16 - Die Probleme der Anderen

331 29 67
                                    

Vogelgezwitscher ertönte aus dem Lautsprecher von Lindas Handy. Blind tastete sie danach und drückte die Snooze Taste. Es war gerade mal 6:30 Uhr.

Neben ihr regte sich etwas und mit rauer Stimme nuschelte die dort liegende Person: „Das nächste Mal stellen wir aber die Internationale als Weckton ein." Linda drehte ihren Kopf und schaute hinüber zu Sahra, die mit offenen Haaren neben ihr auf dem Bauch lag. Sahra, die offiziell ihre Freundin war. Unfassbar.

„Nein, denn dann kriege ich schon in aller Herrgottsfrühe schlechte Laune", erwiderte Linda und strich Sahra die Haare aus dem Gesicht. „Wie hast du geschlafen?" Sahra grinste und schlang die Arme um Linda. „Gut, jetzt wo ich neben dir einschlafen kann."

Schon am Tag nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht hatte Sahra nach Düsseldorf fahren müssen. Der Wahlkreis wartete schon auf sie. Linda hätte verrückt werden können, da hatte sie Sahra endlich für sich gewonnen und dann musste sie sofort abfahren. Allerdings war die Linken Politikerin so frühzeitig wie möglich zurückgekehrt und hatte das Wochenende doch noch mit ihr verbringen können.

Grinsend gab Linda Sahra einen Kuss. „Müssen wir wirklich arbeiten gehen? Wollen wir nicht einfach liegen bleiben?", sagte Sahra und lächelte ebenfalls gegen Lindas Lippen.
„Vergiss es, du weißt doch wieviel am ersten Tag der Sitzungswoche immer ansteht."
Linda vergrubt ihr Gesicht an Sahras Hals und atmete den Geruch ihrer Haut ein. Ein schwerer Geruch. Holzig und würzig. Auch sie hätte nichts dagegen gehabt den Tag mit ihr im Bett zu verbringen.

Stöhnend kuschelte Sahra sich samt Linda in ihren Armen in die vielen hellblauen Kissen auf dem Bett. „Ich sehe schon, ein Morgenmensch bist du nicht gerade", stellte die Jüngere fest und streichelte mit einer Hand über Sahras Bauch. Ungläubig sah die Linke sie an. „Es ist noch nichtmal 7! Das ist nicht morgens, das ist mitten in der Nacht!"

Lachend streckte Linda sich nach oben und gab Sahra noch einen Kuss, dann stand sie auf. „Ich mach' schonmal Kaffee", kündigte sie an und verließ das Schlafzimmer. Wenig später folgte Sahra, die sich im vorbeigehen einen von Lindas alten Pullis angezogen hatte. Als sie in diesem Outfit die Küche betrat musste Linda einfach lächeln. Die verschlafene Sahra in ihren Klamotten war fast noch sexier als Sahra in ihren Kostümen - und die offenen Haare erst.

Linda reichte der Sahra eine Tasse Kaffee und wollte ihr gerade ein Kompliment machen, als das vibrieren ihres Handys sie ablenkte.

Katja: Also wie sieht es aus? Kommendes Wochenende? Wird eine Intime Runde. Nur ein paar Freunde und von den Kollegen Gyde, Christian, Nicole, Konstantin und MASZ. Außerdem kommen Baerbock, Roth, Bartsch und Bär.

„Baerbock, Bartsch, Bär und Roth?!", wiederholte Linda ungläubig. „Mhm?" Sahra sah sie fragend an. Mittlerweile saß sie ein Stück erhöht über Linda auf der Arbeitsplatte. Oh. Das hatte sie ganz vergessen. Beruhigend legte Linda eine Hand auf Sahras nackten Oberschenkel. Sie wollte nur nicht noch einen Streit riskieren. Nervös erzählte sie: „Ehm, Katja hat mich eingeladen. Zu ihrer Einweihungsfeier hier in Berlin."

Sahra starrte Linda verblüfft an. Kurz verfinsterte sich ihr Blick. „Deine Ex zieht wieder nach Berlin? Und sie lädt dich auf eine Party ein?" Linda spürte wie ihr Gesicht rot wurde. „Sie sagt ich kann noch jemanden mitbringen..." Sahra seufzte und strich einmal durch Lindas noch ungeordnetes Haar. „Du weißt genau, dass das ein bisschen schwierig wird, oder? Wie willst du das deinen Parteikollegen erklären?"

Unschlüssig sah Linda auf Katjas Nachricht. „Stört es dich, wenn ich hingehe?", fragte sie vorsichtig. Sahra lachte bitter und blickte einen Moment auf die Effekttapete an der Wand bevor sie antwortete. „Glaub mir: es gefällt mir ganz und gar nicht, aber ich werde dir sicher nicht vorschreiben, mit wem du befreundet sein darfst. Und Dietmar ist dabei, vielleicht spielt der ja Anstandsdame." Linda streichelte Sahras Wange mit dem Daumen. „Es ist mir schon irgendwie wichtig hinzugehen. Und hey, wenn Dietmar nicht Anstandsdame spielt, dann ganz sicher Gyde."

Irgendwo in BerlinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt