Der Nieselregen, der Linda den ganzen Tag über begleitet hatte, fing jetzt am Abend an sich in einen Schauer zu verwandeln. Trotzdem stand sie unten auf der Straße und blickte zum erleuchteten Küchenfenster ihrer Wohnung hoch. Sahra war schon da. Verdammt.
Linda hatte am späten Vormittag Katjas Wohnung verlassen und sich eine frische Bluse aus dem Büro geholt. Danach war sie sofort zu einem Termin in ihrem Wahlkreis gefahren. Sie hatte ihre Schuldgefühle den Tag über recht gut betäuben können und irgendwie war sie auch noch beflügelt von der zurückliegenden Nacht, doch jetzt wo sie nur wenige Meter von Sahra trennten, brach das schlechte Gewissen über sie herein.
Linda wusste selbst nicht wie lange sie schon hier stand und nach oben blickte. Die Regentropfen fielen immer schneller und größer vom Himmel und so riss sie sich schließlich doch los, um endlich ihr Zuhause zu betreten.
Nie war ihr der Weg durch das Treppenhaus so lang vorgekommen, doch gleichzeitig hoffte Linda, das er nicht enden möge. Geradzu in Zeitlupe zog sie den Schlüssel aus der Tasche und steckte ihn ins Schloss. Noch einmal atmete sie tief durch, dann betrat sie ihre Wohnung.
Die Küchentür stand offen und in der quadratischen Öffnung konnte Linda Sahra sehen, die vor der silbrigen Tapete einsam mit einem Glas Rotwein saß. Leise ging sie zur Tür und lehnte sich in den Rahmen. Nach einer Ewigkeit flüsterte Linda: "Hey."
Sahra fuhr leicht zusammen und sah auf. Als sich ihre Blicke trafen setzte Lindas Herz für einen Schlag aus. Oh Herr, was hatte sie da getan? "Linda", flüsterte Sahra und lächelte leicht. Sie stand auf und schlang die Arme um ihre Freundin. Diese begann leicht zu zittern.
"Alles in Ordnung?", fragte Sahra und zog Linda mit sich zum Küchentisch. Der Streit, den sie beide vor Sahras Abreise gehabt hatten lag noch in der Luft. Langsam stieg Panik in ihr auf.
"Ja. Alles okay, es ist nur... Sahra wir müssen uns unterhalten", begann sie und setze sich Sahra gegenüber. "Ich weiß, Linda. Aber bitte sag nichts, ich weiß, dass ich einen Fehler gemacht habe." Irritiert sah Linda von der Tischplatte auf. Wovon sprach sie da?
"Ich habe wieder mal überreagiert. Ich meine, ich weiß doch, dass Katja und du euch sehr nahesteht. Eigentlich gibt es gar keinen Grund eifersüchtig zu sein, nur weil du sie gerne als Ko-Vorsitzende gehabt hättest. Ich hätte dir nicht unterstellen sollen, dass du noch Gefühle für sie hast, die über Freundschaft hinausgehen und... ich habe drüber nachgedacht. Du bist hier bei mir, nicht bei ihr. Ich habe keinen Grund mir Sorgen zu machen und sollte vielleicht anfangen dir diesbezüglich zu vertrauen. Bei Katja sehe ich nur einfach rot und ich glaube manchmal kann ich nicht ganz fassen, dass du dich für mich entschieden hast."
Linda sah Sahra mit großen Augen an. Jetzt entschuldigte sie sich auch noch für ihren Streit. Wieder einmal fragte Linda sich, ob sie nicht doch der schlechteste Mensch auf Erden war. "Hey, nicht weinen. Ist doch alles gut!", sagte Sahra liebevoll und beugte sich zu Linda hinüber, um eine Träne von ihrem Gesicht zu wischen. Linda hatte gar nicht bemerkt, dass sie angefangen hatte zu weinen.
"Mir tut es leid, Sahra. Du hast definitiv etwas besseres als mich verdient", krächzte sie und vergrub das Gesicht in den Händen. Wieso heulte sie jetzt eigentlich? Sahra hätte allen Grund dazu seit sie in ihr Leben getreten war und wenn man ehrlich war, dann auch Katja.
Sahra seufzte und kam um den Tisch herum. Stumm legte sie von hinten die Arme über Lindas Schultern. "Zum Glück entscheide ich, wer mich verdient hat und nicht du. Und jetzt will ich nichts mehr hören okay? Ich muss dir noch etwas anderes erzählen." Linda drehte sich halb herum und war ein wenig erschrocken darüber, dass Sahras Gesicht so nah an ihrem war. "Ja Sahra, aber ich muss-" Weiter kam sie nicht, denn Sahra küsste sie.
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Irgendwo in Berlin
FanfictionLindas Karriere scheint am Ende zu sein. Von Christian in die zweite Reihe der FDP gedrängt, sieht sie sich jetzt auch noch mit dem Ende ihrer Ehe konfrontiert. Neben politischen Intrigen, ihrer neuen Freundschaft zu einer linken Politikerin und ve...