21 - StaSi-Methoden

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Linda ging den Gang zu ihrem Büro entlang. Sie hatte das Gefühl, die Zeit würde viel zu schnell vergehen. Zwischen ihrer Arbeit als Abgeordnete, der Beziehung mit Sahra und den Verhandlungen mit den anderen Koalitionspartnern war ein weiterer Monat verstrichen.

In Berlin wurde es nun wärmer und sie sehnte sich danach in der parlamentarischen Sommerpause endlich ein paar ruhige Tage mit Sahra zu verbringen. Doch bis dahin hatte sie noch einige stressige Wochen vor sich. Linda kam gerade von einer weiteren langen Sitzung mit Konstantin, Gyde und Co. Es war schon spät und eigentlich wollte sie nur nach Hause zu Sahra, die vermutlich schon mit einem mehr oder weniger genießbaren Abendessen auf sie wartete.

Man musste der Linken zugute halten, dass sie sich zumindest bemühte was das Kochen anbelangte und sie über ihre Nudeln mit Pesto Phase hinweg war. Linda grinste, als sie an Sahras erste Versuche dachte etwas anspruchsvolleres als Spiegeleier zu braten.

Einige Meter vor ihrer Bürotür blieb Linda plötzlich stehen. Hinter ihr raschelte etwas. Sie drehte sich um, doch nichts und niemand war zu sehen. Es war schon seltsam. Seit einiger Zeit hatte sie, gerade wenn sie abends noch in den Gängen unterwegs war, das Gefühl beobachtet zu werden. Kopfschüttelnd wand sie sich wieder ihrer Tür zu und schloss diese auf.

Schnell schmiss sie alles, was sie noch mitnehmen wollte in ihre große pinke Handtasche, über die Gyde und Sahra sich immer gemeinsam lustig machten. Dann trat Linda zurück auf den Flur und schloss ihre Bürotür ab.

Im selben Moment klingelte ihr Smartphone. Sahras Anruferbild erschien auf dem Display. Es zeigte die Linke wie sie in einem weiten T-Shirt, offenen Haaren und einer kleinen Lesebrille auf der Nase auf ihrem Bett saß und ein Buch las. Linda hatte nicht anders gekonnt als diesen Anblick festzuhalten. Lächelnd nahm sie ab. „Hey du, na was ist los?", meldete Linda sich.

„Hey, ich wollte mal checken, ob du schon fertig bist", sagte Sahra und selbst durch das Telefon hörte Linda das Lächeln in ihrer Stimme. „Lief es gut?" Linda schlenderte langsam den Flur entlang und betrat das kleine, jetzt dunkle Foyer vor dem Fraktionssaal. „Ja lief alles super! Wobei wir neue Entgleisungen von Christian aus dem Weg schaffen mussten. Lieber Neuwahlen als neue Schulden? Hat der Tinte gesoffen, wie Marie-Agnes sagen würde? Er wäre sowas von weg vom Fenster, wenn es zu Neuwahlen käme", erzählte Linda und Sahra schnaubte. „Dann wäre der Weg zur Parteispitze wenigstens frei für dich."

Linda lachte kurz auf. „Das kriege ich auch hin ohne dass Lindner uns in die außerparlamentarische Opposition führt." Sahra stimmte in ihr Lachen mit ein. Linda fuhr fort: „Naja, mal abwarten. Habeck und Ricarda haben sich erstmal wieder beruhigt nach diesem Ausspruch. Ich denke Neuwahlen will niemand ernsthaft haben und die Verhandlungstruppe ist echt mit guten Leuten aufgestellt. Wir kriegen unsere Unstimmigkeiten schon wieder in den Griff. Ich bin einfach froh, dass der Tag jetzt vorbei ist und freue mich auf dich."

Sahra kicherte leise. "Ich warte im Bett auf dich." Auf Lindas Gesicht erschien ein breites Grinsen. "Fang ja nicht ohne mich an", raunte sie in den Hörer. "Das kann ich dir nicht versprechen, beeil dich lieber", antwortete Sahra neckisch und wieder begannen beide Frauen zu lachen.

Dann nahm Linda im Augenwinkel eine Bewegung wahr. Sie erstarrte.

„Linda? Alles klar?", fragte Sahra nach, als die Liberale nicht weitersprach. Neben der Fahrstuhltür bewegte sich eine schemenhafte Gestalt. Es sah aus, als ob sie einen Schritt nach hinten, in den Schutze einer großen Topfpflanze treten wollte, als Linda ihr näher kam. Doch offensichtlich war sie gegen den Knopf des Fahrstuhls gestoßen, denn plötzlich glitten dessen Türen auf und tauchte sowohl die Gestalt als auch Linda in grelles Licht.

„Scheisse", fluchte der Schatten. Linda blinzelte ein paar mal, um sich an die Helligkeit zu gewöhnen, dann sagte sie an Sahra gewandt: „Ich muss auflegen, Schatz. Im Fahrstuhl ist der Empfang gleich weg." Sahra seufzte. "Dann bis gleich, Liebling." Linda legte auf und trat auf die Person vor ihr zu.

Irgendwo in BerlinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt