Kapitel 1

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Emma

Tränen vernebeln mir die Sicht, während ich einen Feldweg entlang laufe und mich immer weiter von seinem Haus und der Party entferne.

Es ist dunkel und nur wenige Laternen beleuchten den Weg vor mir. Selbst der Mond versteckt sich hinter einer grauen Wolkendecke, weshalb diese Nacht noch düsterer erscheint. Dichter Nebel hat sich über die Felder gelegt und die Kälte des Herbstes lässt meinen Atem gefrieren.

Doch ich nehme die Kälte und die Dunkelheit um mich herum kaum wahr. Realisiere nicht einmal, dass ich mich immer weiter Richtung Wald begebe.

Zu sehr bin ich in Gedanken versunken und kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Kann nicht verstehen, weshalb mein Leben von der einen auf die andere Sekunde zu einem Scherbenhaufen zerbrochen ist.

Immer mehr Tränen vernebeln mir die Sicht und ich lege die Arme um mich, da ich das Gefühl habe, auseinander zu brechen. Das Gefühl, als ob man mir mein Herz aus der Brust gerissen hätte.

Das Klingeln meines Handys reißt mich aus meinen Gedanken und durchbricht die Stille. 

Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche und mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Denn wie erwartet ist es Nicks Name, der auf meinem Display erscheint. Der Junge, dessen Stimme mich noch vor einer halben Stunde zum Lächeln gebracht hatte. Doch nun lässt der Gedanke an Nick nur einen heftigen Schmerz in mir zurück, weshalb ich mit zitternden Händen seinen Anruf wegdrücke.

Es vergehen nur wenige Sekunden bis mein Handy erneut zu klingeln beginnt und diesmal ihr Name auf dem Display erscheint. Ich schluchzte und bin kurz davor abzunehmen. Ihr all die Vorwürfe an den Kopf zu werfen, dir mir gerade durch den Kopf gehen. Doch ich habe keine Kraft dazu. Stattdessen ignoriere ich auch ihren Anruf und setze mich an den Rand der Straße. Ich vergrabe meinen Kopf in meinen Händen und kann die Tränen nicht mehr länger zurückhalten. Denn ich habe das Gefühl zwei Menschen verloren zu haben, die mir wichtig sind. 

Es dauert eine Weile, bis ich es schaffe mich zu beruhigen und wieder mein Handy zu nehmen.

Denn es gibt nur eine Person mit der ich gerade reden möchte. Von der ich weiß, dass sie mich niemals so sehr verletzten würde.

Wie von selbst wähle ich seine Nummer und atme nervös ein und aus. Ich sehne mich gerade so sehr nach seiner Stimme, sodass sich das Warten wie eine Ewigkeit anfühlt.

Seine Stimme erscheint am anderen Ende der Leitung und ein Lächeln erscheint auf meinen Lippen. Doch dieses verschwindet so schnell wieder wie es gekommen war, denn es ist leider nur seine Mailbox, die am anderen Ende der Leitung zu mir spricht. Es ist zwei Uhr nachts. Vermutlich schläft er.

,,Hi. Ich bins...Emma", beginne ich meine Nachricht und versuche meine Stimme wieder unter Kontrolle zu halten. ,,Kannst du mich anrufen, wenn du das abhörst? Ich... ich muss dir was erzählen."

Ich seufze und umklammere das Handy fester. ,,Du fehlst mir" , ist das Letzte, dass ich herausbringe, bevor meine Stimme bricht und ich auflege.

Es dauert eine Weile, bis ich mich wieder etwas beruhigt habe. In der Ferne kann ich das Heulen eines Wolfes hören und erschrecke. Erst jetzt realisiere ich, dass ich mich mittlerweile mitten im Wald befinde. Die schmale Straße, die durch den Wald führt, wird auch hier nur von wenigen Laternen beleuchtet, weshalb ich kaum noch etwas vor und hinter mir sehen kann. Kein Auto ist weit und breit zu sehen und es herrscht eine unheimliche Stille. Um mich herum sind nur die vielen dunklen Umrisse der Bäume und vor mir die wenig beleuchtete Straße zu erkennen. Erst jetzt bereue ich es, alleine los gelaufen zu sein. Dass ich mir kein Taxi gerufen hatte. Ich bin völlig schutzlos.

Kaum habe ich diesen Gedanken zugelassen, höre ich erneut ein Geräusch, das mir eine Gänsehaut bereitet. Es hört sich an wie Schritte.

Ängstlich sehe ich nach links und kann eine menschliche Gestalt erkennen. Sie ist nur noch etwa 10 Meter von mir entfernt und beobachtet mich.

,,Nick?", rufe ich mit zitternder Stimme der Person entgegen, doch dieses gibt keinen Laut von sich. Stattdessen kommt sie näher auf mich zu.

Panik überkommt mich, weshalb ich ruckartig aufstehe und Richtung Ende des Waldes renne. Doch es sind noch mindestens 100 Meter, die mich von diesem trennen.

Ich schreie verweifelt nach Hilfe, als ich mit einem kurzen Blick nach hinten feststelle, dass die Person mir folgt. Und sie scheint viel schneller zu sein als ich. 

Mit zitternden Händen und immer noch rennend wähle ich daher Nicks Nummer.  Sofort erscheint seine Stimme am anderen Ende der Leitung.

,,Emma?! Wo bist du?", fragt er mich erleichtert und ich höre, dass er die Freisprechanlage seines Wagens benutzt.

,,Ich bin im Wald", bringe ich schwer atmend und mit zitternder Stimme heraus und höre, dass die Schritte mich gleich eingeholt haben. ,, Ich werde verfolgt! Ich hab Angst, Nick!", schreie ich verzweifelt und höre, dass Nick seinen Wagen beschleunigt.

,, Ich bin gleich da!", ist das Letzte, dass ich von Nick höre. Denn plötzlich werde ich gepackt und zu Boden gerissen. Mein Handy fällt aus meiner Hand und ich spüre ein schweres Gewicht auf mir. Es ist so dunkel, sodass ich das Gesicht der Person nicht erkennen kann.

Ein lauter Schrei entweicht meiner Kehle, als diese mich an den Haaren packt und Richtung Bäume zieht. ,, Bitte lass mich los! Bitte!",  schreie ich panisch und versuche mich aus seinem Griff zu befreien. Ich trete wie wild um mich und muss ihn schließlich an der richtigen Stelle erwischt haben, denn er gibt einen kläglischen Laut von sich und lässt kurz von mir ab. Diese Chance nutze ich, um mich aufzurappeln und in den Wald hinein zu rennen. Ich möchte mich verstecken, doch ich kann durch die Dunkelheit nichts erkennen. Ich komme nur wenige Meter, als ich über eine Wurzel stürze und hart mit dem Kopf auf dem Boden aufschlage. Ich hab das Gefühl, mein Bewusstsein zu verlieren. Alles um mich herum dreht sich und ich fühle mich wie benommen.

Alles was ich noch wahrnehme ist ein gehässiges Lachen und dann ein Gewicht, dass sich auf meinen Körper legt. Ich möchte schreien, kämpfen, doch ich habe die Kontrolle über meinen Körper verloren. Kann mich nicht mehr wehren.

Doch ein letzter Schrei entweicht mir, als er meinen Rock nach oben schiebt, meine Unterwäsche nach unten reißt und ich plötzlich einen stechend quälenden Schmerz zwischen meinen Beinen wahrnehme. Ein Schmerz, der meinen ganzen Körper einnimmt und mir das Gefühl gibt, innerlich auseinander zu reißen. Ein weiterer Schrei bleibt mir in der Kehle stecken, da sich eine Hand um meinen Hals legt und mir die Luft zum Atmen raubt.

Mein Name, der geschrien wird, ist das Letzte was ich höre, bevor ich in die Dunkelheit gerissen werde.

I need you to save meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt