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Gedankenverloren stochere ich in meinem Mittagessen herum.
Wie soll ich es eine Woche mit Jisung unter einem Dach überleben. Spätestens ab dem dritten Tag schlagen wir uns die Köpfe ein, das wette ich.
Ich hab echt keine Lust mehr Zeit als nötig mit Jisung zu verbringen.
Gefrustet atme ich aus, weshalb ich ungewollt die Aufmerksamkeit meiner Freunde bekomme.

„Das ist jetzt schon das fünfte mal heute das du so seufzt. Geht's dir auch wirklich gut?" besorgt liegt Chans Blick auf mir.
„Es geht mir gut. Ich hab nur keine Lust noch mehr Zeit mit dem Typen zu verbringen als nötig."
„Ach komm schon so schlimm kann es doch garnicht sein." mischt sich Changbin ein.
„Würdest du freiwillig Zeit mit jemandem verbringen wollen der dich behandelt als wärst du nur halb soviel wert wie er selbst. Der mit dir redet als wärst du nur der Dreck unter seinen Schuhen. Der sein Umfeld behandelt als wären sie nur irgendwelche Sklaven." rechtfertige ich mich. Niemand würde freiwillig mit so jemanden Zeit verbringen.
Chan sah so aus als wollte er etwas zu meiner Aussage erwidern, lies es jedoch bleiben.

„Du hast ja jetzt eine Woche Zeit um ihn besser kennen zu lernen." grinst Changbin mich an. Hat er mir eben nicht zugehört.
„Ich will ihn aber nicht kennenlernen!" gereizt haute ich auf den Tisch.
„Du wirst immer mehr wie dein Vater." nuschelt Hyunjin. Ich konnte jedoch jedes einzelne Wort verstehen.

Das ausgerechnet Hyunjin sowas sagt macht mich unheimlich wütend. Da ich Hyunjin nicht schlagen will muss leider das trinkpäckchen in meiner Hand dran glauben. Zum Glück war es bereits leer als ich es zerquetsche.
„Sag sowas nie wieder!" knurrte ich ihn an, stand kurz darauf auf und ging aus der Mensa.

Ich bin nicht wie mein Vater!
Ich werde auch nie wie mein Vater werden!
Ich habe mir geschworen nie wie mein Vater zu sein.
Mein Vater ist das was man einen typischen Arsch nennt.
Ich hasse ihn so sehr das ich ihn nicht mal als meinen Vater bezeichnen will.
Ich war nie gut genug für ihn.
Ich war ihm nie schlau genug.
Ich war ihm nie sportlich genug.
Ich war ihm nie perfekt genug.
Ich habe nie Lob von ihm bekommen. Immer nur wurde ich schlecht gemacht. Er hat immer nur schlecht von mir gesprochen. Er hat mich behandelt wie einen Hund den man nicht stubenrein bekommt.
Als ich einsah das ich nie so werde wie er es sich wünscht fing ich an so zu werden wie er mich immer sah.
Ich fing an den Sport zu machen den er immer verabscheute.
Ich fing an meine Noten in der Schule nicht mehr ernst zu nehmen.
Ich fing an mich so zu benehmen wie er es anderen immer erzählte.

Jedoch eins tat ich nie.
Ich habe es nie getan und ich werde es auch nie tun.
Und genau diese eine Sache ist die, welche mich von meinem Vater unterscheidet.
Denn ich werde niemals jemanden schlagen.

Ich habe große Angst davor jemanden zu schlagen. Ich weis nicht wieso aber ich bekomme Panik wenn ich sehe wie sich jemand prügelt.
Mein Vater hat mich als ich klein war ein paar mal geschlagen. Laut ihm war das eine "Erziehungsmaßnahme" und nicht einfach aus seiner Laune heraus.
Doch ich sehe das anders.
Er hat es getan weil er Spaß daran hatte mich zu erniedrigen. Und das hat sich bis heute nicht geändert. Ein Unterschied zu früher ist nur das er mich nicht mehr schlägt.

Mit einer echt miesen Stimmung stand ich nun also bei Jisung vor der Haustür. Ich habe meine Schulsachen dabei und eben Dinge die ich brauche wenn ich hier wohnen soll.
Heute öffnet mir Hyejin ausnahmsweise mal die Tür. Sie begrüßt mich mit einem Lächeln und lässt mich eintreten. Ich habe immer das Gefühl als wäre diese Frau die einzige die sich freut mich zu sehen.

„Du kannst dich ganz wie zuhause fühlen und dir nehmen was du willst. Ich habe hier einen Schlüssel für dich, natürlich nur für die Woche in der du hier wohnst. Solltest du Freunde einladen wollen hab ich natürlich kein Problem damit solange du keine Party schmeißt. Nur solltest du das vorher mit Jisung besprechen. Achte bitte darauf das Jisung seine Medikamente nimmt und das er etwas isst." Hyejin hält mir einen silbernen Schlüssel entgegen welchen ich annehme und an meinem eigenen Schlüsselbund befestige.
Außerdem drückt sie mir ein Stück Papier in die Hand mit einer Nummer darauf. Etwas verwirrt schaue ich auf das stück Papier in meinen Händen.

„Das ist meine Handynummer. Falls etwas sein sollte kannst du mich jederzeit anrufen. Ansonsten frag einfach unseren Gärtner oder Jisungs Lehrer." teilt sie mir mit. Nickend stecke ich das kleine Papier ein. Zur selben Zeit in welcher ich das Papier verstaue kommt auch Herr Han die Treppe herunter. Er hält in seiner rechten Hand einen Koffer.
Während er sein Gepäck nach draußen bringt begibt sich Hyejin zu Jisungs Zimmer und klopft einmal kurz.

„Jisung? Schatz dein Vater und ich fahren jetzt los. Minho ist hier und wird dir über die Woche Gesellschaft leisten also sei bitte nett zu ihm. Wir kommen am Freitag wieder zurück." redet sie gegen die Tür. Als keine Antwort von der anderen Seite kam versucht sie die Tür zu öffnen, doch sie war abgeschlossen. Stutzig beobachte ich das ganze.
Wieso sperrt Jisung seine Zimmertür ab?

„Bis dann, hab dich lieb." damit verabschiedet sie sich und dreht sich von der Tür weg. Wieder einmal war dieser Schmerz in ihrem Gesicht zu sehen.
Sie verabschiedet sich auch von mir und ging aus der Tür nach draußen zum Auto. Kurz nachdem sie eingestiegen war fuhren sie auch schon los.

Jetzt bin ich für eine Woche komplett alleine mit Jisung in diesem Haus. Na wenn das mal gut geht.












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His true nature//Minsung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt