Kapitel 39

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Emma

Tränen vernebeln mir die Sicht, während ich immer wieder verzweifelt nach Sarah schreie und mich durch die Dunkelheit des Waldes kämpfe. Die Angst um sie schnürrt mir immer mehr die Kehle zu und ich kann nicht verhindern, dass ich durch diesen Ort wieder an diese eine Nacht erinnert werde. Denn es ist genau hier passiert und ich kann daher nichts gegen die aufkommende Panik unternehmen, die mich gerade vollkommen einnimmt und mich an Ort Stelle erstarren lässt. Doch ich werde aus meiner Starre gerissen, als Nick Schrei die Stille durchbricht.

Ein Schrei, der mich durch Mark und Bein geht und mich wie in Trance in seine Richtung rennen lässt.

Ich renne daher noch tiefer in den Wald hinein, während das Licht meines Handys mir den Weg erleuchtet. Schreie ihren Namen, als ich ich sie nur noch wenige Meter vor mir in Nicks Armen liegen sehe.

Ich möchte mich neben sie fallen lassen, doch ich werde von Liam aufgehalten, der sich vor mich stellt und mich in seine Arme zieht.

,,Sieh nicht hin", bittet er mich mit zitternder Stimme, während er mich an seinen Brustkorb schmiegt, sodass ich nur zur Seite sehen kann. Ich spüre am Beben seines Körpers, dass er kurz davor ist, in Tränen auszubrechen, weshalb meine Angst um Sarah dafür sorgt, dass ich mich aus seinen Armen zu befreien versuche. Denn ich möchte nicht wahrhaben, was er mir mit seinem Verhalten klar machen möchte.

Doch als ich mich aus seinen Armen befreien und Sarah sehen wieder leblos in Nicks Armen liegen sehe kann, brechen die Erkenntnis und der Schmerz mit voller Wucht über mich herein.

Die Erkenntnis, dass meine beste Freundin für immer fort ist. Der darauffolgende Schmerz, der mich zu überwältigen droht und mir mein Herz aus der Brust reißt.

Ich spüre im gleichen Moment, wie mir die Beine versagen und ich das Gefühl habe, in einen unendlich tiefen Tunnel zu fallen. In eine Dunkelheit hinein, aus der ich nicht mehr entkommen kann, weshalb ich die Arme um mich lege, da ich das Gefühl habe, auseinanderzubrechen. Ich kann nicht verhindern, dass ein qualvoller Schrei meine Kehle verlässt und ich spüre Liam, der sich neben mich setzt und mich wieder in seine Arme nimmt. Ich kralle mich daher verzweifelt an ihm fest und vergrabe meinem Kopf an seinen Schultern, während hunderte Tränen aus mir herausbrechen. Der Schmerz ist schlimmer als jeder körperliche Schmerz, den ich in meinem Leben bislang ertragen musste. Mehr, als ich ertragen kann und ich kann Liam ebenfalls weinen hören. Doch meine Trauer reißt mich so sehr mit sich, sodass ich nicht die Kraft finde, ihn ebenfalls Trost geben zu können. Ich habe stattdessen das Gefühl, nie wieder mit dem Weinen aufhören zu können und ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, als ich plötzlich mehrere Polizisten und Sanitäter um uns herum wahrnehme.

Ich höre jedoch Nick verzweifelte Schreie, als die Sanitäter versuchen, Sarah aus seinen Armen zu nehmen. Er möchte sie auf keinen Fall loslassen, denn er hält sie eisern und unter Tränen fest, weshalb ich es schaffe, Liam mit tränenverschleierten Blick anzusehen.

,,Du musst zu ihm", bitte ich ihn mit brüchiger Stimme. ,,Er braucht dich."

Liam nickt mit tränenverschleierten Blick und gibt mir noch einen letzten Kuss auf die Stirn, bevor er sich von mir lösen und zu Nick gehen muss, der Sarah noch immer eisern in den Armen hält.

Liam lässt sich neben Nick nieder und legt ihm eine Hand auf die Schulter. Versucht, beruhigend auf ihn einzureden, während er selbst mit seinen eigenen Tränen kämpft. Ich kann die Worte, die er an Nick richtet nicht verstehen aber sie sorgen dafür, dass er Sarah unter Tränen loslassen und sie von den Sanitätern auf eine Trage gelegt und zugedeckt werden kann.

Der Gedanke, sie nun nie wieder zu sehen, lässt mich jetzt wieder auf die Knie sinken und ich kann vor Tränen nichts mehr sehen, als Sarah davon getragen wird. Ich werde jedoch nie den Klang von Nicks qualvollen Schreien vergessen können und auch nicht die Nachricht, die ich in diesem Moment auf meinem Handy erhalten habe.

Eine anonyme Nachricht, die dafür sorgt,  dass ich mein Handy geschockt zu Boden fallen lasse, während sich die Nachricht und damit die Drohung immer wieder in meinem Kopf abspielt.

Nämlich die Drohung, dass ich die Nächste sein werde.

I need you to save meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt