Kapitel 42

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Nick

Ich fühle nichts, während ich im Krankenhaus liege und an die Decke meines Zimmers starre. Denn da ist nur eine tiefe Leere in mir, die dafür sorgt, dass nicht einmal Liams Worte zu mir durchdringen, der neben meinem Bett sitzt und seit Minuten auf mich einzureden versucht. Doch ich ignoriere ihn und all seine Vorwürfe, die er mir an den Kopf wirft, da mir alles gerade scheiß egal ist. Denn ich wollte nur diesem Schmerz entfliehen, den ich seit Sarahs Tod in mir trage und der schließlich diese Leere in mir zurückgelassen hat, der ich nun wieder schutzlos ausgeliefert bin.

,,Hast du eine Ahnung, was du heute getan hast!", fährt Liam mich schließlich fassungslos an, doch ich blende ihn weiterhin aus. Würde ihm am Liebsten vorwerfen, mich gerettet zu haben, da ich sterben wollte, doch ich habe keine Kraft, um auch nur einen Ton herauszubringen.

,,Ich dachte, du bist tot, Nick! Dass du dir mit diesen scheiß Tabletten das Leben genommen hast! Ist dir dabei nur eine Sekunde in den Sinn gekommen, wie sehr Emma und ich darunter gelitten hätten!", wirft er mir aufgebracht vor und ich kann am Klang seiner Stimme erkennen, wie aufgelöst er noch immer ist. Doch seine Worte treffen mich nicht, da ich weiß, dass sie ohne mich besser dran wären.

,,Verdammt Nick!", verliert Liam nun endgültig die Beherrschung, da ich einfach nicht auf ihn reagiere und weiterhin zur Decke sehe . ,,Bitte rede mit mir! Ich will dir doch nur helfen!"

Doch noch immer bringe ich keinen Ton heraus, weshalb Liam schließlich frustriert zu fluchen beginnt und ruckartig von seinem Stuhl aufsteht.

Das laute Zuschlagen einer Tür beweist mir, dass er aus dem Zimmer geflüchtet sein muss, weshalb ich niedergeschlagen die Augen schließe und nun statt dieser Leere wieder dieser Schmerz in meinem Inneren spüre. Dieser verdammte Schmerz, der seit Sarahs Tod immer wieder von mir Besitz von mir ergreift.

Denn ich sehe sie jedesmal leblos in meinen Armen liegen, sobald ich die Augen schließe und sie fehlt mir mit jedem einzelnen Atemzug.

,,Nick?", dringt schließlich Emmas brüchige Stimme zu mir durch, weshalb ich für einen kurzen Moment am ganzen Körper erstarre. Denn ich habe sie in Gedanken versunken gar nicht hereinkommen hören und als sie schließlich nach all der Zeit wieder meine Hand in ihre nimmt, fühlt es sich so vertraut an und löst ein Kribbeln auf meiner Haut aus, ohne dass ich es verhindern kann.

,,Sieh mich an", bittet sie mich verzweifelt und der Schmerz in ihrer Stimme bringt mich dazu, meinen Blick dem Mädchen zuzuwenden, das ich nie aufgehört habe zu lieben.

Sehe für einen kurzen Moment in ihre blaue Augen, die voller Tränen auf mich gerichtet sind und in denen ich mich früher immer verloren habe.

,,Wie konntest du uns das antun, Nick?", fragt sie mich aufgelöst, während sie meine Hand noch immer umschließt und sich neben mich setzt.

Ich schließe niedergeschlagen die Augen, da ich einfach nicht mehr länger in ihre traurigen Augen sehen und ihr auch nicht antworten kann. Denn ich habe noch immer keine Kraft dazu und wünsche mir nicht sehnlicher, als endlich alles loslassen zu können. Werde durch Emma nicht nur an letzte Nacht, sondern auch an die Nacht vor über einem Jahr erinnert, in der ich auch ihr nicht mehr rechtzeitig helfen konnte.

,,Sarah hätte das nicht gewollt", wirft sie mir nun mit brüchiger Stimme vor und diese Worte reichen aus, um mich nun endgültig wieder in ein tiefes Loch fallen zu lassen. Denn ich weiß, dass sie meinen Tod nicht gewollt hat aber ich kann mit dem Gedanken einfach nicht leben, sie nicht gerettet zu haben. Tränen vernebeln mir jetzt wieder die Sicht und ich entreiße mich Emmas Hand. Stehe ruckartig auf und eile zum Fenster, damit Emma mich nicht weinen sehen und ich Abstand zwischen mir und ihr schaffen kann. Denn ich möchte einfach nur alleine sein und sehe hinaus in die Dunkelheit, die gerade auch in meinem Inneren herrscht.

Ich hoffe, dass Emma aufgeben und mein Zimmer verlassen wird, doch stattdessen spüre ich plötzlich wieder ihre Hand in meiner, da sie hinter mir steht und diese in ihre genommen hat.

,,Bitte rede mit mir darüber", bittet sie mich und ich sehe ihren traurigen Blick durch das Fenster hindurch.

,, Worüber?", bringe ich mit schwacher Stimme heraus, während ich nach draußen in die Dunkelheit sehe. ,, Etwa darüber, dass ich Schuld an ihrem Tod bin, da ich nicht rechtzeitig bei ihr war. Dass sie ohne mich noch leben würde, da sie ihr Handy dann nicht bei mir zu Hause vergessen und in meinen Wagen gestiegen wäre. Dass auch du ohne mich nie diese eine Nacht hättest durchleben müssen und dir dieser Schmerz und diese Angst erspart geblieben wäre. Ihr somit ohne mich alle besser dran wärt, da ich nur Schaden anrichte."

All diese Worte entsprechen der Wahrheit, doch sie sorgen dafür, dass Emma ihre freie Hand an meine Wange legt und mich dazu bringt sie anzusehen, da sie mein Gesicht in ihre Richtung wendet.

,,Hör auf, so etwas zu sagen!", fährt sie mich nun fassungslos an. ,,Denn du trägst keine Schuld an Sarahs Tod, da du es nicht wissen konntest. Niemand konnte damit rechnen, dass soetwas passieren würde. Bitte gib dir deshalb nicht die Schuld daran und vor allem auch nicht an dem, was mit mir passiert ist. Denn du warst derjenige, der mich in dieser Nacht gerettet, Nick. Nur dank dir bin ich noch am Leben. Bitte vergiss das nicht", versucht sie mir mit brüchiger Stimme klarzumachen und sieht mir dabei direkt in die Augen. ,,Liam und ich brauchen dich. Wir können dich nicht auch noch verlieren."

Noch immer berührt sie sanft mein Gesicht und ihre Berührung sorgt dafür, dass ich mich wieder in ihren Augen verliere.

,,Emma", bringe ich mit schwacher Stimme heraus, während ich sie noch immer niedergeschlagen ansehe. ,,Ich weiß nicht, wie ich ohne Sarah und mit all den Schuldgefühlen weiterleben soll, da ich sie einfach nicht abstellen kann."

Doch Emma bringt ein aufmunterndes Lächeln zustande und löst ihre Hand nicht von meiner.

,,Ich weiß, dass du es kannst. Denn Liam und ich werden dir helfen. Auch bei mir hat eine Zeit gegeben, in der ich ebenfalls dachte, nicht mehr weiterleben zu können. In der ich nur diesem Schmerz und dieser Angst ausgesetzt war, doch ihr habt mir durch diese schwere Zeit geholfen und mir die Kraft gegeben, die ich gebraucht habe, um gegen die Angst zu kämpfen und den Schmerz zu besiegen. Durch euch konnte ich wieder glücklich sein, weshalb Liam und ich auch für dich da sein werden. Wir stehen das zusammen durch also bitte tu mir den Gefallen und nehme mir nicht noch jemanden weg, ohne den ich mir mein Leben nicht mehr vorstellen kann", bittet sie mich verzweifelt, während Tränen ihre Wangen hinunterlaufen.

Sie so aufgelöst zu sehen, zerreißt mich und ich ertrage es nicht, sie so leiden zu sehen. Ich möchte weder sie noch Liam verletzen, doch ich weiß nicht, wie ich nach all dem weiterleben soll.

,,Bitte Nick", versucht sie noch einmal verzweifelt zu mir durchzudringen und ich kann nicht anders, als ihr Hoffnung zu machen. Denn ich darf ihr nicht noch mehr Leid zufügen, wie ich es bereits getan habe.

Ich schaffe es daher, nach all der Zeit wieder meine Arme um sie zu legen und sie an mich zu ziehen.

,,Ich verspreche es", bringe ich mit zitternder Stimme heraus, während ich sie in meinen Armen halte und versuche ihr Trost zu geben, da sie nun in meinen Armen in Tränen ausbricht. Sie schlingt ebenfalls ihre Arme um mich und ich habe mich nach ihrer Nähe so lange gesehnt, weshalb ich sie am Liebsten nie wieder loslassen möchte. Während ich sie in meinen Armen halte, wird mir klar, dass ich für sie kämpfen muss. Dass ich nicht aufgeben darf, denn ich möchte weder sie noch meinen besten Freund verletzten. Hoffe daher stark genug zu sein, um mein Versprechen halten zu können.

I need you to save meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt