Kapitel 28

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Harry hatte sich spontan den Rest des Tages ebenfalls frei genommen und gemeinsam waren wir zusammen duschen gegangen, hatten das was wir dort angefangen hatte, im Schlafzimmer weitergeführt und jetzt gerade saßen wir an der Theke in Harrys Küche und aßen etwas von der eben bestellten Pizza.

„Du hast mir gar nicht gesagt, wie du es gestern mit Tom fandest? War der Sex so gut, dass du es noch deinen Enkeln erzählen wirst?", zitierte Harry meine Worte von gestern Abend, woraufhin ich bloß die Augen verdrehte. „Der Sex war gut. Ja.", sagte ich und hüllte mich sonst in schweigen. Von dem Gespräch, welches Tom und ich nach unserem Sex geführt hatten, würde Harry nichts erfahren.

„Nur gut?", harkte Harry nach, doch bevor ich weiter auf ihn eingehen konnte, klingelte es an der Tür. „Erwartest du jemanden?", fragte ich Harry, der daraufhin den Kopf schüttelte und sich erhob, um zu schauen, wer uns da gestört hatte.

Nur im Hintergrund hörte ich, wie Harry die Tür öffnete, während ich einen weiteren Bissen von der Pizza nahm.

„Hi, ich bin Nick, der Bruder von Louis. Ist er hier?", hörte ich plötzlich die Stimme, die mich schon mein ganzes Leben begleitete. Erschrocken fuhr ich herum, hüpfte von dem Barhocker herunter und ging ebenfalls zur Tür.

„Nick?", fragte ich nervös nach, gerade als Harry ihn erzählte, dass ich da war. Eine unwillkürliche Angst machte sich in mir breit. Wie viel hatten meine Eltern ihn erzählt, woher wusste er wo ich war und wie würde er nun auf mich reagieren?

Nicks Blick lag sofort auf mir und eine komische Spannung machte sich zwischen uns breit. „Dein Bruder heißt also Nick?", fragte Harry mich mit leicht sarkastischen Unterton, woraufhin ich ihn verwirrt ansah. Hatte ich das nie erwähnt?

„Ohh, so wichtig bin ich dir, dass du deinen Freund noch nicht einmal von mir erzählst?", lachte Nick auf und plötzlich war jegliche Anspannung zwischen uns weg. Ich überbrückte den Meter zwischen uns und nahm ihn fest in meine Arme. Nick erwiderte meine Umarmung und flüsterte mir in mein Ohr: „Was machst du nur für Sachen? Kaum bin ich etwas länger Weg, schon zettelst du eine Revolte gegen den Glauben unserer Eltern an."

Ich löste mich von Nick und sah ihn etwas leidend an. „Das war so nicht geplant", brachte ich über meine Lippen. Meine Stimme zittere leicht. Sein Auftauchen holte die ganzen Erinnerungen an den Tag zurück, an dem unsere Eltern mich rausgeschmissen hatten.

„Das habe ich mir schon fast gedacht", kam es von Nick, dann wendete er sich Harry zu: „Und du bist dann wohl der Teufel in Person, wie meine Eltern dich so passend beschrieben haben?"

„Leute die mich kennen, nennen mich auch Harry", stellte er sich vor und reichte Nick seine Hand. „Komm doch rein. Louis und ich essen gerade Pizza, vielleicht willst du ja auch was?", sprach Harry weiter.

Nick guckte mich fragend an und ich signalisierte ihm mit einem Nicken, dass ich mich freuen würde, wenn er ein wenig blieb.

Und so setzten wir uns zu dritt an die Theke. Nick guckte etwas unschlüssig zwischen Harry und mir hin und her, dann brach er das schweigen: „Nur um sicher zu gehen, dass ich auf den neusten Stand bin. Unsere Eltern haben herausgefunden, dass du schwul bist, haben dich deswegen rausgeschmissen und daraufhin bist du bei deinem Freund eingezogen. Davon hast weder du noch unsere Eltern mir erzählt und als ich heute nach Hause kam, musste ich es regelrecht aus unseren Eltern herauspressen, wo du bist. Danach musste ich dann Niall frage, wo genau du steckst, weil ich mir nicht sicher war, ob du meinen Anruf entgegen nehmen würdest, weil mein kleiner Bruder ja nicht auf die Idee gekommen war mir zu sagen, was passiert war und vielleicht bedeutete dies ja, dass er nicht mit mir reden wollte."

Schuldgefühle machten sich augenblicklich in mir breit und etwas verlegen schaute ich Nick an. Er schien nicht wirklich sauer auf mich zu sein, aber er war enttäuscht von mir, das sah man ihn deutlich an und verdenken konnte ich es ihm nicht. „Ich hatte Angst, dass du genauso ablehnend wie unsere Eltern reagieren würdest, wenn du erfährst, dass ich schwul bin", brachte ich letztendlich über meine Lippen.

