Kapitel 34

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Leise öffnete ich um kurz nach drei Uhr morgens die Wohnungstür zu Harrys Apartment. Jack hatte mich mit dem Auto seinen Vaters nach Harry gebracht. Ich hatte genau gesehen, wie verletzt er gewesen war, als ich ihm verkündet hatte, dass ich langsam los musste, damit Harry sich keine Sorgen machte. Doch letztendlich hatte er es verstanden, denn auch er wusste, dass ich nun meinen Gedanken ordnen musste. Herausfindend musste, was ich wollte. Ich schloss die Tür leise und machte mich auf den Weg ins Badezimmer, dabei sah ich, dass im Wohnzimmer ein Licht brannte, welches nicht geleuchtet hatte, als ich die Wohnung verlassen hatte. Harry musste also wie erwartet schon zu Hause sein. Vermutlich schlief er bereits. Kopfschüttelnd betrat ich das Bad.

Was Jack wollte, hatte er mir nach unserem Sex deutlich gemacht. Mit hochrotem Kopf hatte er mir gebeichtet, dass er mich schon lange mehr als nur mochte und diese Gefühle einen großen Teil dazu beigetragen hatte, dass er mich so gehasst hatte. Seine Gefühle für mich, hatten ihn immer wieder bewiesen, dass er anders war, als seine Familie es wollte. Im Bad zog mir meine Sportsachen aus, nur um wenig später unter die Dusche zu steigen. Das warme Wasser löste etwas die Anspannung in mir.

Ich freute mich für Jack, dass er sich mir gegenüber geöffnet hatte, doch mir bereiteten seine Worte ein noch viel größeres schlechtes Gewissen. Denn wenn ich mich gegen eine Beziehung mit ihm entscheiden würde und für eine Beziehung mit Harry, dann würde ich Jack verletzten. Wahrscheinlich mehr als ich mir vorstellen könnte.

Plötzlich half das warme Wasser nicht mehr gegen die Anspannung und etwas genervt begann ich wie wild meinen Körper einzuschäumen. Als ob der Schaum jeglichen Beweis vernichten könnte, dass ich Harry gerade betrogen hatte und er die Tatsache runterspülen könnte, dass Harry mich gar nicht mehr wollen würde, wenn er das wüsste. Denn egal was ich mir versuchte vorzumachen, ich hatte die Abmachung bereits gebrochen und damit Harry betrogen. Ich hatte Jack geküsst und nicht nur das. Ich hatte nicht nein gesagt, als Jack nach einer Stunde, die wir aneinander kuschelnd verbracht hatten, begonnen hatte, meinen Schwanz zu massieren und wir letztendlich erneut miteinander geschlafen hatten. Und damit hatte ich gegen die zweite Regeln verstoßen, nie mehr als einmal mit jemanden Sex zu haben.

Ich bemerkte wie mein Körper begann zu zittern. Was war bloß aus mir geworden? Das einzige was ich gewollte hatte, war jemanden kennenzulernen, mit dem ich meine erste Beziehung führen könnte. Den ich lieben könnte und der mich liebte. Und jetzt war ich mit einem Mann zusammen, der nie sagen würde, dass er mich liebte und den ich betrog, obwohl ich behauptete, ihn zu lieben. Tränen sammelten sich in meinen Augen und vermischten sich augenblicklich mit dem warmen Wasser, welches immer noch meinen Körper umspielte.

Ich war ein schlechter Mensch. Ein unehrlicher und schlechter Mensch. Ich war ... „Louis alles gut bei dir?", unterbrach Harry plötzlich meinen Gedankengang und erschrocken fuhr ich zu ihm herum. Als Harry mein Gesicht erblickte und sah, dass ich weinte, kam er samt seinen Anziehsachen unter die Dusche und zog mich fest an sich. Die plötzlich Nähe brachte das Fass zum überlaufen und zitternd brach ich in Harrys Armen zusammen, was ihn überrascht aufkeuchen ließ.

Nur nebenbei bekam ich als Nächstes mit, wie Harry das Wasser der Dusche ausstellte und mich nur kurz losließ, um mich mit einem großen weichen Handtuch zu umschlingen. Dann umarmte er mich wieder und wiederholte wie ein kaputter Plattenspieler, dass er da wäre und dass alles gut werden würde.

Doch ich wusste das dem nicht so war. Nichts würde wieder gut werden. Ich müsste Harry die Wahrheit sagen und ich war mir sicher, dass er mir diesen Vertrauensbruch nicht verzeihen würde. Es war egal wie oft Harry mit anderen Männern schlief, er würde nie ein Versprechen brechen, was er mir gegeben hatte und es würde unverzeihlich für ihn sein, dass ich ein solches Versprechen gebrochen hatte.

Ich atmete laut auf und plötzlich legte sich eine Art Monotonie über meine Gedanken. Meine Taten waren unverzeihlich, aber auch ohne sie, wäre aus Harry und mir nichts geworden. Wir passten nicht zusammen, weil unsere Ideen von einem gemeinsamen Leben zu verschieden waren und bessere beendeten wir es jetzt, bevor ich noch mehr in meinen Gefühlen für ihn versank.

Auch Harry schien zu bemerken, dass ich mich wieder gefangen hatte, denn er löste unsere Umarmung und sah mich prüfend an: „Was ist denn passiert, Louis? Und wo bist du überhaupt noch gewesen? Ich konnte kein Auge zu machen, weil du mir keine Nachricht hinterlassen hast und an meine Anrufe bist du auch nicht dran gegangen."

Ich machte mir nicht die Mühe auf mein Handy zu schauen, ob Harry mich wirklich angerufen hatte und ob mein Handy auf stumm geschaltet war. Stattdessen starrte ich nur den immer noch mit nasser Kleidung vor mir stehenden Mann an und eine bittere Erkenntnis bildete sich in meinen Kopf: Ich würde ihn vermissen und es würde mir das Herz brechen.

„Ich war noch mit Jack im Boxstudio. Wir haben miteinander geschlafen", kamen die ersten Worte seit unserem Zusammentreffen unter der Dusche aus meinen Mund. Harry schaute mich verwirrt an und schien zu überlegen, ob er was sagen sollte, doch ich gab ihn keine Chance dazu: „Wir haben uns geküsst und es ist auch nicht bei einem Mal Sex geblieben. Er ... er hat mir gestanden, dass er mich mag. Sehr sogar. Und ich ... ich konnte nicht nein zu ihm sagen."

Auf Harrys Gesicht spielte sich ein Wechselbad der Gefühle ab und all die Gefühle, die meine Worte in ihm auslösten, schienen ihn selbst zu überraschen, denn er wich kopfschüttelnd von mir zurück. „Du hast gegen unsere Regeln verstoßen. Gott Louis, gegen die Regeln, die du selber aufgestellt hast!", presste Harry letztendlich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, sodass es sich eher wie ein lautes Zischen anhörte.

„Und jetzt? Liebst du ihn auch und ihr lebt glücklich bis an euer Lebensende?", preschte Harry weiter nach vorne, nachdem ich nicht das Wort erfasste. Ich merkte wie sich erneut Tränen in meinen Augen sammelten, als ich sah wie verletzt Harry war und auch Wut machte sich in mir breit, weil ich nicht ganz verstand, wieso das so war. Wie konnte es ihm so verletzen, obwohl er mich nicht liebte.

Und dann war mir plötzlich alles egal: „Nein, tun wir nicht, weil ich dich liebe du Idiot, aber das willst du ja nicht verstehen. Du fickst lieber weiter mit wildfremden Menschen und verschließt dich vor jeglicher zwischenmenschlichen Beziehung!"

Harrys Augen verzogen sich zu Schlitzen. Es schien erst so, als würde er mir etwas sagen wollen, doch er blieb stumm und das machte mich noch wütender: „Aber wenn ich Glück habe, verliebe ich mich in Jack und ja vielleicht leben wir dann glücklich bis an unser Lebensende, denn Jack kann mir das geben, was du mir nicht geben kannst!"

„Was ich dir nicht geben möchte", korrigierte mich Harry. Jegliche Emotionen waren aus seinem Gesicht und seiner Stimme verschwunden. Ich zuckte bei seinen Worten zusammen und meine ganze Wut verschwand. Es war, als wären dies die letzten Worte gewesen, die ich gebraucht hatte, um mit ihm abzuschließen.

„Ich sollte wohl hier verschwinden", hörte ich mich sagen und als Harry daraufhin nicht antwortete, drehte ich mich um, verließ das Bad und wenig später die Wohnung, meine wenigen Habseligkeiten in einer Tasche in meiner Hand.

Lucky || Larry Stylinson Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt