Kapitel 37

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„Was machst du hier?", brachte ich erstaunt über meine Lippen und schaute den etwas nervös wirkenden Jack vor mir an. „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Du kannst doch nicht einfach hier bei deinem Bruder untertauchen und niemanden Bescheid sagen."

Ich war schon der Meinung, dass ich das konnte, doch das behielt ich für mich. Stattdessen nahm ich Jack in den Arm, der sich augenblicklich zu entspannen schien. „Ich freue mich, dass du hier bist", flüsterte ich ihm in sein Ohr. Und das stimmte. In den letzten drei Tage wurde mir immer mehr bewusst, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Harry und ich passten einfach nicht zusammen und auch wenn ich ihn nie vergessen würde, würde es mit der Zeit nicht mehr so wehtun und nicht jeder Gedanke an ihm mein Herz entzwei reisen. Und wer weiß, vielleicht könnte Jack mir dabei helfen Harry zu vergessen.

„Und ich freue mich, dass du das so siehst", antwortete mir Jack und man hörte die Erleichterung aus seiner Stimme deutlich heraus. Ich löste unsere Umarmung und sah ihm in die Augen. „Ich war schrecklich zu dir. Wir haben die Nacht miteinander verbracht und trotzdem habe ich von dir verlangt, dass du mich danach zu Harry fährst und dann melde ich mich mehrere Tage nicht bei dir. Es tut mir so leid. Es war nur alles viel zu viel für mich.", stotterte ich etwas.

Jacks Blick wurde weicher: „Alles gut. Ich verstehe das. Ich brauchte auch etwas um zu verdauen, was da passiert ist. Ich meine ich hatte das erste Mal Sex mit einem Mann."

„Ich hoffe deine Gedanken waren nur positiv", lachte ich auf. „Ich wusste nicht, dass sich Sex so gut anfühlen kann. Allerdings war es die Tage danach noch komischer als sonst meinen Eltern den heterosexuellen Jungen vorzuspielen.", gab Jack erst lachend und dann ernst von sich.

„Komm erstmal rein", sagte ich, als ich bemerkte, dass Jack immer noch im Flur des Wohnheimes stand und dieses Thema wohl nicht für alle bestimmt war.

„Hast du denn vor es ihnen zu erzählen?", fragte ich nach, als ich die Tür hinter uns geschlossen und Jack gebeten hatte, auf dem Bett platz zu nehmen. „In einem halben Jahr geht es für uns an die Uni. Dann wohne ich nicht mehr bei ihnen und muss keine Angst mehr haben, auf der Straße wohnen zu müssen, wenn sie mich rausschmeißen. Bis dahin muss ich wohl noch warten."

Verstehend nickte ich. Hätte ich die Wahl gehabt, hätte ich es meinen Eltern auch erst dann erzählt. „Ich würde ja sagen, dass du bei mir wohnen kannst, aber mir fehlt es da gerade auch etwas an Schlafplätzen", versuchte ich zu scherzen, woraufhin Jack eine Grimasse zog.

„Wie sieht dein Plan denn aus? Von hier aus fährst du ja fast zwei Stunden zur Schule.", fragte Jack und erklärte damit, warum er sein Gesicht verzogen hatte.

„Erstmal wird mir nichts anderes übrig bleiben. Ich brauche den Abschluss, um zur Uni zu können und in unsere Vorstadt habe ich niemanden bei dem ich bleiben kann."

„Aber hier ist es schon recht beengt", stellte Jack missmutig fest, da auch er wusste, dass ich weder bei ihm noch bei Niall bleiben konnte. „Nick wird mir diese gute Tat wohl auch für immer vorhalten", lachte ich auf, irgendwie versuchend, dieser Situation etwas lockeres zu verleihen.

Jack stieg nicht in das Lachen mit ein. Ihm schien meine ganze Lage viel zu sehr mitzunehmen. Doch letztendlich konnte er doch nichts für meine Situation. „Vielleicht kannst du ja bei Zoey unterkommen. Sie schien sehr offen erzogen worden zu sein.", sagte Jack plötzlich und sein Lachen erhellte sein ganzes Gesicht. Mir war nie wirklich aufgefallen wie attraktiv Jack war, wenn er lächelte, wahrscheinlich weil er das in jüngster Vergangenheit nicht oft getan hatte. Davon abgelenkt fiel mir ersten einen Moment später auf, wie gut Jacks Idee war.

„An Zoey hatte ich gar nicht gedacht. Und ja du hast recht, ihre Eltern sind ganz anders als unsere. Aber das wäre schon ein sehr großer Gefallen, wenn ich bei ihr einziehen dürfte. Ich meine wir verstehen uns gut, aber ich kann an einer Hand abzählen, wie oft wir uns alleine getroffen haben", überlegte ich laut.

„Es muss ja nicht für lange sein. Du bist jetzt 18, zieh ganz offiziell bei deinen Eltern aus. Such dir einen Nebenjob und eine kleine Einzimmerwohnung. Die kannst du dir dann bestimmt leisten.", munterte Jack mich weiter auf und plötzlich schien nicht mehr alles so hilflos zu sein.

„Du hast recht. Und dann bewerbe ich mich am besten noch für ein Stipendium. Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Eltern mir nicht mehr die Uni bezahlen werden. Aber ja, ich kann es alleine schaffen", gab ich fast schon enthusiastisch von mir. Jack beobachtete mich mit einem strahlenden Grinsen: „Natürlich wirst du es schaffen, aber alleine bist du nicht. Du hast deinen Bruder, Niall, Zoey und auch mich."

„Und ich weiß gar nicht wie ich euch alle verdient habe, so wie ich euch die letzten Tage behandelt habe", räumte ich ein und guckte Jack entschuldigend an. „Hör auf so zu gucken. Jeder wird verstehen können, dass du etwas Abstand gebraucht hast und wer das nicht tut, ist ein Idiot."

Ich nickte ergebend. „Gut", kam es von Jack, dann kehrte Stille zwischen uns ein, die mit der Zeit etwas unbehaglich wurde. Und plötzlich realisierte ich, dass ich Jack noch eine Antwort auf die Frage schuldete, was das zwischen uns war und er zu viel Angst hatte, mich zu fragen.

„Harry und ich sind nicht mehr zusammen", ergriff ich das Wort. Woraufhin Jack bloß nickte. Hatte er sich das schon gedacht? Wahrscheinlich. Warum sonst sollte ich bei meinem Bruder wohnen. „Und wegen dem was zwischen uns passiert ist", sofort lag Jacks Blick auf mir, „ich würde es gerne langsam angehen. Das mit Harry ging alles viel zu schnell und war noch schneller vorbei. Ich hoffe das ist okay für dich?"

Jack wirkte überrascht und kurz musste ich an den Sex denken, den wir noch vor wenigen Tagen gehabt hatten. Langsam sah definitiv anders aus, dessen war ich mir ebenfalls bewusst. „Also kein Sex mehr?", fragte mich Jack und bestätigte mir damit, dass er den selben Gedankengang hatte.

„Vielleicht nicht sofort? Ich will es diesmal richtig machen.", antwortete ich schon fast schüchtern. „Und was bedeutet richtig?", harkte Jack nach.

Kurz überlegt ich, dann griff ich nach Jacks Händen und schaute ihm in die Augen: „Jack, würdest du mir die Ehre erweisen, mit mir auf ein Date zu gehen."

Jacks Augen weiteten sich vor Überraschung, dann lachte er: „Gott Tomlinson, du bist so kitschig."

„Ist das ein ja?", fragte ich nach. „Natürlich, ist das ein ja", lachte Jack und verdammt, sein Lachen war wirklich wunderschön.

Lucky || Larry Stylinson Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt