie schwer es mir immer noch fiel, ihn wieder an mich ran zu lassen. Innerlich war dort immer noch der kleine Junge, der sich nach der Aufmerksamkeit seines Vaters sehnte und den halben Tag darauf gewartet hatte, dass er seine Arbeit beendete und Zeit mit ihm verbrachte. Oder der Teenager, der sich mal wieder heftig mit seiner Mutter stritt, sehnsüchtig zu seinem Vater aufblickte und darauf hoffte, dass er ihn dieses eine Mal vielleicht in Schutz nehmen würde.
"Ich werde mich bemühen, es zu versuchen, okay? Aber auf meine Art und Weise.", versicherte ich meiner Schwester, während ich meinem Vater nur einen kurzen Daumen nach oben schickte. Vielleicht weil Ivy mich dazu überzeugt hatte, wenigstens etwas zu tun. Aber vielleicht auch, weil ich nicht wie er sein wollte."Es tut mir übrigens leid, dass ich nicht länger bleiben kann. Ich hätte wirklich gern noch mehr Zeit mit dir und auch mit Manu verbracht.", wechselte sie daraufhin das Thema, "Aber es ist nun einmal Ben's Geburtstag und..." "Du willst Zeit mit deinem festen Freund verbringen, ich verstehe schon. Ich meine, ich habe dich sowieso viel zu lange von ihm getrennt. Also mach dir keine Sorgen.", unterbrach ich sie grinsend und legte dabei eine Hand auf ihre Schulter, "Ich verbringe sowieso viel lieber meine restliche Freizeit mit Manu alleine." Empört befreite sie sich sofort aus meiner Berührung, während ich laut lachte. "Wie kannst du nur? Hast du ihn etwa lieber als mich? Als deine einzige Schwester?!", entgegnete sie mir mit einem lauten, spielerisch beleidigten Ton in der Stimme, während ich ihr lachend die Zunge ausstreckte. "Nein, Spaß beiseite. Ich werde dich natürlich sehr vermissen.", kam es ehrlich von mir, was ihr sofort ein Grinsen auf die Lippen zauberte. Ohne Vorwarnung nahm sie mich in ihren Arm und wirkte plötzlich so, als würde sie mich eigentlich nie wieder loslassen wollen.
"Ich dich auch, Patrick, glaube mir. Zuhause wird es ohne dich nicht mehr wie vorher sein.", flüsterte sie mir mit einem ernsten Ton ins Ohr, "Aber trotzdem wirst du es hier rocken, ja? Ich bin super stolz darauf, dass du deinen Traum verwirklichst." Emotional drückte ich sie noch ein wenig näher an mich, während ich versuchte, nicht zu weinen und nebenbei vernehmen konnte, wie ihr Flug durch die Lautsprecher angesagt wurde. "Ich muss los, aber ich werde dich schon bald wieder besuchen kommen. Oder du mich, nicht wahr? Spätestens zu Thanksgiving." Wortlos nickte ich, nachdem sie sich von mir gelöst hatte und ihren Koffer in die Hand nahm. "Auf Wiedersehen, Schwesterchen." Leise grinste sie und winkte mir noch ein letztes Mal zu, bevor sie sich umdrehte und langsam aus meiner Sicht verschwand.
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Lost In Lies | Kürbistumor
FanfictionSchülersprecher, bester Schüler seines Jahrgangs und dazu auch noch verdammt talentiert. Für Manuel könnte es nicht besser laufen, wenn da bloß nicht diese Geldprobleme wären, die ihm wahrscheinlich bald seinen Schulplatz kosten werden. "Ich kann a...