44 - Definitiv Vielleicht

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Eine Hitzewelle fuhr über Lindas Körper hinweg. Sie hielt die Augen fest geschlossen und lächelte, als sie eine Hand auf ihrem Bauch spürte. Eine zweite legte sich in ihren Nacken, zog sie näher zu sich, bis sie weiche Lippen auf ihren spürte. "Ich liebe dich, Schatz", flüsterte Katjas Stimme nahe an ihrem Ohr. Dann legte sich eine Hand von hinten auf Lindas Hüfte. Die Lippen, die soeben noch auf ihrem Mund lagen, rutschten hinab auf Lindas Kehle, doch gleichzeitig spürte sie sie in ihrem Nacken. "Wir lieben dich, Baby", hauchte nun Sahras Stimme.

Linda wollte die Augen öffnen - und konnte nicht. Sie wollte aufhören, wollte nicht, dass es sich gut anfühlte - und konnte nicht. Zwei Paar Hände strichen über ihre Haut, zwei Münden schienen sich um ihren zu streiten. Katja und Sahra. Jene Hand, die gerade noch auf ihrem Bauch gelegen hatte rutschte hinab zwischen ihre Schenkel. "Lass es geschehen, Linda", flüsterte Katjas Stimme. Ja, sie würde es geschehen lassen. Bumm. Linda runzelte die Stirn. Was war das? Bumm. "Du willst uns doch beide, oder?", sagte Sahra. "Jetzt kannst du uns haben." Bumm. Linda schreckte hoch.

Verwirrt strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihr war warm und ihr Puls raste. Sie saß zurückgelehnt in ihrem Schreibtischstuhl und war wohl über ihrer Arbeit eingenickt. Erst jetzt realisierte die Abgeordnete, dass es an der Tür geklopft hatte. "Ähh ja. Herein", sagte Linda und bemühte sich darum nicht so auszusehen, als ob sie gerade erst aufgewacht wäre. Das war einfacher gesagt als getan, wenn sie daran dachte, was sich gerade noch in ihrem Kopf abgespielt hatte.

Sahra betrat das Büro. "Hey Schatz, störe ich?", fragte sie und kam um den Schreibtisch herum, um Linda zu küssen. "Mhm... Nein, du störst nicht. Ich bin grade wohl ein bisschen eingenickt gewesen", antwortete Linda und zog Sahra auf ihren Schoß. "Ich sage dir die ganze Zeit, dass du zu viel arbeitest", gab diese tadelnd zurück.

Linda verdrehte die Augen. Das sagten ihr die Leute seit Jahren! Sogar während des Abiturs hatten ihre Eltern behauptet, dass sie es mit ihrem Ehrgeiz übertrieb. "Ich wollte jetzt gleich los. Kommst du heute Abend noch zu mir? Dann sorge ich schon dafür, dass du dich entspannst", fuhr Sahra fort, als Linda nichts weiter sagte.

Dem Blick ihrer Partnerin ausweichend schüttelte Linda den Kopf. "Ich kann nicht. Ich habe noch ein Meeting in Potsdam, zu dem ich unbedingt muss. Morgen Abend gehöre ich aber ganz dir, in Ordnung?" Gespielt theatralisch ließ Sahra ihre Stirn gegen Lindas Schulter fallen. "Habt ihr FDP-ler Angst vor Sonne oder warum könnt ihr eure Termine nicht tagsüber legen? Aber okay, ich wusste ja worauf ich mich einlasse. Was ist das überhaupt für ein Meeting?"

Linda zuckte mit den Schulter. "Ach, nur Parteigedöns. Ich treffe mich mit einer Kollegin." Sahra brummte nur vor sich hin und sah Linda dann ein wenig besorgt an. "Versprich mir nur, dass du zwischendrin nicht wieder vergisst was zu essen. Ich hab heute morgen schon beobachtet, dass du wieder nicht gefrühstückt hast und Kaffee ist keine Mahlzeit."

Diese Seite von sich zeigte Sahra im Alltag nur selten, aber Linda liebte es absolut, wenn sie sich so fürsorglich verhielt. Wieder einmal wurde ihr bewusst, wie wenig sie diese Frau verdient hatte. "Das halte ich für ein Gerücht. Mal ganz davon abgesehen wird Frühstück überbewertet." Sahra schüttelte grinsend den Kopf. "Naja, mein Lieblingssnack bist sowieso immer noch du." Nach einem weiteren Kuss erhob sie sich von Lindas Schoß und sah hinaus in die Dämmerung. "Ich hasse es, dass es wieder so früh dunkel wird", murmelte sie. "Und der Nieselregen trägt auch nicht grade zu meiner Stimmung bei."

Linda stellte sich neben sie und nickte. "Ich würde mich am liebsten auch einfach im Bett einrollen und dabei ist erst halb sechs." In den hell erleuchteten Fenstern mancher Kollegen konnten die beiden sehen, was die anderen Abgeordneten gerade trieben.

Ein Stockwerk unter ihnen hatte Clara Bünger das Gesicht in ihren Händen vergraben und schüttelte nur den Kopf. Entweder hatte sie gerade auf Beatrix von Storchs Twitterprofil geschaut oder sie war noch nicht über das Ende ihrer Affäre mit Katja hinweg. In den Reihen des Plenarsaals munkelte man zurzeit, dass Katja die Sache ein für alle mal beendet hatte.

Irgendwo in BerlinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt