XXVIII - Lost In Confessions
14th of July
Müde rieb ich mir die Augen, bevor ich zurück auf meinen Collegeblock blickte und mich stark darauf konzentrierte, meine Augen auf zu halten. Langsam schien der Schlafmangel auch für mich zu viel zu sein, wenn man bedachte, wie ich mich fühlte. Mein Kopf war schwer, meine Augenringe tief und am liebsten würde ich einfach nur nach Hause gehen, um mich in mein Bett legen zu können. Meine Mutter hatte heute morgen schon versucht, mich dazu zu überreden, einfach mal zu Hause zu bleiben. Sie wusste schließlich genauso gut wie ich, wie spät es gestern geworden war und wie wenig ich momentan allgemein schlief. Außerdem war der gestrige Abend sehr emotional für mich gewesen, so emotional wie noch nie. Es war ein komisches Gefühl gewesen, mit meiner Mutter über meinen Vater zu sprechen, aber plötzlich schien ich das alles besser zu verstehen. Ich fühlte mich freier und hatte das erste Mal seit Langem das Gefühl, dass ich meine Vergangenheit akzeptieren konnte. Vorher war dort immer etwas Unausgesprochenes zwischen meiner Mutter und mir gewesen und nun schienen diese dunklen Ereignisse wie eine Erinnerung, die zu unseren Leben gehörte. Etwas, das da war und auch das sein musste, aber über das man nicht durchgehend sprach.Genervt seufzte ich einmal laut auf, als ich mich verschrieben hatte und bei meiner kleinen Rechnung einen Fehler machte, weswegen ich den Stift frustriert zur Seite warf und mich in meinen Stuhl zurücklehnte. Ich wünschte wirklich, ich hätte heute Zuhause bleiben können, aber genau zwei Wochen vor dem großen Festival war einfach viel zu viel zu tun. Unsere Direktorin wollte unbedingt eine Übersicht für das Festival haben, die alle Gäste, Ausgaben, Einnahmen und das ganze Programm beinhaltete. Und da Ayla sich eher weniger für solche Aufgaben interessierte, blieb das Meiste an mir hängen. Zufrieden schielte ich trotzdem auf die Liste des Kartenverkaufs, als ich wieder einmal darüber nachdachte, dass mein Festival dieses Mal wirklich ausverkauft war. Noch nie waren so viele Karten verkauft worden und ich hoffte sehr, dass es mir in zwei Wochen besser gehen würde, damit ich auch niemanden enttäuschen konnte. Dieses Festival war ein Erzeugnis aus harter Arbeit, Kreativität und sehr viel Fingerspitzengefühl und nichts würde mir jemals dazwischen kommen, diesen Tag zu genießen. Nicht einmal Ayla, die wahrscheinlich damit prahlen und so tun wird, als wäre das alles ihr Verdienst. Keinen Gedanken versuchte ich daran zu verschwenden, dass eventuell auch nur so viele Gäste kamen, weil Ayla dafür gesorgt hatte.
Seufzend schob ich dieses Thema beiseite und stellte meine Ellenbogen auf dem Tisch ab, während ich kurz zu meinem Smartphone schielte, das immer noch ruhig neben meinem Collegeblock auf dem Tisch lag und keinen Ton von sich gab. Heute stand Patricks letzte Prüfung an, weswegen er mir gerade nicht einmal schreiben konnte, aber trotzdem erwischte ich mich dabei, wie ich darauf wartete. Auch wenn mich dieses ganze Thema ungemein belastete, interessierte es mich so sehr wie seine Prüfungen gelaufen waren und ob er bestanden hatte. Schließlich war es teilweise auch meine Verantwortung, aber auf der anderen Seite fühlte ich mich nicht mehr wirklich befugt dazu, zu fragen. Wahrscheinlich hatte Ayla das schon getan."Manu.", rief jemand meinen Namen, weswegen ich mich langsam umdrehte und leicht lächelte, als ich Leni erkannte, die fröhlich in den Raum getappt kam, "Ich habe etwas für dich." Verwirrt blieb mein Blick auf ihr stehen, während sie mir freundlich grinsend einen Kaffee hinhielt. "Na, los. Du siehst müde aus." Nickend lächelte ich ein weiteres Mal und nahm ihr schließlich den stark riechenden Kaffee aus der Hand, bevor ich mich bedankte und beobachten konnte, wie sie sich gegenüber von mir setzte. Schweigend starrte ich sie an, was sie mitfühlend zu mir schauen ließ, nachdem sie einmal einen kurzen Schluck von ihrem Kaffee getrunken hatte.
"Ich habe eben Patrick getroffen.", erzählte sie mir trocken, was mich etwas nervös ihrem Blick ausweichen ließ. Still trank ich nun auch einen Schluck von meinem Becher. "Er hat jetzt seine letzte Prüfung und seinen Kopf bestimmt ganz woanders. Trotzdem hat er nach dir gefragt." Ungläubig blickte ich sie nun wieder an, was sie leicht lachen ließ. Danach stellte sie ihren kleinen Becher plötzlich ab, während die Atmosphäre etwas ernster wurde und ich am liebsten im Boden versinken wollte. "Manu, ich weiß echt nicht, was bei euch los ist. Aber ihr solltet das klären.", wies sie mich auf meine Probleme hin, "Dir scheint es schon seit Tagen nicht gut zu gehen und das muss echt aufhören, Manu. Ich meine, ich konnte deine innerliche Abwesenheit am Mittwoch genau raushören." Leise seufzte ich und trank weiter von meinem Kaffee, der meine Müdigkeit langsam ein wenig zu unterdrücken schien. "Tut mir leid. Ich weiß, dass unser Auftritt schon bald ist und..." "Mach dir keine Sorgen um den Auftritt, okay?", unterbrach sie mich sofort und lächelte danach leicht, "Wir sind Freunde, Manu. Das sind wir alle und wir möchten, dass du nicht dich selbst vergisst, während du allen anderen hilfst." Etwas verwirrt zog ich eine Augenbraue in die Höhe und verstand nicht so richtig, was hier gerade passierte. Fast schon wirkte es so, als hätte der ganze Chor über mich gesprochen und Leni vorgeschickt, um das Problem zu lösen. "Werde ich nun aus dem Chor verbannt?", hakte ich etwas spielerisch nach, was Leni nur abschätzend zu mir schauen ließ, bis sie kopfschüttelnd ein weiteren Schluck ihres Getränkes trank. "Hör auf so blöde Witze zu machen und geh schlafen.", kam es ernst von ihr, was mich lachen ließ, "Wir brauchen dich nächste Woche Mittwoch, okay? Aber heute will ich dich nicht im Chorraum sehen."
DU LIEST GERADE
Lost In Lies | Kürbistumor
FanfictionSchülersprecher, bester Schüler seines Jahrgangs und dazu auch noch verdammt talentiert. Für Manuel könnte es nicht besser laufen, wenn da bloß nicht diese Geldprobleme wären, die ihm wahrscheinlich bald seinen Schulplatz kosten werden. "Ich kann a...