Nick schaute mich resigniert an, dann beugte er sich zu mir herüber und verwuschelte mir mit seiner Hand meine Haare, wie er es immer machte, wenn er mir sagen wollte, dass ich ein Trottel war.

„Seit ich studiere und mich in einen Umfeld bewege, welches viel offener und toleranter als unsere Kleinstadt ist, habe ich auch verstanden, dass es egal ist wen man liebt. Die Hauptsache ist, dass man glücklich ist. Aber im ersten Moment, als ich erfuhr, dass mein kleiner Bruder schwul ist, hat das konservative Denken, mit dem wir groß geworden sind, auch mich überschwappt. Deshalb verstehe ich, warum du es mir nicht gesagt hast. Aber du sollst wissen, dass meine Liebe zu dir viel größer ist als jedes Vorurteil und dass sich so etwas unwichtiges wie die Sexualität nie zwischen uns drängen wird."

Als Nick stoppte und mich warm anlächelte, musste ich mir leicht auf die Wangen beißen, um nicht zu weinen. Ich wusste, dass seine Worte nicht selbstverständlich waren, es hätte genauso gut sein können, dass er die Sünde, die ich laut unseren Eltern auslebte, als zu schlimm empfand, um weiter mit mir Kontakt zu haben, umso dankbarer war ich dafür, dass dies nicht der Fall war.

Harry bemerkte meinen Kampf mit den Tränen und legte liebevoll seine Hand auf meinen Oberschenkel, um mir etwas halt zu geben.

„Ich ... danke.", brachte ich stockend heraus, woraufhin Nick lachte: „Nicht dafür."

Schweigen legte sich über uns drei, bis ich mich etwas gefangen hatte und das Wort ergriff. „Wie geht es denn Mama und Papa?"

Nick begutachtete mich kurz, um zu prüfen wie ehrlich er sein konnte, dann seufzte er einmal laut und antwortete mir: „Papa tut so, als wäre ihm das alles egal. Als würdest du nun keine Rolle mehr spielen. Aber Mama vermisst dich. Ich glaube wenn Papa ihr nicht immer wieder ins Gedächtnis rufen würde, dass du eine Sünde begehst und gegen Gottes Willen handelst, hätte sie sich schon längst bei dir gemeldet."

Ich verkrampfte mich bei Nicks Worten leicht, woraufhin Harry begann mit seinem Daumen Kreise auf meinen Oberschenkel zu malen. Nick bemerkte ebenfalls, dass das vielleicht zu viel der Wahrheit war, denn er setzte noch hinzu: „Mama weiß dass ich hier bin und sie will später alles wissen. Sie will wissen ob es dir gut geht und ich werde ihr nochmals ins Gewissen reden, dass sie sich bei dir melden soll."

Tapfer nickte ich. Nicht wirklich glauben könnend, dass das passieren würde. Egal wie sehr mich meine Mutter vermisste, meine Vater hatte eine unglaubliche Macht über sie, die ich wohl nie völlig nachvollziehen würde.

Nick griff sich ein Stück von der Pizza und begutachtet Harry und mich erneut. „Ihr seht schon süß zusammen aus", beschrieb er das, was er sah und biss von seinem Pizzastück ab.

„Ich glaube als süß wurde ich auch noch nie beschrieben", lachte Harry neben mir auf und nahm seine Hand von meinem Oberschenkel herunter, als würde das ausreichen, um nicht mehr als süßes Paar wahrgenommen zu werden.

Doch Nick ging gar nicht weiter auf Harrys Aussage ein, denn plötzlich schien ihn wieder etwas einzufallen, denn sein Blick erhellte sich plötzlich. „Bevor ich es vergesse, ich brauche meinen Ausweis wieder", bestätigte er meine Vermutung.

Harry neben mir lachte erneut auf. „Dann musst du leider am Wochenende zu Hause bleiben", sagte er und spielte damit darauf an, dass ich ohne den Ausweis in keinen Club kommen würde.

„Ehrlich gesagt stimmt das nicht ganz, weil ich übermorgen 18 werde", gab ich siegessicher von mir. Harry neben mir schaute mich überrascht an. „Und warum genau, hast du das noch nicht erwähnt?", fragte er nach und wirkte fast etwas sauer.

Nick lachte nun ebenfalls. „Ich wollte hier kein Beziehungsstreit anfangen", sagte er und hielt schützend seine Hände vor sich, woraufhin Harry sich bei ihm bedankte, dass er vorbei gekommen war, weil er sonst nicht von meinen Geburtstag erfahren hätte und als ich die beiden so miteinander beobachtete, wie sie sich unterhielten, breitete sich ein unglaublich Glücksgefühl in mir aus. Vielleicht würde am Ende doch noch alles gut werden und ich wieder mit meiner Familie zusammenfinden.

Lucky || Larry Stylinson Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt